Vor einem Monat hat der Stadtrat das letzte Mal im alten Sitzungssaal getagt. Vor einer Woche, zu seiner letzten Sitzung in alter Zusammensetzung, zog er schon um in den benachbarten Festsaal. Denn im Sitzungsaal wurde alles herausgerissen, was nicht niet- und nagelfest war โ bis auf Teile der Decke, der Rรผckwand und des Zuschauerbalkons. Denn die bleiben erhalten. Am Mittwoch durfte die Presse die Baustelle besuchen.
Denn erstmals ist jetzt die neue, alte Dimension des Sitzungsaals zu sehen, der endlich grรถรer, heller und freundlicher werden soll. Jetzt wurden die beiden Eckwรคnde abgerissen, um die bisher zugebauten Fenster in den Saal zu integrieren und mehr Flรคche zu schaffen. Damit kรถnnen im Plenarbereich dann 148 Plรคtze entstehen.
Die Eckwรคnde haben seit รผber 50 Jahren drei Saalfenster verstellt. Nur noch drei waren hinter dem Podiumsaufbau noch zu sehen. Entsprechend lichtlos wirkte der Saal, der โ ganz im Stil der 1960er Jahre โ auch noch ringsum mit Holz vertรคfelt wurde. Den Groรteil der Vertรคfelung bekommt er wieder, denn die ist denkmalgeschรผtzt.
Laut Ratsbeschluss vom Juni 2018 bleibt die Holzvertรคfelung. Neu geรถffnet wird der Saal jetzt in Richtung Osten und Sรผden. Die gesamte Technik (Klima, Strom etc.) soll erneuert werden und รผberwiegend im vollstรคndig zu sanierenden Saalboden verschwinden. Neuerungen gibt es auch auf der Besucherempore: Hier entsteht eine barrierefreie Ebene fรผr Rollstuhlfahrer, dazu werden alle Sitze aufgearbeitet.
Was aber war am Mittwoch, 3. Juli, zu sehen?
Das komplette Mobiliar ist schon in den vergangenen Wochen ausgebaut worden. Dazu steht extra ein Lift drauรen an der Fassade.
โFast die gesamte Logistik wickeln wir รผber den Lift abโ, erklรคrt Marc Thielmann, Architekt und Bauleiter im Amt fรผr Gebรคudemanagement, das fรผr die Saal-Modernisierung zustรคndig ist. Denn das Hauptproblem bei den einjรคhrigen Arbeiten ist: Der Betrieb im Neuen Rathaus geht ja weiter. Es muss so gebaut werden, dass die Arbeit im Haus mรถglichst nicht gestรถrt wird. Deswegen finden die lรคrm- und staubintensivsten Arbeiten allesamt in den Nachtstunden statt, betont Thielmann. Die Bauarbeiter haben schon zwei Wochen Nachtschichten hinter sich.
Richtig laut wurde es nicht nur beim Herausnehmen der Seitenwรคnde. Auch der alte Estrich muss herausgeschnitten werden. Am Mittwoch, 3. Juli, stand man teilweise schon auf den Spitzen des Gewรถlbes, auf dem der Saal sich befindet. Der nicht immer Sitzungssaal war. Denn bis zum Zweiten Weltkrieg war der Saal der aufwendig geschmรผckte Festsaal des Neuen Rathauses. Dieser Prunk wurde im Krieg vรถllig zerstรถrt. Nach dem Krieg ging man deshalb daran, den Saal nach damaligen Vorstellungen als modernen Sitzungssaal zu gestalten. Das, was dabei herauskam, ist mittlerweile groรenteils denkmalgeschรผtzt.
Und trotzdem wirkte es nicht mehr zeitgemรคร. Die Stadtverordneten saรen unten im flachen Parterre, die Stadtobrigkeit thronte oben auf einem hohen Podium. Das waren die alten sichtbaren Machtverhรคltnisse der DDR-Zeit.
Das neue Prรคsidium bekommt nur noch ein 30 Zentimeter hohes Podest. Die Stadtverordneten aber bekommen ansteigende Sitzreihen, sodass alle eine gute Sicht auf OBM und Bรผrgermeister haben.
Im Bild unten ist der Rest des alten Podestes noch zu sehen. Auch der verschwindet noch. Nicht nur der alte Estrich im 400 Quadratmeter groรen Saal wird aufwendig und komplett entfernt, auch die Aufschรผttungen auf den alten Tonnengewรถlben. Man will wirklich wissen, wie tragfรคhig das alles noch ist. Wenn der Fรผllschutt entfernt ist, wird alles wieder von unten her aufgebaut. Im Frรผhherbst, so rechnet Thielmann, werde man den neuen Estrich fertig haben. Gleich danach beginnt der Aufbau der neuen Konstruktion fรผr das Parkett, unter der dann alle neuen Kabelleitungen verlaufen.
Der Saal wird mit zeitgemรครer Technik ausgerรผstet und barrierearm auch fรผr Besucher. Auch auf der Empore, wo zusรคtzlich Plรคtze fรผr bewegungseingeschrรคnkte Zeitgenossen entstehen sollen. Plus zusรคtzliche Presseplรคtze, denn unten im Saal wird es auch lichter, weil die Zahl der Sitzplรคtze auf 148 reduziert wird. Fรผr normale Stadtratssitzungen mit den 70 gewรคhlten Stadtrรคtinnen und Stadtrรคten ist das vรถllig ausreichend, fรผr Tagungen und Festveranstaltungen wird es dann schon knapp.
Etwa ein Jahr sollen die Arbeiten unter Federfรผhrung des Amtes fรผr Gebรคudemanagement dauern, die im Juni 2019 begonnen haben. Etwa 3,9 Millionen Euro soll der Umbau kosten. Zuletzt hatte die Stadt Anfang der 1990er-Jahre grรผndlich modernisiert. Vollkommen zugebaute Fenster und ein viel zu hohes Prรคsidium begrรผndeten damals unter anderen den Umbau. Nun verdoppelt sich die Zahl der freigelegten Fenster auf sechs.
โDie Arbeiten laufen planmรครigโ, sagt Thielmann. Was durchaus nicht selbstverstรคndlich ist, denn er muss 30 verschiedene Firmen koordinieren, deren Arbeiten ineinandergreifen mรผssen. Einige, so betont er, sind auch โ selbst fรผr Rathausmitarbeiter unsichtbar โ hinter den Kulissen tรคtig, vor allem jene Firmen, die sich um Elektrik und neue Belรผftung kรผmmern. Und man mรผsse sich eng abstimmen mit allen Veranstaltungen im Haus, so Thielmann. Gerade dann, wenn im Nachbarsaal wieder der Stadtrat tagt oder groรe Veranstaltungen stattfinden, mรผssen die lauten Arbeiten im Sitzungssaal ruhen.
Der Sitzungssaal des Leipziger Stadtrats wird im Frรผhjahr 2019 fรผr 3,9 Millionen Euro umgebaut
Der Sitzungssaal des Leipziger Stadtrats wird im Frรผhjahr 2019 fรผr 3,9 Millionen Euro umgebaut
So kรถnnen Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstรผtzen:
Keine Kommentare bisher