Am zweiten Tag des neuen Jahres drehte sich vieles immer noch um die Gewalt am Connewitzer Kreuz in der Silvesternacht. Kritik gibt es nicht nur wegen der Angriffe auf Beamte, sondern auch wegen Veröffentlichungen der Polizei und eines Boulevardmediums. Zudem muss sich Sachsens Justizministerin Katja Meier für Songs aus ihrer Jugendzeit rechtfertigen. Die L-IZ fasst zusammen, was am Donnerstag, den 2. Januar 2020, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Das neue Jahr war erst 15 Minuten alt, als in Leipzig der Wahlkampf für die kommende Oberbürgermeisterwahl begonnen hat. Nach Darstellung der Polizei war es ungefähr 0:15 Uhr, als am Connewitzer Kreuz die ersten Gegenstände auf die eingesetzten Beamten flogen. Wenige Minuten später lag ein Polizist bewusstlos am Boden. Das Geschehen fand bundesweite Beachtung und dürfte im OBM-Wahlkampf eine bedeutende Rolle spielen.

Schon am Neujahrstag meldeten sich zahlreiche OBM-Bewerber/-innen zu Wort. Sie verurteilten vor allem den Angriff auf die Polizist/-innen. Katharina Krefft, die Kandidatin der Grünen, äußerte Vorschläge, die abseits der üblichen Law-and-Order-Rhetorik lagen: zu böllerfreien Zonen, besserem Quartiersmanagement und einem „Bürgerfest am Kreuz“.

Interview mit OBM Jung

Die meiste Aufmerksamkeit erhielt kurz nach dem Jahreswechsel dennoch der amtierende Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD). In einem kurzen dpa-Interview äußerte sich der 61-Jährige unter anderem zu linksradikalen Gewalttaten vor Silvester und dem öffentlichen Nahverkehr: „Es geht darum, Projekte wie einen zweiten City-Tunnel und die Ausweitung des S-Bahn-Netzes anzustoßen – auch wenn sie erst in 15 oder 20 Jahren zu Änderungen führen.“

Doch vorher widmen wir uns noch einmal dem Geschehen am Connewitzer Kreuz.

Was genau in der Silvesternacht dort passiert ist, erfahren Sie hier in einem ausführlichen Text von Michael Freitag. Doch nicht nur das Geschehen selbst sorgte für Diskussionen, sondern auch die Reaktionen seitens Polizei und Politiker/-innen.

Polizei nennt und löscht Namen

So geriet die Leipziger Polizei in die Kritik, weil Präsident Torsten Schultze noch in der Silvesternacht einen Twitter-User namentlich in einer Pressemitteilung nannte. Dieser hatte in dem sozialen Medium kritisiert, dass Schultze „seine Leute verheizt“. Das antifaschistische Aktionsnetzwerk „Leipzig nimmt Platz“ wertete die Namensnennung als rechtswidrig. Heute entfernte die Polizei den Namen aus der Online-Version der Pressemitteilung – ohne Begründung.

Auch das Online-Boulevardmedium „Tag24“ änderte heute einen Artikel. Zunächst hieß es, dass die Linke-Stadträtin Juliane Nagel in Kenntnis „des versuchten Mordes an einem Familienvater in Uniform“ einen Polizei-kritischen Tweet verfasst hätte. Darin ist unter anderem von „Cops raus aus Connewitz“ und „ekelhafter Polizeigewalt“ die Rede.

Laut aktueller Version des Artikels hat Nagel ihren Tweet nur noch „angesichts der ausufernden Gewalt“ verfasst. Die Linke-Stadträtin selbst erklärte in einer Stellungnahme, dass zum Zeitpunkt des Tweets noch nicht bekannt gewesen sei, dass ein Beamter schwer verletzt wurde beziehungsweise wegen versuchten Mordes ermittelt werde. Sie wünsche ihm und allen anderen Verletzten „aufrichtig gute Besserung“.

Justizministerin mit Punkband-Vergangenheit

Unter Rechtfertigungsdruck ist an diesem Tag unerwartet auch die sächsische Justizministerin Katja Meier (Grüne) geraten. Sie war vor mehr als 20 Jahren als Jugendliche in einer Punkband aktiv, deren Songs unter anderem von brennenden Polizist/-innen handelten. Auf Twitter schrieb Meier, dass sie heute nicht mehr alle Texte inhaltlich teile und „jegliche Form von Gewalt“ verurteile – auch jene in der Silvesternacht in Connewitz.

Bei rechtsradikalen Medien und Aktivist/-innen war nun schnell die Rede davon, dass die sächsische Justizministerin über Angriffe auf Beamte jubeln würde – so als wäre die Mitgliedschaft in der Punkband nur wenige Tage her und ginge es um die aktuellen Ereignisse in Connewitz. Der AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel forderte gar den Rücktritt und behauptete, dass Meier als „geistige Brandstifterin“ die aktuellen Ermittlungen „gefährde“.

Am 2. Februar steigt die erste Runde zur Leipziger Oberbürgermeisterwahl

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