Der Leipziger Stadtrat hat am Mittwoch, den 11. Dezember, mit 18 Enthaltungen und ohne Gegenstimmen den Forstwirtschaftsplan 2019 beschlossen. Zuvor hatte es wochenlang emotionale Diskussionen über geplante Baumfällungen und Naturschutz gegeben. Einigkeit bestand am Ende unter anderem darin, künftig für mehr Transparenz und Beteiligung zu sorgen.

Viel wurde in den vergangenen Wochen über den Forstwirtschaftsplan 2019 diskutiert, den die Verwaltung im November auf den Weg gebracht hat. Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) erklärte damals: „Eine der wichtigsten Aufgaben im Leipziger Auwald ist die nachhaltige Sicherung des Baumartenreichtums sowie der Strukturvielfalt der Hartholzaue, um dadurch den Artenreichtum zu erhalten.“

Konkret regelt der Plan unter anderem Themen wie Auslichtung, Fällung und verschiedene Maßnahmen, die der Pflege der Wälder dienen sollen. Daran gab es jedoch teils so massive Kritik, dass sich Ende November Umweltbürgermeister Rosenthal dazu gezwungen sah, einen Offenen Brief zu veröffentlichen.

Rosenthal widerspricht darin Darstellungen, wonach beispielsweise „massiv wertvolle Altbäume gefällt und damit wertvolle Teile des Leipziger Auwaldes vernichtet“ würden. Seltene oder geschützte Arten seien dadurch nicht bedroht, da Fachleute vor einer Fällung die Bäume prüfen würden. Alle Maßnahmen seien im Sinne der Artenvielfalt und des Klimaschutzes.

Im Rahmen der Diskussionen über den Forstwirtschaftsplan meldeten sich auch immer wieder Natur- und Umweltschutzorganisationen wie der Verein Nukla oder der Ökolöwe zu Wort. Zwei Tage vor der entscheidenden Ratsversammlung am Mittwoch, den 11. Dezember, legte letzterer nochmal eine Liste mit Punkten vor, die der Plan enthalten soll.

Diese Punkte zielen vor allem darauf ab, die Lebensstätten für geschützte Arten zu sichern, eine ökologische Forstbegleitung einzurichten und zukünftig für mehr Transparenz und Informationen zu sorgen. Die Liste ähnelt damit stark einem Änderungsantrag, den die SPD-Fraktion zum Forstwirtschaftsplan eingebracht hat.

Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) im Stadtrat. Foto: L-IZ.de
Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) im Stadtrat. Foto: L-IZ.de

Die Debatte

Umweltbürgermeister Rosenthal ging zu Beginn der Debatte im Stadtrat nochmals auf die zurückliegenden Diskussionen ein, die „leidenschaftlich“, aber auch von „Unterstellungen“ geprägt worden seien: zum Beispiel, dass die Verwaltung nicht systematisch denke und mit Fällungen dem Klima schade. Die emotionale Diskussion müsse aber mit Fakten versachlicht werden.

Rosenthal ging daraufhin auf Kritikpunkte ein, die schon Teil des Offenen Briefes waren. Zudem kündigte er an, dass Maßnahmen, die Gegenstand eines laufenden Rechtsstreits mit der Grünen Liga Sachsen seien, bis zur Gerichtsentscheidung zurückgestellt würden. Die Verwaltung übernahm außerdem die Forderungen des „Ökolöwen“ beziehungsweise der SPD-Fraktion.

Die folgende Debatte verlief – obwohl erst zum Abschluss der Ratsversammlung kurz vor 21 Uhr aufgerufen und trotz der emotionalen Vorgeschichte – harmonisch und locker.

Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek durfte angesichts seiner Freude an dem Thema anderthalb Minuten überziehen, Linke-Stadtrat Michael Neuhaus dachte laut darüber nach, „Alt wie ein Baum“ zu singen – wozu ihn Oberbürgermeister Burkhard Jung ermutigen wollte – und SPD-Stadtrat Getu Abraham verwies mit betont übertriebenem Stolz auf seine Ausdauerläufe im Auwald. Aber es wurde auch in der Sache diskutiert.

So führte Kasek aus, dass es „bemerkenswert“ sei, dass über einen Betriebsplan in diesem Umfang geredet werde. Er sagte weiterhin, dass es dem Auwald vor allem an Wasser fehle und dass es „relativ starke Eingriffe“ brauche, um die Biodiversität zu erhalten. Grundsätzlich sei mehr Geld für mehr Personal nötig. Darüber müsse diskutiert werden – jedoch an anderer Stelle.

Linkspolitiker Neuhaus verwies ebenfalls auf die Notwendigkeit, die Biodiversität zu schützen. Zudem sei es „sinnlos“, alles einfach ohne Eingriffe wachsen zu lassen. Auch Vorwürfe, es ginge im Auwald um Profit, wies Neuhaus zurück: „Es ist eine Naturschutzbehörde und kein schwedisches Möbelunternehmen.“ Sollte entgegen seiner Erwartung der Auwald zur Wüste werden, würde er selbst für eine “Mad Max”-Verfilmung in Leipzig in der Hauptrolle zur Verfügung stehen.

SPD-Politiker Abraham bezeichnete die geplante Aufforstung als „Chance der Entwicklung“. Nachhaltigkeit habe viel mit Veränderung zu tun. „Den Leipziger Auwald zu konservieren, bringt niemandem etwas – auch nicht dem Wald selbst.“ Zuvor hatte sich auch die AfD zu Wort gemeldet und darauf verwiesen, dass Bürger/-innen eine gefahrlose Nutzung des Auwaldes erwarten würden. Kasek entgegnete, dass der Wald nicht primär dafür da sei, von Menschen genutzt zu werden.

In der Abstimmung gab es durch Linksfraktion, CDU, SPD und Freibeutern eine Mehrheit für den Forstwirtschaftsplan. Die AfD und Teile der Grünen enthielten sich. Gegenstimmen gab es nicht.

Die ganze Debatte vom 11. Dezember 2019 im Stadtrat Leipzig

Video: Livestream der Stadt Leipzig

Ökolöwe hat ein paar konkrete Forderungen zum Forstwirtschaftsplan der Stadt Leipzig

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Leipziger Forscher erläutern in einem Diskussionspapier, warum aus ihrer Sicht Forstmaßnahmen im Auenwald nötig sind

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Eine sehr komödiantische Stadtratssitzung, v.a. zu diesem Thema. Ich habe sehr geschmunzelt, besonders über die Büttenrede des einen Politikers,der sich sogar verkleidet hatte, wenn ich mich nicht irre, als Cindy aus Marzahn, nur ohne Perücke und mit Bart. Sehr schön war auch der amerikanische Bergahorn, in guter Tradition des vorjährigen Leipziger Erlensterbens. Aber abgesehen davon stelle ich fest, dass der eigentliche Casus Knacksus weder von der L-IZ noch von den Politikern wahrgenommen noch von sonstwem erfasst wurde. Schade, ich hätte mir hier mehr Scharfsinn erhofft.

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