LEIPZIGER ZEITUNG/Auszug Ausgabe 73, seit 29. November im HandelAls am 9. Oktober ein Rechtsterrorist in Halle zwei Menschen tötete, löste das bei vielen Menschen spontan den Wunsch aus, eine passende Antwort zu finden. In Connewitz versammelten sich am späten Abend etwa 80 Personen zu einer spontanen Gedenkdemonstration, die bereits nach wenigen Minuten von der Polizei beendet wurde. Über den Charakter der Demonstration und die Umstände ihrer Auflösung gab es anschließend widersprüchliche Angaben.

Während mehrere Teilnehmer/-innen der LEIPZIGER ZEITUNG berichteten, dass es eine friedliche Demonstration gewesen sei und von Beginn an den Konsens gegeben habe, keine Konfrontation mit der Polizei zu suchen, behauptete diese wiederum, von Teilnehmenden angegriffen worden zu sein. Fakt ist, dass sich die Beamten nach etwa 15 Minuten mit mehreren Einsatzwagen in den Weg stellten und es zumindest zu einer Rangelei kam.

Zudem wurde am Connewitzer Kreuz lautlose Pyrotechnik gezündet. Lokale Medien übernahmen die Polizeidarstellung als Tatsache und behaupteten zudem, dass Böller – unter anderem auf die Polizei – geworfen wurden und es zu „Randale“ gekommen sei.

Das Titelblatt der LZ 73, Ausgabe November 2019. Foto: Screen LZ
Das Titelblatt der LZ 73, Ausgabe November 2019. Foto: Screen LZ

Die Landtagsabgeordnete Juliane Nagel (Linke) reichte kurz darauf zwei Kleine Anfragen in den Landtag ein. Die Antworten darauf liegen nun vor. „Bereits bei der Kontaktaufnahme wurden die Einsatzkräfte unmittelbar angegriffen“, heißt es seitens des Innenministeriums. Teilnehmer/-innen hatten diese Darstellung gegenüber der LEIPZIGER ZEITUNG bestritten. Es habe keine solche Kontaktaufnahme gegeben. Im Gegenteil: Die Polizist/-innen hätten die Demonstration einfach aufgelöst, obwohl Bereitschaft zum Dialog bestanden hätte.

Das Innenministerium erhebt in der Antwort auf die Anfrage zudem den Vorwurf, dass in zwei Fällen versucht worden sei, „Einsatzfahrzeuge mit brennender Pyrotechnik zu entzünden“. In der Pressemitteilung der Polizei am Tag nach der Demonstration war davon keine Rede. Zudem sei es fast anderthalb Stunden lang nicht möglich gewesen, dem Wunsch einer Person, eine Spontanversammlung anzuzeigen, nachzukommen, unter anderem weil der „Charakter einer friedlichen Versammlung“ zunächst nicht erkennbar gewesen sei.

Aus der Antwort auf die zweite Anfrage geht hervor, dass aktuell ein Ermittlungsverfahren gegen acht Beschuldigte wegen des Verdachts des Landfriedensbruchs läuft. Die Polizei hatte unmittelbar nach der Demonstration die Identitäten dieser Personen festgestellt. Anders als in einem Medienbericht dargestellt, handelte es sich dabei nicht um Jugendliche, sondern um erwachsene Personen.

Linkspolitikerin Nagel kritisiert, dass die Staatsregierung die „falsche Darstellung der Polizei“ fortschreibe. „Entgegen den Darstellungen der Polizei sprechen Augenzeug/-innen von einer friedlichen Demonstration, die von der Polizei abrupt und ohne Ansprache der Demonstrierenden gestoppt wurde“, so Nagel.

Juliane Nagel (MdL, Linke) Foto: L-IZ.de
Juliane Nagel (MdL, Linke) Foto: L-IZ.de

„Statt nach einer Kontaktperson für die Demo zu fragen, riss die Polizei demnach brutal Menschen zu Boden und trieb die Spontanversammlung auseinander.“

Die versuchte Brandstiftung sei „erfunden“, behauptet Nagel weiter. Das Fazit der Abgeordneten lautet: „Der 9. Oktober war ein krasser Tag, vor allem auch für die Polizei. Gerade darum hätte ich mir eine sensiblere Reaktion auf die Spontandemonstration gewünscht.“

Mittlerweile hat Nagel eine Nachfrage eingereicht. Darin fordert sie unter anderem Details zum angeblichen Angriff auf Einsatzfahrzeuge. Aus der ersten Antwort auf ihre vorherigen Anfragen geht auch hervor, dass ein Polizeifahrzeug während des Einsatzes einen geparkten Pkw beschädigte.

Connewitz: Randale statt Gedenken?

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Rodig reflektiert: Das Grauen „Geh rein und töte alles” + Video

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