Recht seltsam fand die Grünen-Fraktion im Leipziger Stadtrat die Meldung, dass der nun zwischen Bund und Kohleländern vereinbarte Ausstiegspfad einen Betrieb des Kohlekraftwerks Lippendorf im Leipziger Südraum bis 2035 vorsieht. „Die Ankündigung, das Braunkohlekraftwerk am Rande Leipzigs bis 2035 am Netz zu lassen, vermittelt den Eindruck, als würden die Lippendorfer Schlote manchem die Sinne vernebeln“, erklärt die Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Katharina Krefft.
Denn welche wirtschaftliche Basis hat das Kraftwerk noch, wenn Leipzig – wie beschlossen – 2023 aus der Fernwärmeversorgung aussteigt und auch der Leipziger Strommix immer grüner werden soll?
„Immerhin hat der Stadtrat entschieden, bis 2022 die Fernwärmeversorgung der Stadt Leipzig über unsere Stadtwerke selbst abzusichern, den laufenden Fernwärmevertrag bereits 2023 zu kündigen und sich so komplett unabhängig von dieser CO2- und Quecksilberschleuder zu machen“, sagt Katharina Krefft.
„So soll ein eigenes Gaskraftwerk errichtet werden, was später auch auf Wasserstofftechnologie umrüstbar sein wird. Damit wird rechtzeitig vor der Heizperiode 2022/23 aus eigener Erzeugungskraft für Wärme in der Stadt Leipzig gesorgt sein. Leipzig wird unbeeindruckt dieser vermeintlichen Ausstiegsverzögerungen an der Wärme- und Energiewende festhalten und mit aller Kraft am Unabhängigkeitsziel 2023 festhalten!“
2018 hatte der Leipziger Stadtrat den Oberbürgermeister beauftragt zu prüfen, wann Leipzig aus dem Fernwärmeliefervertrag aus dem Kraftwerk Lippendorf aussteigen könnte. Im Juli 2019 stellte OBM Burkhard Jung zusammen mit den Stadtwerke-Geschäftsführern die Pläne vor, wie Leipzig diesen Ausstieg bis 2023 bewerkstelligen könnte. Damit hat Leipzig tatsächlich ein Szenario, um künftig auf die Fernwärme aus dem Kraftwerksblock der LEAG verzichten zu können. Und das hat unter Garantie Folgen für die Wirtschaftlichkeit des Kraftwerks Lippendorf und des angehängten Kohletagebaus.
„Die Kündigung des Liefervertrages hat die Tür für einen schnellen Kohleausstieg geöffnet und für die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Rettung von Pödelwitz und für eine klimabewusste Wärmeversorgung der Stadt gesorgt“, kommentiert das Sophia Kraft, Stadträtin und energiepolitische Sprecherin der Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
„Je schneller Leipzig von Fernwärme aus Lippendorf abkoppelt, desto schneller wird der Kohleabbau im Südraum gestoppt. Leipzig kann die erste Großstadt in einem Braunkohlerevier sein, die den Umstieg schafft. Es wäre energie- und klimapolitischer Irrsinn, wenn wir jetzt lebenserhaltende Maßnahmen für die sterbende Braunkohle zulassen. Die Kohle bietet keine Sicherheit mehr. Ein Lippendorfer Block ist bereits aus wirtschaftlichen Gründen seit Monaten oft abgeschaltet. Der konsequente Umstieg der Wärmeversorgung Leipzigs und der parallele Ausbau der Erneuerbaren Energien durch die Stadtwerke Leipzig wird die Systemrelevanz des Braunkohlekraftwerkes schon in wenigen Jahren ersetzen. Den Rest regelt der Markt…“
Aber genau diese „lebenserhaltenden Maßnahmen“ sind Teil des Ausstiegsfahrplans: Die Bundesregierung will 4 Milliarden Euro bereitstellen, um den Kraftwerksbetreibern die Aufgabe der Meiler zu versüßen.
Aktuell werden bereits neue Blockheizkraftwerke mit 26 MW dezentral im Leipziger Stadtgebiet errichtet, kurzfristig können mit dem Zubau von 150 MW gasbasierter KWK-Erzeugung, 100 MW Wärmespeicherung und 25 MW Biomasse ausreichende Kapazitäten zu den bestehenden 520 MW aufgebaut werden.
„Mit einem neuen Gaskraftwerk im Süden der Stadt wird der Puffer für die Versorgungssicherheit geschaffen, es wird darüber hinaus im Black-Out-Fall energetische Reserven bieten, um Leipzig wieder ,hochzufahren‘, sprich die Versorgungssicherheit auch bei der Stromversorgung sichern“, betont Sophia Kraft.
Die LEAG, der der Meiler gehört, aus dem Leipzig derzeit noch mit Fernwärme versorgt wird, äußerte sich am Donnerstag noch sehr zurückhaltend: „Die heute durch die Bundesregierung vorgestellten Ergebnisse zum Kohleausstieg hat die LEAG zur Kenntnis genommen. Das Energieunternehmen befindet sich weiterhin in konstruktiven Gesprächen zur Ausgestaltung des Kohleausstiegs mit der Bundesregierung, nach deren Abschluss der LEAG-Vorstand mit den Aufsichtsräten die Verhandlungsergebnisse zeitnah besprechen und bewerten wird.“
Das klingt nicht unbedingt nach einer Akzeptanz der Ergebnisse.
Und schon gar nicht nach einer Zustimmung für einen schnellen Ausstieg aus der Kohle.
Aber der muss dann eben von den Kommunen kommen, betont Katharina Krefft: „Die Braunkohle zerstört Heimat im Südraum und nimmt uns in der Stadt die Luft zum Atmen. Sie abzubauen und zu verbrennen ist ein klimapolitischer Irrweg. Die lokale Klimawirkung würde ein Drittel weniger Stickoxide, 80 % weniger Schwefeloxide, 100 % weniger Quecksilber und die Hälfte weniger CO2 ausmachen, wenn wir es schaffen 2023 auszusteigen!“
Auch das Kraftwerk Lippendorf soll nach den Vorstellungen der Bundesregierung bis zum 31. Dezember 2035 weiterlaufen
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