Schon im vergangenen Jahr konnte das Leipziger Wasserfest nur deshalb stattfinden, weil der Wasserabfluss ins Elsterbecken deutlich gedrosselt wurde. In diesem Jahr wird es wohl ganz ähnlich sein. Es ist nicht nur viel zu trocken und zu heiß – auch die Wassermengen in den Leipziger Flüssen sind deutlich unterm normalen Sommerstand. Die Algen blühen. Und trotzdem wollen die Amtsträger im Grünen Ring das WTNK fortschreiben. Die Leipziger Grünen jedenfalls wollen das Spiel nicht mehr mitmachen.
Am 22. Juli haben nun auch die letzten wenigen Vertreter/-innen der Leipziger Natur- und Umweltschutzverbände ihren Rücktritt vom sogenannten Runden Tisch des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes (WTNK) erklärt. Sie folgten damit dem NuKLA e. V., der schon im vergangenen Herbst ausstieg, als deutlich wurde, dass man mit den Umweltverbänden über die Erfordernisse des Naturschutzes gar nicht gewillt war zu reden.
Die Leipziger Grünen forderten bereits im September 2018 ein Moratorium der Maßnahmen des WTNK und ein Ende dieses nicht mehr zeitgemäßen und zudem absolut undemokratischen Gremiums der sogenannten Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland im Grünen Ring. In diesem Gremium sitzen Amtsleiter, Bürgermeister und Landräte aus dem Raum Leipzig zusammen und baldowern aus, welche neuen Kanäle, Schleusen und Häfen sie im Leipziger Gewässernetz und an den Seen im Südraum mit Fördermitteln bauen wollen. Zuletzt scheiterten sie krachend mit den Plänen zur Markkleeberger Wasserschlange, die gegen so viele Auflagen zum Umwelt-und Gewässerschutz verstößt, das selbst die Landesdirektion nur noch ein „Stopp“ setzen konnte.
Beim Bau des Harthkanals zwischen dem Cospudener und dem Zwenkauer See wurden schon im Vorfeld zwingend nötige Artenuntersuchungen nur lückenhaft durchgeführt. Die vom Leipziger Umweltdezernat angewiesenen „Entkrautungen“ im Floßgraben verstießen eindeutig gegen die Schutzbedingungen im Floßgraben und mussten eingestellt werden.
Was Leipzigs Umweltbürgermeister Heiko Rosenthal nicht daran hindert, immer neue millionenteure Projekte voranzutreiben, mit denen die Motorisierung im Gewässersystem verstärkt werden soll. Man denke an den Leipziger Stadthafen, der ursprünglich nur gebaut werden sollte, wenn sich dafür private Investoren finden, oder die immer noch schwebenden Pläne zur Neueinrichtung der Alten Elster.
Claudia Maicher, Christin Melcher und Paula Piechotta, Direktkandidatinnen der Grünen zur Landtagswahl in Leipzig West, Leipzig Mitte und im Süden der Stadt, zeigen sich solidarisch mit dem Rückzug der Umweltverbände.
„Schon lange fordern wir Grünen ein ordentliches Verfahren für das WTNK mit sorgfältiger Prüfung der umweltschutzrechtlichen Belange. Weder Artenschutz und Wasserrahmenrichtlinie, noch europäische Vorgaben wie zum Beispiel der Natura 2000-Gebietsschutz finden an diesem sogenannten Runden Tisch, der sich im Wesentlichen aus Wirtschafts- und Tourismusvertretern zusammensetzt, ausreichend Beachtung“, so Claudia Maicher.
Den drei Kandidatinnen, deren Wahlkreise von den hochtrabenden Projekten des WTNK besonders betroffen sind, liegt vor allem die Gesundheit der Leipziger/-innen am Herzen.
„Die zunehmende Sommerhitze und die langanhaltende Trockenheit leisten nicht nur Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems Vorschub. Die Gewässer und Auen der Stadt müssen daher renaturiert und nicht – wie im WTNK geplant – ausgebaut werden, damit den Leipziger/-innen die dringend notwendigen Naherholungsgebiete erhalten bleiben“, erklärt Paula Piechotta.
Und Christin Melcher verweist auf die für alle sichtbaren Folgen des Klimawandels, nämlich die zahlreichen vertrockneten Stadtbäume. „Vor dem Hintergrund zunehmender Trockenheit und eines sinkenden Grundwasserspiegels sowie des ohnehin schlechten ökologischen Zustandes der Leipziger Fließgewässer sollte die Stadtverwaltung lieber sofort hier ansetzen, anstatt völlig überholte massentouristische Konzepte zu verfolgen. Die Folgen des Klimawandels werden auch an Leipzig nicht vorbeigehen.“
Der Kreisverband Leipzig von Bündnis 90/Die Grünen Leipzig fordert folgerichtig ein sofortiges Moratorium des WTNK.
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Nun ja, schon im September 2018…Immerhin.
Im Jahr 2000 habe ich an einer sogenannten “Stadt-/Umlandkonferenz” des sogenannten Grünen Ring Leipzig in Zwenkau teilgenommen. Schon zu diesem Zeitpunkt war der “Plan” WTNK kein Plan mehr.
Tschense (fürddie Jüngeren:der damalige SPD-Ordnungsbürgermeister, der später seinen Job wegen seines laxen Umgangs mit der StVO verlor) heizte mit einem Geländewagen im Zusammenhang mit Autocross-Rennen durch den Tagebau Espenhain, die M-Klasse feierte dort ihre Weltpremiere und damit die SUV ihren “Siegeszug” um die Welt (was heute angeblich alle so schrecklich finden) und die Grünen gaben trotz mehrfacher Bitten nicht ansatzweise Unterstützung gegeben.
Daß sich aus dieser motorisierten Nutzung nahezu zwingend eine motorisierte Gewässernutzung ergibt, hat die nicht ansatzweise interessiert.
Selbst heute faselt der Bundesvorstand dummes Zeug von touristischen Wasserstraßen. Und gibt keine Antwort auf Fragen nach den rechtlichen Grundlagen.
Heute, 20 Jahre, nachdem der “Plan” WTNK mitten in der Umsetzung ist, heute fordern die Grünen ein Moratorium? Um dann die Gewässer zu “entwickeln”?
Was haben die Grünen gesagt, als Steinbach 2008 erklärte, die See müßten “ökonomisch” genutzt werden? Nichts. Obwohl mit dieser Forderung von Steinbach klar war, daß dies nicht ohne die Einbeziehung der Auwaldgewässer möglich ist.
Was haben die Grünen zu den (rechtswidrigen) Mastergenehmigungen gesagt, die 1500 Motorboote auf Zwenkauer, Hainer und Störmthaler See zulassen und die natürlich (!) von einem See zum anderem fahren sollen. Und natürlich über den Harth-Kanal, den Floßgraben und die Pleiße. Wo waren die Forderungen nach einem Moratorium? Oder wenigstens die Unterstützung derer, die sich den Arsch aufgerissen haben, dieses Szenario zu verhindern?
Aber jetzt ein Moratorium. Im Herbst 2018. Und welcher Druck wird aufgebaut, dieses umzusetzen? Werden jetzt diejenigen unterstützt, die schon seit etlichen Jahren für dieses Moratorium kämpfen?
Aber vermutlich gibt es hier dieselbe Unterstützung, wie beim Kampf gegen einen Forstwirtschaftsplan (ebenso seit etlichen Jahren geführt), der Rodungen im mehrfach geschützten Leipziger Auwald zulassen will.
Daß diese Aussagen der Grünen ein ungläubiges staunen hervorrufen, sollte nicht verwundern. Wohlfeile Worte hört man allenthalben. Zumal in der Nähe von Wahlen.
https://www.nukla.de/2013/05/grosprokekt-elste-saale-kanal-wtnk-und-das-neuseenland-stadtrat-entscheidet-leipziger-verwaltung-steht-hinter-den-projekten/