Eigentlich waren gefährliche Hunde nicht wirklich Aufgabe des Ordnungsamtes. Aber 2001 änderte die damals noch allein regierende CDU in Sachsen die Liste der den Stadtordnungsdiensten übertragbaren Aufgaben. Dieser Aufgabenkatalog wurde um eine neunte Aufgabe ergänzt: Vollzug der Vorschriften zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden. Aber wurde das damit wirklich schon zur Aufgabe? Die CDU-Fraktion im Stadtrat fragte deshalb im Dezember 2017 extra nach.
Das Ordnungsdezernat antwortete im Januar 2018 mit der Feststellung: „Es gab im Jahr 2001 Überlegungen, den Vollzug der o. g. Vorschrift dem Stadtordnungsdienst zu übertragen. Da zum damaligen Zeitpunkt keine nennenswerten Fallzahlen vorlagen, erfolgte die Übertragung der Aufgabe nicht. Nunmehr soll eine Übertragung der o. g. Aufgabe an den Stadtordnungsdienst vorgenommen werden. Pro Jahr sind derzeit zwischen 170 und 180 gefährliche Hunde in Leipzig registriert. Die Zahl ist tendenziell ansteigend. Die entsprechende Beschlussvorlage ist gegenwärtig in Vorbereitung.“
Es hat also nur anderthalb Jahre gebraucht, um diesen Beschluss nun endlich vorzulegen.
Der Druck kam eher von draußen, von der Straße, als von innen: „Durch die höhere Sensibilität der Bürgerschaft für die Thematik werden seit 2016 steigende Fallzahlen zu gefährlichen Hunden registriert. Dies gilt sowohl für die Anzahl der registrierten gefährlichen Hunde als auch insbesondere für die bekannt gewordenen Beißvorfälle. Hierbei ist ein sofortiges Handeln der Behörde notwendig, um weitere Körperverletzungen an Menschen bzw. Schäden an Tieren und Sachen abzuwenden“, schildert das Ordnungsdezernat mit der jetzigen Vorlage die Entwicklung aus seiner Sicht.
Wenn Vorfälle mit gefährlichen Hunden publik werden, muss der Stadtordnungsdienst jetzt schon reagieren: „Als Sofortmaßnahme erfolgt hier die Anordnung eines Leinen- und Maulkorbzwanges, welcher durch den Stadtordnungsdienst/Operativgruppe im Rahmen des Streifendienstes zu überwachen ist. Die Zunahme der Fallzahlen bedingt auch einen Anstieg der teilweise aufwendigen Verwaltungsverfahren gegen die verantwortlichen Hundehalter. Stadtordnungsdienst/Operativgruppe sind hier gefordert, Unterstützung für Maßnahmen im Vollzug des GefHundG zu leisten. Das umfasst insbesondere örtliche Ermittlungen, Unterstützung bei Beschlagnahmen von Hunden sowie eigene Kontrollmaßnahmen, Feststellungen und Gefahrenabwehrmaßnahmen nach dem GefHundG.“
Wobei das Ordnungsdezernat betont: Die meisten Hunde in Leipzig sind kein Problem. Es sind – wie so oft – einzelne Hundehalter, die die simpelsten Regeln nicht einhalten.
„Im Vergleich mit dem zum Stand 31.12.2018 insgesamt in der Stadt Leipzig gemeldeten 21.411 Hunden sind die hier genannten Zahlen derzeit eher gering. In der gegenwärtig weiterhin wachsenden Stadt Leipzig wird aber auch die Anzahl der registrierten Hunde steigen. Es ist daher mit einer weiteren Zunahme von Konflikten im öffentlichen Raum zwischen Mensch und Hund, aber auch zwischen Hunden und anderen Tieren zu rechnen. Aus diesem Grund sind die Kontrollen im öffentlichen Raum durch Stadtordnungsdienst/Operativgruppe unbedingt notwendig.“
Genug Leute hat der Stadtordnungsdienst mittlerweile. Nur die Aufgabe, die Bevölkerung vor gefährlichen Hunden auch ganz offiziell zu schützen, muss noch per Ratsbeschluss rechtskräftig werden. Der neu gewählte Stadtrat wird die Vorlage also auf den Tisch bekommen.
„Der personell aufgestockte Stadtordnungsdienst/Operativgruppe soll nunmehr die durch den Gesetzgeber mit o. g. Verordnung übertragenen Aufgaben vollständig wahrnehmen“, so das Ordnungsdezernat. „Bei Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs erfolgt eine Kooperation mit der Polizeidirektion Leipzig. Die Zusammenarbeit mit dem Veterinär- und Lebensmittelaufsichtsamt erfolgt im Zuge der Amtshilfe. Eine Überarbeitung der Gefährdungsanalyse und die Praxis werden zeigen, ob und in welchem Umfang die Ausrüstung von Stadtordnungsdienst/Operativgruppe erweitert werden muss.“
Und damit dann auch alle Hundehalter erfahren, dass sie es künftig ganz rechtmäßig mit der Leipziger Stadtpolizeibehörde zu tun bekommen, wenn sie ihre Hunde nicht sicher führen, soll der Beschluss auch veröffentlicht werden: „Die Vorschrift schreibt vor, dass die Übertragung von Aufgaben nach dieser Verordnung ortsüblich bekannt zu machen ist. Die Veröffentlichung soll im Amtsblatt erfolgen.“
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