Eigentlich wollte die AfD am Mittwoch, den 10. Juni, ein Bekenntnis des Stadtrats gegen „Linksextremismus“. Dann kam ein Änderungsantrag der CDU, den die Grünen für einen eigenen Antrag übernahmen. Nach einer weiteren Intervention – diesmal aus der Linksfraktion – tauchte am Ende weder das Wort „links“ noch „Extremismus“ auf. Stattdessen möchte die Stadt nun „politisch und religiös motivierter Intoleranz und Menschenfeindlichkeit“ den Kampf ansagen.
Während die Verbreitung des Coronavirus für die AfD offenbar keine drängende Gefahr darstellt, möchte sie „die weitere Ausbreitung des gewaltbereiten Linksextremismus“ in Leipzig verhindern. Ein entsprechender Antrag stand in der Ratsversammlung am Mittwoch, den 10. Juni, zur Abstimmung – nachdem er in den vergangenen Wochen mehrmals vertagt worden war.
Antidemokratische Einstellungen, Anarchismus und Linksterrorismus würden sich immer weiter ausbreiten, so die AfD. Der Stadtrat sollte sich nach ihrem Willen zum Kampf dagegen bekennen und die Verwaltung sollte ein Konzept zur Prävention erarbeiten. Die mündliche Begründung lieferte AfD-Stadtrat Christian Kriegel, der Beispiele linker und rechter Gewalt aus den vergangenen Jahren aufzählte.
„Keine Stadt, die in sich gespalten ist, wird Bestand haben“, sagte anschließend Michael Weickert (CDU) unter Berufung auf das Matthäus-Evangelium. Seine Fraktion hatte einen Änderungsantrag vorgelegt, aus dem das Wort „Linksextremismus“ komplett verschwunden war, wie Kriegel später kritisch anmerkte.
Stattdessen sollte es nun um ein „friedliches gesellschaftliches Miteinander aller Bevölkerungsgruppen, aller Religionen und aller politischen Einstellungen, die fest auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung stehen“, gehen. Jede Form von Hass, Gewalt und Hetze solle verurteilt werden. Weickert verwies auf Antipluralismus und „Volksverräter“-Vokabular in der AfD, der ihren eigenen Antrag unglaubwürdig mache.
Oliver Gebhardt aus der Linksfraktion wurde anschließend noch etwas konkreter. Er nahm sich AfD-Stadträte wie Siegbert Droese und Roland Ulbrich vor und ging auf deren Verhalten und Äußerungen in der Vergangenheit ein. Droese beispielsweise hatte vor Jahren vor der „Wolfsschanze“ für ein Foto posiert.
AfD-Stadtrat Kriegel, dessen einst begeisterter Applaus für eine Hetzrede von André Poggenburg ebenfalls thematisiert wurde, betonte anschließend, dass 95 Prozent der Gewalttaten in Leipzig in den vergangenen Jahren von links kämen. Von der CDU sei er enttäuscht. Sie verabschiede sich aus dem bürgerlichen Lager in Richtung des links-grünen.
Da es sowohl für den Änderungsantrag der CDU als auch den eigentlichen Antrag der AfD jeweils keine Zustimmung aus den anderen Fraktionen gab, scheiterten beide deutlich.
Der Antrag der CDU fand allerdings im folgenden Tagesordnungspunkt noch einmal Verwendung. Dort hatten die Grünen ein „gemeinsames Handeln gegen Menschenfeindlichkeit und Demokratiefeinde“ beantragt. Die nun abgestimmte Neufassung war eine Mischung aus Verwaltungsstandpunkt und CDU-Antrag.
Konkret wurde nun beschlossen:
1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, jährlich ein Lagebild zu Einstellungsmustern der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit und entsprechenden Vorfällen auf Basis der Ergebnisse der Bürgerumfrage zu erstellen und dieses im Begleitausschuss der Partnerschaft für Demokratie „Leipzig. Ort der Vielfalt“ und zu einer aktuellen Stunde im Stadtrat vorzustellen.
2. Die Erkenntnisse aus dem Lagebild werden bei der Ausschreibung der Partnerschaft für Demokratie „Leipzig. Ort der Vielfalt“ berücksichtigt.
3. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis zum III. Quartal 2020 dem Stadtrat konkrete Handlungsmaßnahmen gegen politisch- und religiös-motivierte Intoleranz und Menschenfeindlichkeit und gegen Intoleranz gegenüber Religionsgemeinschaften vorzulegen.
4. Die Fachstelle Extremismusprävention soll zu diesem Zweck zu einem Referat aufgewertet werden und verstärkt mit den Umlandgemeinden zusammenarbeiten.
Im dritten Punkt war zunächst von „Extremismus“ die Rede. Ein von Linken, Grünen und SPD beschlossener Änderungsantrag von Gebhardt (Linke) kippte diese Formulierung jedoch. Bei den ersten beiden Punkten gab es keine Gegenstimmen – die AfD enthielt sich. Beim vierten Punkt gab es einige Gegenstimmen aus mehreren Fraktionen.
Das Audio der Debatte vom 10. Juni 2020 zum Nachhören
Quelle: Audioton aus dem Livestream der Stadt Leipzig
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