Zur Ratsversammlung im Mai war es ein Paukenschlag: Die Beschlussfassung über die geplanten sozialen Erhaltungssatzungen in einzelnen Leipziger Stadtgebieten wurde kurzerhand von der Tagesordnung abgesetzt. Aber was nun? Zur nächsten Ratsversammlung am 26. Juni legt die SPD-Fraktion einen dicken Änderungsantrag vor, der den ursprünglichen Antrag der Linksfraktion in vielen Punkten ergänzt.
„Bereits im Herbst vergangenen Jahres wurde die Stadtverwaltung beauftragt, für beschlossene Milieuschutzgebiete die Aufstellung von sozialen Erhaltungssatzungen vorzubereiten. Weil das zuständige Baudezernat die gesetzte Frist verstreichen ließ, hat die Linksfraktion kurz vor den Kommunalwahlen eine Reihe von Anträgen in den Rat eingebracht, mit denen erneut die Aufstellung von Erhaltungssatzungen beschlossen werden soll“, fasst SPD-Fraktionschef Christopher Zenker die Vorgeschichte zusammen.
Aber er sieht auch ein Problem: „Die Anträge sind handwerklich nicht wirklich gut, weshalb wir die Sache vom Kopf auf die Füße stellen wollen. Die Vorschläge der Linken trugen zur Verunsicherung bei, auch weil es zumindest für die Leipziger Stadtverwaltung ein neues Thema ist. Wir hatten vielmehr den Eindruck, dass damit Kommunalwahlkampf gemacht werden sollte, statt eine sachorientierte Lösung anzubieten. Wir wollen zum Beispiel nicht, dass durch die Aufstellung der Erhaltungssatzungen sämtliche Baugesuche bis zum Beschluss der Satzungen auf Eis gelegt werden. Wir haben deshalb klare Kriterien formuliert, was die Stadtverwaltung nach Eingang von Bauanträgen im Einzelfall abprüfen soll, bevor Maßnahmen möglicherweise zurückgestellt werden.“
Wahrscheinlich wird er dafür noch eine Einladung auf ein Tässchen Kaffee von Sören Pellmann, dem Vorsitzenden der Linksfraktion, bekommen. Denn so weit hätte es ja nicht kommen müssen, wenn die Verwaltung rechtzeitig Vorschläge für solche Milieuschutzsatzungen vorgelegt hätte. Entweder fehlen mal wieder die Leute – oder das Thema war den Verwaltungsmitarbeitern wieder nicht so wichtig.
Vielen Leipzigern aber ist es wichtig, denn es entscheidet mit darüber, ob sie in ihrem geliebten Ortsteil wohnen bleiben können oder irgendwann einfach hinaussaniert werden. Denn darum geht es ja: Niedrigverdiener in Leipzig merken sehr schnell, wie Marktmacht dafür sorgt, dass sie massive Verluste an Lebensqualität hinnehmen müssen.
Die SPD-Fraktion hat sich zumindest Gedanken darüber gemacht, was erst einmal nicht gebaut werden sollte, damit so etwas vor Erlass möglicher Milieuschutzsatzungen nicht passiert: „Der Einbau eines zweiten Bads, der Anbau von Balkonen, das Schaffen von zu Wohnung gehörenden Stellplatzanlagen oder die Umnutzung von Wohnungen in Gewerberäume können Gründe sein, die dazu führen, dass Anträge zunächst zurückgestellt werden, bis über die Satzungen geregelt ist, was in den definierten Bereich möglich ist und was nicht.“
Und wirkliches Neuland ist es ja auch nicht, betont die SPD Fraktion: Sie habe sich bei ihren Vorschlägen an bereits beschlossenen Kriterien aus anderen Städten orientiert.
Was nicht verhindert werden soll, sind dringend notwendige Sanierungen.
„Wir wollen verhindern, dass Maßnahmen, die keine Luxussanierungen sind, sondern beispielsweise dem Erhalt von Wohnhäusern dienen, pauschal zurückgestellt werden, bis Erhaltungssatzungen in Kraft getreten sind. Das würde niemandem helfen“, betont Christopher Zenker.
„Wir sprechen uns trotzdem deutlich für die Einführung von sozialen Erhaltungssatzungen aus und fordern eine Beschlussfassung im Oktober 2019. Für uns ist allerdings ganz klar: Solche Erhaltungssatzungen sind nur ein Baustein, um bezahlbaren Wohnraum in unserer Stadt sichern zu können. Ohne Neubau und hier vor allem ohne sozialen Wohnungsbau werden wir nicht vorankommen. Erhaltungssatzungen schaffen schließlich keinen neuen Wohnraum, sondern verhindern lediglich eine deutliche Verteuerung bestehender Wohnungen. Weitere Maßnahmen müssen kommen. Dazu zählen für uns ein Zweckentfremdungsverbot, eine funktionierende Mietpreisbremse, Kappungsgrenzen und ganz besonders eine starke LWB.“
Milieuschutz in Leipzig: Wenn Politik nicht öffentlich erklärt wird
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Es gibt 2 Kommentare
Naja? SPD halt. Was hat man von denen zu erwarten: Erst schöne Schaufensterreden, dann verzögern, vertrösten und am Ende mit der CDU stimmen…
Sehr geehrter Herr Zenker, sehr geehrte Damen und Herren der SPD Fraktion!
Ich glaube Sie haben das Verfahren nicht verstanden. Worum geht es? Sie als gewählte oder noch gewählte Stadträte der Stadt Leipzig sollen zum Wohle der Stadt und deren Bevölkerung Entscheidungen treffen und diese vorantreiben. Das tun Sie nicht!
Ein ordentliches städtebauliches Planungsvorhaben braucht sicherlich Fachkenntnis und Zeit. Des weiteren ist es immer gut, alle einzubinden die betroffen sind. Genau das sieht der § 3 des BauGB vor. ich darf zitieren: “Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1.”
genau das tut der Aufstellungsbeschluss und nicht mehr.
Das von Ihnen immer mitdiskutierte Verhindern oder Untersagen von Aktivitäten wird hier gar nicht berührt! Aber sie wissen wohl, dass genau dieser Aufstellungsbeschluss Voraussetzung für das geltend machen von §14/15 des BauGB (Veränderungssperre, Zurückstellung) bzw § 33 des BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben) ist. Also diskutieren Sie nicht den Aufstellungsbeschluss, sondern die Möglichkeiten, die sich aus ihm ergeben könnten und vor allem der Bauplanung Zeit und Sicherheit geben könnten. Kein schöner Satz mit diesen Konjunktiven. Was heißt das jetzt für Iheren Vorschlag?
Wir machen nichts, hoffen, dass es doch nicht so schlimm kommt wie es jetzt schon ist und schaun mal wie wir uns im Herbst vertrösten lassen.
BUTTER BEI DIE FISCHE: Sind Sie noch die Legislative die der Exikutive den Weg aufzeigt? Und haben Sie den A….. in der Hose notfalls mit der Judikative Ihren Auftrag der Wähler durchzusetzen? Ja genau den, den Sie schon mit Mehrheit im Stadtrat im Oktober 2018 beschlossen haben. Oder und jetzt wirds … (nein ich lass den Satz mit Nasenring und Manege weg) wieder nichts und die Verwaltung tut nichts oder zu wenig.
In einer Podiumsdiskussion hat der neue Leiter des AWS (formals ASW) bereits eingestanden, nicht genug Kapzität für ein solches Planungsvorhaben wie die Einführung von Sozialen Erhaltungssatzungen nach § 172 BauGB zu haben. Auch die Stellen seien noch nicht ausgeschrieben. In einem persönlichem Gespräch (Dubrau) wurde mir aber schon im Sommer 2018 gesagt: Mit der Umstrukturierung des ASW zum AWS würden diese Stellen geschaffen. “Alles Lüge?”(dies ist ein Zitat; R. Reiser) … also doch nicht.
Hm…. Zurück zum Anfang; Der Aufstellungsbeschluss ist Teil des ordentlichen (bau)planerischen Handeln. Er wird von Verwaltungsjuristen explizit empfohlen (siehe: Typische Verfahrens- und Formfehler bei der Aufstellung von Bauleitplänen (2015); Hansjörg Wuster bzw. Das Fachplanungsrecht in der neuen Rechtsprechung des BVerwG (2007)). Also haben Sie den Mut und die Ehrlichkeit unserer Kommune die Möglichkeit einzuräumen weiterhin einer der gestaltenden Teile der Entwicklung in der Satdtentwicklung und deren Auswirkung auf die Wohnbevölkerung zu sein. Geben Sie nicht ohne Not einen wichtigen Teil Ihrer Befugnis ab. Beschlie0ßen Sie mit den Stadträten anderer Fraktionen den/die Aufstellungsbeschluss/e für begrenzte Teilräume in der Stadt um Zeit und Rechtssicherheit für das planerische Handeln der nächsten Monate zu gewinnen.
Mit fröhlichen Grüßen aus dem Leipziger Osten
stefan lange