Die sogenannte Waffenverbotszone an der Eisenbahnstraße gibt es seit fast genau einem Jahr. Das sächsische Innenministerium plant dazu eine Evaluierung. Die Stadt Leipzig soll sich dafür einsetzen, dass dort auch die Perspektiven von Anwohner/-innen und Initiativen vor Ort berücksichtigt werden. Das hat der Stadtrat am Donnerstag, den 7. November, beschlossen.
Im Leipziger Osten stand vor wenigen Tagen ein Geburtstag an, über den sich viele nicht besonders gefreut haben. Am 5. November 2018 hat das sächsische Innenministerium entlang großer Teile der Eisenbahnstraße eine sogenannte Waffenverbotszone eingerichtet.
Seitdem gilt dort ein Verbot von Schusswaffen, Messern, Reizstoffsprühgeräten und anderen „gefährlichen Gegenständen“ wie Elektroschockern und Baseballschlägern. Wer gegen das Verbot verstößt, muss ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro zahlen.
Aus einer Antwort auf eine Anfrage der AfD-Fraktion im sächsischen Landtag geht hervor, dass die Polizei vom 5. November 2018 bis zum 1. September 2019 knapp 150 Waffen beziehungsweise „gefährliche Gegenstände“ sichergestellt oder beschlagnahmt hat, darunter vor allem Messer, aber auch einige Reizstoffsprühgeräte, Elektroschocker, Schlagstöcke und Schusswaffen.
Bereits im Juni dieses Jahres hatte ein Sprecher des Innenministeriums eine positive Zwischenbilanz gezogen. Im Vergleich zu früheren Jahren habe es in dem Gebiet weniger Straftaten mit Waffen gegeben.
Etwa zur gleichen Zeit beauftragte das Ministerium die Hochschule der Sächsischen Polizei damit, die Waffenverbotszone nach wissenschaftlichen Grundsätzen zu evaluieren. Eine solche Bewertung ein Jahr nach der Einrichtung ist in der entsprechenden Verordnung selbst festgeschrieben.
Aus Sicht der Linksfraktion und der Grünen im Leipziger Stadtrat müssen vor Ort ansässige Institutionen in diese Evaluierung mit einbezogen werden. Dazu zählen Quartiersmanagement, Vereine und Streetworker. Die Linke hatte zuerst einen entsprechenden Antrag im Stadtrat eingebracht und in einer Neufassung einige Vorschläge aus einem Änderungsantrag der Grünen übernommen.
Drei Punkte waren beiden Fraktionen bei der Befragung von Institutionen und Anwohner/-innen wichtig: „Akzeptanz und Wirksamkeit der Waffenverbotszone, weitere Formen der Polizeiarbeit wie Fußstreifen, Fahrradstaffeln und Kontaktbereichsbeamte sowie soziale, pädagogische und städtebauliche Kriminalprävention“. Die Linksfraktion wollte zudem „diskriminierende Erfahrungen“ im Zusammenhang mit Kontrollen in der Waffenverbotszone erfragen lassen.
Zum Abschluss der Evaluation soll es eine öffentliche Veranstaltung geben, in der Anwohner/-innen und andere Interessierte über die Ergebnisse informiert werden.
Die Stadtverwaltung äußerte sich in ihrem Standpunkt positiv zu dem Anliegen. Sie selbst sei an der Evaluation beteiligt, wolle sich beim Freistaat aber auch dafür einsetzen, die Wünsche der beiden Fraktionen zu berücksichtigen.
In der Ratsversammlung am Donnerstag, den 7. November, erinnerte Juliane Nagel (Linke) daran, dass es schon bei der Einrichtung seitens Einzelhändler/-innen und Zivilgesellschaft deutliche Kritik gegeben habe. Aus Sicht der linken Stadträtin trägt die Waffenverbotszone dazu bei, ein ganzes Stadtviertel zu stigmatisieren. Auch im Migrantenbeirat habe es Kritik gegeben. Die Trefferquote bei Kontrollen liege bei fünf Prozent – das sei sehr wenig.
Auch Grünen-Stadtrat Jürgen Kasek beklagte, dass die Einrichtung den Anschein verstärkt habe, es gebe einen Zusammenhang zwischen Migration und Kriminalität. Kasek forderte, nicht Symptome, sondern soziale Ursachen zu bekämpfen. FDP-Stadtrat Sven Morlok (Freibeuter) bezeichnete die Waffenverbotszone als „unsinnig“. Wer Straftaten plane, ließe sich dadurch nicht davon abbringen.
Thomas Hoffmann aus der CDU-Fraktion sprach sich für die Waffenverbotszone aus. Einrichtung, Umsetzung und Evaluierung sei Ländersache. Würden weitere Akteure an der Evaluierung beteiligt, könnte es passieren, dass bestimmte „Kräfte“, die kein Interesse an der Waffenverbotszone hätten, den Evaluierungsprozess verzögern.
AfD-Stadtrat Christian Kriegel (AfD) bezeichnete die Waffenverbotszone ebenfalls als „Ländersache“. Er forderte die Befürworter einer Abschaffung dazu auf, eine Woche zu finden, in der die lokale Presse nicht über Straftaten wie Messerstechereien in der Eisenbahnstraße berichteten.
Das Argument, dass die Eisenbahnstraße zunehmend verwahrlose, wies SPD-Stadtrat Christopher Zenker zurück. Im Gegenteil: „Die Eisenbahnstraße ist in den letzten Jahren lebendig geworden.“ Das könne man sehen, wenn man mit offenen Augen unterwegs sei, sagte Zenker in Richtung der AfD-Fraktion.
Am Ende stimmten 41 Stadträte und Stadträtinnen für den Antrag der Linksfraktion. 20 Personen stimmten dagegen. Bereits am Sonntag, den 17. November, wird die Waffenverbotszone erneut Thema in Leipzig sein. Die Initiative „CopWatch LE“ ruft ab 13 Uhr zu einer Demonstration über die Eisenbahnstraße auf, um die Abschaffung zu fordern.
Die Debatte zur Evaluierung der Waffenverbotszone Eisenbahnstraße
Video: Livestream der Stadt Leipzig
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