Es hat rund zehn Jahre gedauert, bis Leipzig sich finanziell wieder so freischwimmen konnte, dass es wieder genug Spielraum für all die dringenden Investitionen hatte – von 2006 bis 2016. Der OBM trat freudestrahlend vor die Presse und verkündete riesige Investitionspakete. Doch dann blieb die Stadt auf vielen dieser Investitionen sitzen, weil mal die Fördergelder, mal die Baufirmen fehlten. Was auch 2019 wieder mit dazu führte, dass die Stadt einen Millionenüberschuss ausweisen konnte.
Ein Überschuss, der eigentlich kein Überschuss war, sondern der simplen Tatsache geschuldet war, dass reihenweise Bauprojekte nicht umgesetzt werden konnten und gleichzeitig dutzende, dringend benötigte Stellen in der Verwaltung nicht besetzt werden konnten.
In dieser Woche legte Finanzbürgermeister Torsten Bonew die vorläufige Bilanz für 2019 vor. Das knappe Fazit: „Mit dem ,Vorläufigen Jahresabschluss 2019‘ informiert das Dezernat Finanzen über die Haushaltssituation der Stadt Leipzig zum Stichtag 31.12.2019. Nach aktueller Hochrechnung wird eingeschätzt, dass für 2019 im Ergebnishaushalt ein Überschuss in Höhe von 93,3 Mio. EUR und im Finanzhaushalt ein Defizit in Höhe von 54,0 Mio. EUR zu verzeichnen sein wird. Der im Finanzhaushalt ausgewiesene Zahlungsmittelüberschuss aus laufender Verwaltungstätigkeit steht nicht zur freien Verfügung, da hieraus u. a. im Folgejahr Inanspruchnahmen zahlreicher Rückstellungen und die Reste aus Vorjahren finanziert werden müssen.“
Im Januar hatte der Finanzbürgermeister noch gehofft, dass doch noch deutlich mehr Mittel vor allem in begonnene Investitionsprojekte abgeflossen seien. Da rechnete er nur mit einem Jahresüberschuss von 11 Millionen Euro. Aber die Ämter hatten ihm eindeutig zu optimistische Zahlen geliefert. Im vierten Quartal wurden wohl nicht die erwarteten 111 Millionen Euro abgerechnet, sondern wohl eher nur die Hälfte.
Was dann auch die geplante Schuldenaufnahme von 160 Millionen Euro überflüssig machte.
Und es sind nicht nur Investitionen, die reihenweise ausfielen. Ein ebenso brennendes Problem ist die zunehmend schwieriger gewordene Suche nach Fachkräften. Rund 100 Stellen, die eigentlich 2019 besetzt werden sollten, konnten nicht mit Fachpersonal besetzt werden. Selbst bei Langzeitkranken und Elternzeit konnten viele Stellen nicht nachbesetzt werden. Und Auswirkungen hatte auch das fehlende Personal für Kindertagesstätten. Allein 26,9 Millionen Euro blieben so in der Kasse, für die man einfach nicht zeitnah das nötige Personal finden konnte.
Dafür waren die Leipziger fleißig und haben mehr Steuern gezahlt, als der Finanzbürgermeister ursprünglich für das Jahr 2019 geplant hatte: „Vor allem ist weiterhin eine positive Entwicklung der Gewerbesteuer zu verzeichnen; es ergeben sich Mehrerträge in Höhe von 25,1 Mio. EUR. Auch bei den Zuweisungen, Zuwendungen und Umlagen ergeben sich Mehrerträge in Höhe von ca. 16,1 Mio. EUR. Allerdings sind im Finanzhaushalt lediglich 3,1 Mio. EUR Mehreinzahlungen zu verzeichnen.
Die Abweichung zwischen Ergebnis- und Finanzhaushalt liegt vor allem an bereits angeordneten, aber noch nicht eingegangenen bzw. noch nicht verbrauchten Fördermitteln. Im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten werden in diesen Fällen sonstige Verbindlichkeiten zur periodengerechten Abgrenzung der Erträge gebucht.“
In der Summe bedeutet das: „Unter Berücksichtigung der prognostizierten noch offenen Jahresabschlussbuchungen wird aktuell eingeschätzt, dass sich der geplante Überschuss von 6,5 Mio. EUR um 86,8 Mio. EUR auf ein voraussichtliches Gesamtergebnis von 93,3 Mio. EUR (Überschuss) verbessern wird. Die genannte Verbesserung (ordentliches sowie außerordentliches Ergebnis) ergibt sich sowohl aus Mehrerträgen in Höhe von insgesamt 73,7 Mio. EUR als auch aus Minderaufwendungen in Höhe von in Summe -13,1 Mio. EUR.“
Aber es ist nur ein Blitzlicht, denn die Kosten der Corona-Einschränkungen in diesem Jahr werden die Planungen für das Haushaltsjahr 2020 so ziemlich auf den Kopf stellen. Da ist eher die Frage, ob das Minus am Jahresende so beherrschbar ist, dass Leipzig in den nächsten Jahren noch Luft zum Atmen hat und wichtige Programme (Schulbau, Mobilität, Klimaanpassung) nicht auf der Strecke bleiben.
Leipzig legt für 2017 einen Jahresabschluss mit einem Plus von fast 149 Millionen Euro vor
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