Die Verkehrswende in Leipzig wird kommen, egal, wie die OBM-Wahl 2020 ausgeht. Denn selbst wenn die Leipziger so unvernünftig wären, einen autoverliebten konservativen Oberbürgermeister zu wählen, wird der nicht gegen eine Stadtratsmehrheit regieren können, die qua Partei- und Wahlprogrammen die Verkehrswende in Leipzig will. Und dazu gehört nun einmal auch eine echte Radverkehrspolitik. Der ADFC war jetzt ganz konsequent: Er hat zur Diskussion dazu einfach mal nur alle OBM-Kandidatinnen eingeladen.
„Bleibt Burkhard Jung Oberbürgermeister – oder ist es Zeit für eine Oberbürgermeisterin?“, dieser Frage stellten sich die diesjährigen Leipziger OBM-Kandidatinnen am Dienstag, 21. Januar, zur Gesprächsrunde mit offenem Diskurs im Frauenkultur e. V., initiiert vom ADFC Leipzig. Es diskutierten Franziska Riekewald (OB-Kandidatin der Linke), Katharina Krefft (OB-Kandidatin Bündnis 90/Die Grünen), Ute Elisabeth Gabelmann (OB-Kandidatin der Piratenpartei/Humanisten/ÖDP) und Katharina Subat (Die PARTEI).
Bei dieser Diskussion ging es unter anderem darum, was die Kandidatinnen für die Radfahrenden in der Stadt erreichen wollen und warum es wichtig ist, mehr Frauen in Führungspositionen zu sehen. Diesen Fragen stellten sich die vier Kandidatinnen, moderiert von Avery Heinemann (Bundesfreiwilligendienstleistende) und Rosalie Kreuijer (stellvertretende Vorsitzende ADFC Leipzig).
Schon zu Beginn wurde ersichtlich, dass sich alle Kandidatinnen mit ihrer parteilichen Ausrichtung für eine Verkehrswende und eine aktive, radaffine Verkehrspolitik aussprechen.
„Wir müssen tatsächlich dafür sorgen, dass die Verkehrswende nicht als Selbstzweck gesehen wird, sondern, dass wir als Leipzig unseren Anteil daran tragen. Das heißt konkret, dass wir vom Auto weg aufs Rad umsteigen müssen“, so Franziska Riekewald.
Die Sitznachbarin Katharina Krefft stimmte in diesen Tenor mit ein: „Wenn wir eine gute Mobilitätswende in unserem Leipzig haben wollen, dann benötigen wir eine Fahrrad- und Umwelt fokussierte Politik. Das heißt, für den Sprung zu einer grünen Mobilitätswende brauchen wir den Schwung in der gesamten Verwaltung. Mehr Personal. Mehr Geld und vor allem Wille.“
Ute Elisabeth Gabelmann hingegen sprach sich für Diagonalqueren, sprich „Alle-gehen“-Kreuzungen aus, eine besondere Form der Alles-Rot-Schaltung, bei der es Fußgehenden und Radfahrenden ermöglicht wird, konfliktfrei zu passieren. Für eine flächendeckende Verkehrsberuhigung mit Tempo 30 setzt sich Katharina Subat ein. „Es muss gezeigt werden, dass die Fahrradfahrenden wichtig sind“, so Subat.
Konkreter wird es mit den Fragen nach den ersten Maßnahmen, die getroffen werden sollten. So spricht sich Franziska Riekewald für das 365-Euro-Ticket und einen kostenlosen ÖPNV für alle unter 18-Jährigen aus, um allen Leipzigern und Leipzigerinnen gerecht zu werden und auch die Stadtränder anzubinden.
Auf einen Wohlfühlfaktor im Straßenverkehr setzt auch Katharina Krefft und will in Zukunft alle Altersklassen vom Fahrrad überzeugen. Eine weitere Maßnahme wäre zudem die Umsetzung von fahrraddominierten Quartieren, um Konflikte zu vermeiden. Ute Elisabeth Gabelmann hingegen setzt auf Begegnungen und ein „Shared-Space“-Modell, bei dem sich alle Teilnehmenden bewusst begegnen.
Die fehlenden und plötzlich endenden Radwege im Bereich des innerstädtischen Rings stoßen Katharina Subat negativ auf. Den Ausbau einer zusätzlichen Radspur würde Subat über eine flächendeckende Parkraumbewirtschaftung finanzieren.
Und wie ist das mit den Frauen in der Politik? Wird Politik weiblicher, wenn Frauen Oberbürgermeisterin werden?
Bevor Franziska Riekewald und Katharina Krefft die Diskussionsrunde wahlkampfbedingt früher verließen, widmete Rosalie Kreuijer den verbleibenden Minuten das Thema „Frauen in der Politik“ und mehr Sichtbarkeit in Führungspositionen. Und siehe da: Es gibt ein paar Eigenschaften, die die Kandidatinnen tatsächlich als vor allem weiblich definierten. Gegenseitige Unterstützung, Mut, Wertschätzung und Empowerment dürfen keine Fremdworte sein, appellieren die Kandidatinnen. Empowerment definiert Wikipedia als das Übertragen von Aufgaben, also die Fähigkeit, auch anderen etwas zuzutrauen. Derzeit ja gerade ein heiß diskutiertes Thema im Leipziger Stadtrat.
Für eine Verkehrswende steht neben den vom ADFC eingeladenen Frauen freilich inzwischen auch SPD-Kandidat Burkhard Jung, während die Kandidaten von CDU und AFD eher für eine konservative Verkehrspolitik stehen.
Wie schnell die Verkehrswende kommt, entscheiden die Leipzigerinnen und Leipziger am 2. Februar oder beim wahrscheinlichen 2. Wahlgang am 1. März.
Umweltschutz ist nicht mit allen Leipziger OBM-Kandidat/-innen zu haben + Video
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