Soziales ist irgendwie immer noch Frauensache. Und es waren folgerichtig vor allem Stadträtinnen, die im Januar beantragten, den Fachausschuss Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule aufzuspalten. Denn weil auch das Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule so ein Riesendezernat ist, stapelt sich auch im Ausschuss die Arbeit. Nur der Sport ist in einen eigenen Ausschuss ausgelagert.

Beantragt hatten es die Stadträtinnen Ute Köhler-Siegel (SPD), Margitta Hollick (Linke), Katharina Krefft (Grüne), Naomi-Pia Witte (Freibeuter) und der AfD-Stadtrat Christian Kriegel. Sie reagierten auf die Tatsache, dass sowieso schon ein Sonderausschuss zum Schulbau ausgegründet worden war, ein Ausschuss, der Leipzig noch Jahre begleiten wird, da noch Dutzende weitere Schulen geplant und gebaut werden müssen, um den Bedarf zu decken.

Die Antragsteller fanden deshalb: „Die Themen Soziales und Gesundheit bedürfen in unserer Stadt gleich großer Aufmerksamkeit. Diese geraten wegen der Dominanz der Kapazitätserweiterungen zunehmend in den Hintergrund. Um die Aufgabenbereiche des Sozial- und Gesundheitsamtes gründlich genug beleuchten zu können, ist die Neuordnung der Ausschüsse besonders wichtig. Durch eine Teilung des bestehenden Fachausschusses Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule wird auch eine Ergänzung und Änderung der Hauptsatzung notwendig, die gleich mit beschlossen werden soll.“

Ein paar Monate hat OBM Burkhard Jung jetzt gebraucht, um sich eine Meinung zu bilden. Eigentlich hat er noch gar keine, sondern gesteht in seinem Alternativvorschlag zu, dass vielleicht doch noch ein paar Überlegungen notwendig sind. Deshalb ist sein eigentlicher Alternativvorschlag, die ganze Sache erst einmal zu verschieben. Denn am 26. Mai wird ja ein neuer Stadtrat gewählt, den diese Änderung dann betreffen würde. Es sei wohl besser, dass die dann gewählten Stadträte dazu abstimmen: „Über die Bildung von gegebenenfalls zwei Ausschüssen aus dem jetzigen Fachausschuss Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule entscheidet die Ratsversammlung der VII. Wahlperiode.“

Ansonsten geht der Vorschlag auf die Schwierigkeiten ein, die der Oberbürgermeister bei einer Aufspaltung des Ausschusses sieht. Er macht sich auch Sorgen um die Arbeitslast der gewählten Stadträt/-innen, denn die arbeiten ja nur ehrenamtlich, bekommen für die Sitzungen lediglich eine Aufwandsentschädigung, müssen aber die Sitzungstermine irgendwie neben ihrer hauptberuflichen Arbeit unterbringen.

„Bei der Entscheidung über die Einrichtung weiterer Fachausschüsse sollte mit berücksichtigt werden, dass damit auch von den Fraktionen ein weiteres Gremium zu besetzen ist und die ehrenamtliche Tätigkeit der Stadträtinnen und Stadträte bereits jetzt einen sehr hohen persönlichen Einsatz erforderlich macht“, gesteht der Oberbürgermeister zu. „Auch seitens der Verwaltung würde für die Betreuung eines zusätzlichen Fachausschusses personeller Mehraufwand entstehen.“

Was natürlich eine Frage aufwirft, die immer wieder im Raum steht: Kann es sein, dass auch die wachsende Stadt dazu geführt hat, dass die Arbeitslast des Stadtrates insgesamt gestiegen ist? Mit einigem Recht stöhnen ja mittlerweile schon einige Stadträte darüber, dass kaum noch ein Monat vergeht, in dem nicht allein aufgrund der langen Tagesordnung zwei statt nur einer Ratsversammlung stattfinden. Die Ratsfraktionen müssen also tatsächlich mehr Arbeit ableisten und die Frage steht im Raum, ob diese Arbeit dann wirklich noch komplett ehrenamtlich zu bewältigen ist oder ob sich Leipzig Gedanken darüber machen müsste, das Ehrenamt Stadtrat auch finanziell aufzuwerten.

Was sicher erst einmal eine zweitrangige Frage ist. Denn im Kern zielt der Antrag ja darauf, die Themen Jugend(hilfe) und Schule, die beide für sich professionell bedacht werden müssen, zu trennen. Was einerseits natürlich Mehrarbeit in einem neuen Ausschuss bedeutet (der sich aber in vielem schon mit dem Sonderausschuss zum Schulbau deckt), andererseits die Sitzungsdauer im jetzigen Mega-Ausschuss deutlich verkürzen würde und vor allem auch helfen würde, dass sich Stadträte und Stadträtinnen wieder stärker spezialisieren können. Denn das ist ein ebenso oft gehörter Kritikpunkt, dass die Verwaltung ihre Fachkompetenz auch immer wieder bewusst ausspielt, um durchaus auch überlastete Stadträte zu bestimmten Entscheidungen zu drängen, deren Tragweite sich oft erst später herausstellt.

Und selbst Burkhard Jung hat so eine Ahnung, dass die Entzerrung sogar eine Arbeitserleichterung mit sich bringen könnte: „Abschließend wäre in diesem Zusammenhang zu erwägen, dem Jugendhilfeausschuss vollständig die Beratung der Jugendhilfethemen zu überlassen und so zu einer Entlastung der Vorberatungstätigkeit im Fachausschuss beizutragen.“

Da ist die Empfehlung, diese Entscheidung an den neuen Stadtrat zu delegieren, natürlich nur logisch. Der wird ja nicht ganz unberaten bleiben von der Erfahrung gestandener Stadträtinnen und Stadträte und mit diesem Wissen auch über eine für beide Seiten bessere Lösung diskutieren können. Und da wieder damit zu rechnen ist, dass sich hauptsächlich Stadträtinnen um diese „Frauenthemen“ kümmern, dürfte auch das eine spannende Diskussion werden.

Stadträt/-innen beantragen eine Teilung des Mega-Fachausschusses Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule

Stadträt/-innen beantragen eine Teilung des Mega-Fachausschusses Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule

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