2018 startete der BUND Leipzig sein Projekt Recycling2go, mit dem die Flut der Einweg-Kaffeebecher endlich gestoppt werden soll und stattdessen bei Bäckern und Kioskbetreibern mehrfach verwendbare Kaffeebecher aus Recycling-Material zum Einsatz kommen. Ein Projekt, das erst einmal richtig Arbeit macht, bevor es etabliert ist. Die Grünen beantragten dafür im Dezember eine städtische Förderung. Und waren vom Alternativvorschlag der Verwaltung jetzt, ein halbes Jahr später, etwas enttäuscht.

Sie waren sichtlich überzeugt davon, dass man im Rathaus weiß, was eine Stelle, die so ein Projekt betreut, eigentlich kostet. Doch dass es das Dezernat Umwelt, Ordnung, Sport fertigbringen würde, jetzt nur eine Projektförderung von 5.000 Euro vorzuschlagen, sorgte schon für gelindes Entsetzen. So eine Fördersumme macht nur Sinn, wenn es sich um ein einmaliges Ereignis handelt – ein Fest oder eine Informationsveranstaltung, für die man z. B. einen großen Raum anmieten muss.

Aber nicht, wenn sich beim BUND Leipzig jemand ein ganzes Jahr lang um neue Kooperationspartner bemühen muss, Verhandlungen führen und den Start so organisieren muss, dass er für die Beteiligten möglichst reibungslos läuft. Und etliche Unternehmen müssen dabei einen großen Teil ihrer Logistik umstellen. Dazu braucht es Beratung.

Aber für 5.000 Euro im Jahr, also in einer Art 400-Euro-Stelle? Denkt Leipzigs Stadtverwaltung wirklich so über die Arbeit der Vereine, die sowieso schon den größten Teil ihrer Arbeit ehrenamtlich erledigen?

Just an dem Tag, als die Stellungnahme am 2. Mai bekannt wurde, schrieben die Grünen einen neuen Antrag, in dem sie jetzt die notwendige Summe dafür definierten, was so eine Projektbetreuung eigentlich kostet: 27.300 Euro.

„Gemäß Stadtratsbeschluss zum Antrag ‚Einwegbechern Einhalt gebieten – Leipzig auf den Mehrweg bringen‘ hat die Verwaltung unter großem öffentlichen Interesse im Oktober 2018 die Einführung des Mehrwegbecher-Pfandsystems mit RECUP als Partner gefeiert und den BUND mit der Öffentlichkeitsarbeit zum Projekt beauftragt“, stellt die Grünen-Fraktion in ihrem Antrag fest.

„Die begleitende Öffentlichkeitsarbeit ist personalintensiv und muss weitergefördert werden. Da das Projekt erst nach der Antragsfrist für Fördermittel für Vereine und Verbände begonnen wurde, ist eine nachträgliche Beantragung und Berücksichtigung zu gewähren. Entsprechend des Personalbedarfs soll das Projekt mit Wirksamkeit ab dem 01.01.2019 mit einer Summe von 27.300 EUR gefördert werden. Zielstellung des Projektes ist es, weitere RECUP-Partner zu finden.“

Das Umweltdezernat hat auch versucht zu begründen, warum es eine deutlich niedrigere Summe vorschlägt: „Das Amt für Umweltschutz gibt u. a. Vereinen die Möglichkeit, im Rahmen seiner Fachförderrichtlinie, eine Projektförderung auf Antrag zu erhalten. Nach Eingang der Förderanträge werden diese in den Fachabteilungen geprüft und eingeschätzt, ob die darin aufgezeigten Projekte die Kriterien der Fachförderung des Amtes für Umweltschutz erfüllen. Die Summe der förderfähigen Anträge für das Jahr 2019 übersteigt den im Haushaltsplanentwurf 2019/2020 festgesetzten Ansatz.“

Ob das stimmt, kann nur der zuständige Stadtratsausschuss einschätzen. Entsprechen tatsächlich alle Anträge der Fachförderrichtlinie? Sind sie auch so wirksam wie das Projekt Recycling2go? Welche Prioritäten hat das Amt angelegt? Oder kommt zuerst, wer zuerst Anträge schreibt?

Das Umweltdezernat jedenfalls meint: „Aufgrund der Vielzahl eingegangener Förderanträge für das Jahr 2019, ist es daher nicht möglich, die volle Antragssumme i. H. v. 27.300 Euro zur Verfügung zu stellen. Es wird daher vorgeschlagen, eine Projektförderung i. H. v. 5.000,00 Euro (analog zur Projektförderung 2018) zu gewährleisten.“

Aber 2018 ist das Projekt erst gestartet, hat der BUND Leipzig auch personell erst einmal vorinvestiert. Wobei solche Initiativen eigentlich sogar im Umweltdezernat angesiedelt sein müssten, wenn die Stadt wirklich dahintersteht.

Und dass sie eigentlich dahintersteht, betont das Umweltdezernat in einem eigenen Vorschlag, der dem Problem noch ganz anders zu Leibe rückt: „Am 27.03.2019 hat sich das Europaparlament auf ein Plastik-Verbot geeinigt. Ab dem Jahr 2021 sollen Produkte wie etwa Trinkhalme, Geschirr oder Wattestäbchen nicht mehr verkauft werden dürfen. Nicht ausdrücklich erwähnt sind in der Richtlinie Trinkbecher. Die Richtlinie zu Einwegkunststoffen bedarf noch der Umsetzung in nationales Recht. Der Oberbürgermeister wird durch den Stadtrat beauftragt, über den Deutschen Städtetag, ein Verbot bzw. die Besteuerung von Einweggeschirr zu initiieren.“

Das wäre dann wirklich konsequent, würde die Anbieter von „Coffee to go“ aber zwingen, selbst neue Lösungen für den Kaffeeausschank zu finden. Und ob und wann das Verbot von Einweggeschirr in Deutschland greift, ist auch noch offen. Die aktuelle Regierung befleißigt sich ja nicht wirklich, wichtige Umweltgesetzgebungen der EU baldigst in deutsches Recht umzusetzen.

Das Leipziger Umweltdezernat warnt jetzt gar vor zu viel Initiative: „Die hygienischen Anforderungen an das gewerbsmäßige Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von Lebensmitteln werden in den Vorschriften der bundeseinheitlichen Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) geregelt. Danach muss jegliche nachteilige Beeinflussung von Lebensmitteln, die an andere Verbraucher abgegeben werden, ausgeschlossen sein. Hierfür trägt der Lebensmittelunternehmer nach VO (EG) Nr. 852/2004 (Lebensmittelhygiene) die Hauptverantwortung.“

Mischt sich hier der BUND also wieder in Dinge ein, die sowieso „der Markt“ besser regelt?

So klingt das jedenfalls.

Übrig bleibt der Verwaltungsvorschlag: „Der Oberbürgermeister wird durch den Stadtrat beauftragt, über den Deutschen Städtetag, ein Verbot bzw. die Besteuerung von Einweggeschirr zu initiieren.“

Recycling2go: Täglich 600 Wegwerfbecher weniger

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