Nicht nur das Markkleeberger Stadtgebiet ist in letzter Zeit von Wildschweinen heimgesucht worden. Auch ins Leipziger Stadtgebiet dringen die Borstentiere in letzter Zeit öfter ein. Auch weil die Population durch die reiche Eichelernte deutlich gewachsen ist. Aber nicht nur hier wuchs das Futterangebot. Aber was kann eine Stadt wie Leipzig da machen? Sieben Fragen an das Amt für Stadtgrün und Gewässer.
Gibt es auch auf Leipziger Stadtgebiet Probleme mit Wildschweinen, die in Gärten und Grundstücke eindringen auf der Suche nach Fressbarem?
Wir sprechen trotz einiger Probleme mit diesen Tieren in Leipzig derzeit nicht von einer Wildschweinplage. Es gibt in unserer Stadt in Bezug auf die Wildschweinproblematik noch keine „Berliner Verhältnisse“. Generell gibt es aber in diesem Jahr deutlich mehr Wildschweine in den Leipziger Jagdbezirken. So sind auch in Leipzig in den letzten Wochen vereinzelt Sportplätze, Grünflächen und Hausgärten in urbanen Bereichen von Wildschweinen heimgesucht und geschädigt worden.
Auch in den Leipziger Wäldern und in der Feldflur sind vermehrt Wühltätigkeiten durch Wildschweine für jedermann offensichtlich. Der derzeit hohe Wildschweinbestand resultiert aus den hervorragenden Lebensbedingungen der letzten Jahre für diese Wildart. Viel Nahrung, wie die Vollmast der Eiche im letzten Jahr, günstige Witterung und passender Lebensraum bedingten eine hohe Vermehrungs- und Überlebensrate der Wildschweine.
Wenn ja: Wie viele Vorfälle dieser Art gibt es und in welchen Stadtbereichen? Welche Ortsteile sind besonders betroffen?
Die Schwerpunkte liegen in Leipzig derzeit in den Bereichen Cospuden, Knauthain und Knautnaundorf, sowie Leutzsch und Lindenau, aber auch in Liebertwolkwitz. In diesen Stadtteilen sind durchaus auch punktuell urbane Bereiche betroffen. Meist werden Wühlschäden in Gärten oder Grünanlagen, seltener das Zusammentreffen mit Bürgern gemeldet. Die Anzahl der Vorfälle mit Wildschweinen lässt sich derzeit noch nicht verlässlich sagen, da nur die den Jägern oder der Unteren Jagdbehörde gemeldeten Fälle aktenkundig sind.
Wo liegen aus Sicht der Stadt Leipzig die Ursachen: Lockt einfach das leckere Futter in der Stadt? Oder finden die Tiere in den Wäldern nicht genug Nahrungsangebot? Oder gibt es gar zu viele Wildschweine im Leipziger Stadtgebiet?
Wie bereits angemerkt, haben wir in Leipzig derzeit einen durchaus hohen Wildschweinbestand. Das ist aber kein Leipziger Phänomen, sondern in diesem Jahr deutschlandweit Realität. Der hohe Wildschweinbestand hat sich auch nicht erst sprunghaft seit letztem Jahr so entwickelt, sondern ist Ergebnis des tatsächlichen Klimawandels und der jahrzehntelangen, auf Maximierung ausgelegten Agrarpolitik und -förderung.
Auch die Energiewende hat dazu beigetragen. Erst mit dem massiven Anbau von Energiemais und -raps stiegen die Wildschweinbestände in Deutschland aufgrund des dadurch im Überfluss vorhandenen Nahrungsangebotes extrem an. Die Bejagung der Wildschweine in solchen riesigen Monokulturflächen gestaltete sich immer schwieriger und zeitintensiver.
Hohe Wildschweinpopulationen in der Landschaft bedingen natürlich dann auch die vermehrte Ausbreitung in urbane Räume. Leipzig als grüne Stadt mit seinem ausgedehnten Auenwald und vielen anderen Grünbereichen stellt einen idealen Lebensraum für die Schwarzkittel dar. Durch oftmals ungenügend oder nicht schweinesicher umzäunte Gärten, Grün- und Sportanlagen werden die Wildschweine regelrecht in die urbanen Bereiche gezogen. Jahreszeitlich bedingt, finden Wildschweine dann hier problemlos ihre tierische Hauptnahrung, den Regenwurm. Daraus resultieren die oft extremen Wühlschäden.
Wie geht die Stadt dann mit der Problematik um? Gibt es besondere Erlaubnisse für die Jäger? Werden gezielte Jagden veranstaltet? Gibt es Jagdsondererlaubnisse für spezielle Stadtgebiete?
Wildschweine werden in Leipzig schon seit Jahren stark bejagt. Nur dadurch konnten bis jetzt größere Schäden im urbanen Bereich durch diese Tiere verhindert werden. In den letzten 10 Jahren hat sich die jährliche Wildschweinstrecke in Leipzig nahezu vervierfacht. 2018 wurden in Leipzig bereits über 200 Wildschweine erlegt und die Tendenz ist steigend. Das Jagdjahr geht immer vom 01.04.–31.03., sodass aussagekräftige Zahlen zur Jagdstrecke 2019 erst im April 2020 vorliegen. Nach wie vor unternehmen die Leipziger Jäger große Anstrengungen die Wildschweinpopulation effektiv zu reduzieren. Professionelle Jagdstrategien wurden erarbeitet und aktive erfahrene Wildschweinjäger angeworben. Verstärkt werden Gemeinschaftsansitze in schadensträchtigen Gebieten durchgeführt. Im Hinblick auf das Einwandern in urbane Bereiche, aber auch aus seuchenprophylaktischen Gründen werden derzeit auch alternative Bejagungsmethoden, wie der Schwarzwildfang diskutiert und auf Einsatzmöglichkeit hin abgeprüft.
Und wie reagiert man auf die Probleme in Markkleeberg, wo ja nach Aussage der Nachbarstadt auch Reviere betroffen sind, die der Stadt Leipzig gehören, wo also Leipzig unterstützend aktiv werden müsste?
Wie bereits dargelegt, werden Wildschweine in den Leipziger Revieren sehr stark bejagt. Dies schließt natürlich auch die Reviere ein, welche an Markkleeberg grenzen.
Gibt es auch Abstimmungen zu den benachbarten Landkreisen und ihren Jagdbehörden? Denn wenn die Ursache eine zu hohe Wildschweinpopulation ist, braucht es ja übergreifende Lösungen zur Bestandsregulierung.
Lösungen zur Bestandsregulierung der Wildschweinpopulationen sind nicht Aufgabe der Jagdbehörden. Hierzu stimmen sich in der Regel die Jagdbezirksinhaber ab. Dies machen wir als jagdliche Bewirtschafter der städtischen Eigenjagdbezirke bei Notwendigkeit ebenso.
Wie also könnte in Zukunft der Umgang mit den Wildschweinen aussehen, wenn die Wildschweinpopulationen tatsächlich dauerhaft größer werden?
Hierzu gibt es derzeit noch keine zufriedenstellenden Antworten. Gäbe es hierfür bereits Lösungen, hätten wir momentan keinen solch hohen Wildschweinbestand. Sicherlich ist es wichtig, die Jagd auf Wildschweine zu intensivieren. Dies stößt aber auch an Grenzen. Bereits jetzt erbringen die Jäger immense zeitliche und monetäre Leistungen für die Allgemeinheit. Grundsätzlich werden wir aber in urbanen Räumen auch mit Wildtieren leben müssen. Jagdlich wird man diese dort nicht immer regulieren oder beseitigen können. Schlussendlich hat Ordnung und Sicherheit hier Vorrang vor Jagderfolg.
Auch Bürgerinnen und Bürger können etwas tun: Wildschweingefährdete Grundstücke sollten von den Eigentümern dauerhaft schweinesicher eingezäunt werden. Die Zugänglichkeit von Komposthaufen oder Gartenabfällen muss den Wildschweinen verwehrt werden. Verwilderte Grundstücke müssen Wildschweinen als Einstände unattraktiv gemacht werden. Im Wald und in der freien Landschaft sollten Freizeitaktivitäten außerhalb der Wege unterbleiben und Hunde generell an der Leine geführt werden. Nachts sollten diese Bereiche generell gemieden werden. Dadurch können Störungen und Beunruhigungen der Wildschweine in ihrem natürlichen Lebensraum minimiert und direkte Konflikte vermieden werden.
Die trockenen Sommer trieben die Wildschweine zur Futtersuche ins Markkleeberger Stadtgebiet
Die trockenen Sommer trieben die Wildschweine zur Futtersuche ins Markkleeberger Stadtgebiet
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