In einer umfangreichen Erklรคrung hat sich der Stadtrat am Mittwoch, den 26. Juni, โ€žgegen jeden Antisemitismusโ€œ positioniert. Fast alle Stadtrรคte stimmten einem gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, Grรผnen und Freibeutern zu. Auch ein Antrag unter dem Titel โ€žKein Platz fรผr Antiromaismus in Leipzigโ€œ wurde angenommen. Die AfD stimmte beiden Antrรคgen zu, relativierte in einer Rede jedoch den Antisemitismus im Nationalsozialismus.

Zu Beginn der Diskussion im Stadtrat sagte Christopher Zenker (SPD), dass er nicht fรผr die Verbrechen der Nazis verantwortlich sei, jedoch dafรผr, dass sich so etwas nicht wiederhole. Dazu gehรถre auch eine Erinnerungskultur. Die AfD wolle die Erinnerung an den Nationalsozialismus jedoch abschaffen und sei deshalb nicht als Unterstรผtzer des Antrags infrage gekommen.

Zugleich betonte Zenker, dass die Bewegung โ€žBoycott, Divestment and Sanctionsโ€œ (kurz BDS) antisemitisch sei, da sie sich mit ihren Sanktions- und Boykottaufrufen einseitig gegen Israel richte und auf die Auslรถschung des Staates abziele.

Christopher Zenker (SPD) mit einem Statement auch zur BDS-Bewegung. Foto: L-IZ.de
Christopher Zenker (SPD) mit einem Statement auch zur BDS-Bewegung. Foto: L-IZ.de

ร„hnlich รคuรŸerte sich Werner Kujat (Linke). Der BDS kritisiere nicht nur den Staat oder die Regierung, sondern dรคmonisiere, delegitimiere und arbeite mit Doppelstandards. So werde Israel mit einem Apartheidregime gleichgesetzt und als alleiniger Aggressor im Nahen Osten dargestellt. Dass die Linke als Unterstรผtzer des Antrags vor seiner Einbringung ausgeschlossen wurde, sei skandalรถs.

Michael Weickert aus der CDU-Fraktion nahm den Ball auf und betonte, dass das vielleicht grรถรŸte Problem der latente Antisemitismus in der politischen Linken sei. Er erwรคhnte beispielsweise eine umstrittene Karikatur in der Sรผddeutschen Zeitung.

Der AfD gelang es hingegen, sich im Laufe der Diskussion einerseits gegen Antisemitismus auszusprechen und andererseits die Judenverfolgung im Nationalsozialismus zu relativieren. AfD-Stadtrat Tobias Keller behauptete, dass seine Partei mit รคhnlichen Mitteln ausgegrenzt werde wie die Juden damals.

Linke-Stadtrรคtin Juliane Nagel entgegnete, dass die AfD nicht verstanden habe, wie Rassismus und Antisemitismus funktionierten. Auch Piraten-Stadtrรคtin Ute Elisabeth Gabelmann (Freibeuter) zeigte sich empรถrt. Andrea Niermann (CDU) sagte, dass ihre Partei die AfD nicht grundsรคtzlich ausgrenze, dass sie jedoch erschรผttert sei รผber die Aussage.

Abgesehen von drei Enthaltungen (davon zwei aus der Linksfraktion) stimmte der Stadtrat geschlossen fรผr den Antrag. Dieser verurteilt etwa auch โ€žsekundรคren und israelbezogenen Antisemitismusโ€œ und bekennt sich zum Existenzrecht Israels. Das jรผdische Leben in Leipzig und die Antisemitismus-Prรคvention sollen gefรถrdert werden.

Explizit bezeichnet der beschlossene Antrag die BDS-Kampagne als antisemitisch. Soweit rechtlich mรถglich sollen BDS und รคhnlichen Kampagnen keine Rรคumlichkeiten in Leipzig zur Verfรผgung gestellt werden.

Petra Cagalj Sejdi (Grรผne) wies auf die besondere Thematik beim Antiromaismus hin. Foto: L-IZ.de
Petra Cagalj Sejdi (Grรผne) wies auf die besondere Thematik beim Antiromaismus hin. Foto: L-IZ.de

Anderes Problem, andere Ursachen

Auch ein Antrag gegen Antiromaismus war Thema in dieser Diskussion. Petra Cagalj Sejdi sagte, dass diese Form von Rassismus am weitesten verbreitet sei, aber am wenigsten erkannt werde. Es gehe unter anderem um Vorurteile bezรผglich Kriminalitรคtsneigung und Intelligenz. Sie forderte unter anderem Aufklรคrung in Bildungseinrichtungen und die Erfassung antiromaistischer Straftaten.

Linke-Stadtrรคtin Nagel kritisierte, dass beide Antrรคge zusammen diskutiert wurden: โ€žDas sind zwei Ideologien, die grundsรคtzlich anders funktionieren โ€“ eine durch Aufwertung und eine durch Abwertung.โ€œ Der Verwaltungsstandpunkt gegen Antiromaismus erhielt eine knappe Mehrheit. Darin verpflichtet sich die Stadt unter anderem dazu, Gedenk- und Erinnerungsarbeit zu unterstรผtzten und die Romakultur zu fรถrdern.

Linke und Grรผne hatten in ihrem gemeinsamen Antrag unter anderem gefordert, zusรคtzlich am Internationalen Tag der Roma am 8. April vor dem Neuen Rathaus die Roma-Flagge zu hissen. Dieser Antrag kam jedoch nicht mehr zur Abstimmung, weil der Vorschlag der Verwaltung angenommen worden war.

Zur BDS-Bewegung bei der ARD im Faktenfinder

Die Debatte am 26. Juni 2019 im Stadtrat Leipzig

Video: Livestream der Stadt Leipzig

Der Mitschnitt der Stadtratssitzung im Juni 2019

Der Stadtrat tagt: Die Juni-Sitzung (26.06.) im Livestream & Mitschnitt

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Und wer das mit der AnmaรŸung des BDS begriffen hat kann sich ja dann mal mit der Vereinnahmung des โ€˜historischenโ€™ Judentums durch die evangelikalen Christen und deren trumpschen Plรคnen beschรคftigen: https://www.deutschlandfunk.de/evangelikale-und-israel-die-endzeit-fest-im-blick.886.de.html?dram:article_id=436470

Fundamentalistischer Nationalismus und religiรถse Vereinnahmung durch Machtstrukturen, fรผhren immer zu Fanatismus und damit zu Hass und Gewalt. Der heutige Staat Israel ist (noch) der stabilisierende und damit friedensbewahrende Faktor in dieser Weltgegend. Ein Staat der von auรŸen und innen angegriffen wird, kann seinem Anspruch FรœR seine Menschen schwer gerecht werden.

Wer sich gegen lebensbedrohende Angriffe verteidigen muss, kann keinen Frieden finden. Und die โ€˜Hardlinerโ€™ bestimmen โ€˜aus Einsicht in irgendeine Notwendigkeitโ€™ die Politik. Und greifen auf dieser Basis andere Menschen an.

Naja, und wenn โ€˜die Weltโ€™ (ohne die ein einzelner Staat nicht existieren kann) aus machtpolitischen Grรผnden Ansprรผche stellt.. Da ist das Mindeste was wir tun kรถnnen ein konsequentes Vorgehen, zu allererst einmal gegen jede Art von Rassismus und gegen Ausgrenzung aus vermeintlich religiรถsen oder sonstigen konstruierten Grรผnden in unserem direkten Umfeld. Nicht nur aus dem historischen Erinnern und Bewahren des Wissens um unsere, des Holocaust schuldig gewordenen Vorfahren, sondern auch eingedenk der Tatsache, das kein Mensch das Recht hat sich รผber einen anderen Menschen zu erheben.

Und ganz wesentlich โ€“ kein Mensch hat das Recht einen anderen Menschen seiner Wรผrde, geschweige denn seines Lebens, zu berauben. Und da gehรถrt auch die ausgesprochene Absicht dazu. Da hรถrt jedes Reden auf. Menschenfeinde mรผssen benannt werden, um sie klar abzugrenzen. Vor allem auch, um die Moral und Ethik unserer Demokratie vor ihren Mythen und Lรผgen zu bewahren.

Vielleicht sollte da zuerst einmal jeder in sich selbst gehen, um zu erkennen, welche Wege ich in einer komplexen, von Machtinteressen gesteuerten Welt, fรผr mich selbst gehen kann und muss. Menschen einfach unvoreingenommen als Menschen sehen. Als einzigartige Wesen dieser Erde mit der Fรคhigkeit zur Vernunft.

Und erkennen, dass jede Einteilung in Gruppen und das Ausspielen gegeneinander nur den Machtinteressen Einzelner dient.

Erst wenn man selbst erkennt, wofรผr man steht, welcher kulturellen Gemeinschaft man sich im Herzen zugehรถrig fรผhlt, welche kulturellen und sozialen Lebensentwรผrfe es auรŸerhalb des eigenen kleinen Kosmos noch so gibt, kann sich jeder Mensch in seiner individuellen Einzigartigkeit mit anderen Menschen vereinen, um gemeinsam die kurze Zeitspanne des Lebens fรผr andere und damit fรผr sich selbst lebenswert zu gestalten.

Und die Vielfalt der Menschen in ihren verschiedenen und gemeinsamen Ausprรคgungen ist dann einfach etwas sehr Schรถnes. Und lohnt sich quasi als โ€˜Selbstbereicherungโ€™ neugierig und angstfrei zu erkunden. Selbstverstรคndlich gehรถrt dann auch die (auch finanzielle) Fรถrderung von Kunst und Kultur dazu, aber nicht mehr weil jemand dagegen ist, sondern als Bereicherung des eigenen Weltverstรคndnisses.

Wolltโ€™ ich bloรŸ mal so (kurz) anmerken..

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