Wie mühsam es ist, der dauerregierenden CDU in Dresden auch nur das kleinste Zugeständnis an eine auseinanderdriftende Wirklichkeit abzuringen, das machte schon am 7. November die Wortmeldung von Albrecht Pallas, Sprecher für Wohnungsbau und Stadtentwicklung der SPD-Fraktion im Sächsischen Landtag, deutlich. An diesem Tag gab es die Debatte zum Antrag der Fraktionen CDU und SPD zum Thema „Sächsische Bau- und Wohnungspolitik nach dem Wohnungsgipfel – bezahlbaren Wohnraum schaffen in Stadt und Land“. Und auch zur Mietpreisbremse.
„In meinem persönlichen Umfeld bekomme ich die ganze Bandbreite des angespannten Wohnungsmarktes mit“, beschrieb Albrecht Pallas die Folgen steigender Mieten und eines enger gewordenen Wohnungsmarktes aus seiner eigenen Erfahrung. „Menschen mit schmalem Einkommen, die aus ihrer eigentlich bezahlbaren Altbauwohnung herausmodernisiert werden; Menschen, die nach zwei Mieterhöhungen in nur einem Jahr durch ihren Vermieter Angst haben, dass es so weitergeht; ältere Menschen, die in eine kleinere Wohnung umziehen wollen, für die aber kleinere Wohnungen viel zu teuer sind. Für die SPD gilt: Wohnen muss auch für die Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen bezahlbar bleiben. Niemand soll mehr als ein Drittel seines Nettoeinkommens allein fürs Wohnen ausgeben müssen. Das gilt für das Land genauso wie für die großen Städte.“
Leipzigs Statistiker haben zwar auf Grundlage der Bürgerumfrage 2017 vorgerechnet, dass die durchschnittliche Mietbelastung in Leipzig aufgrund wachsender Vollbeschäftigung sogar gesunken ist und nur 30 Prozent beträgt. Aber die Bürgerumfrage 2017 machte auch sichtbar, dass es einen gewaltigen Unterschied macht, ob jemand zu den Gutverdienern in Leipzig gehört und dann nur 16 bis 23 Prozent seines Einkommens fürs Wohnen ausgeben muss, oder ob er zu den schlecht bezahlten Menschen im unteren Drittel gehört, wo durchschnittlich 45 Prozent des Einkommens für die Bruttomiete fällig werden.
Oder einmal so formuliert: Unter den eng und teuer werdenden Wohnungsmieten leidet immer wieder dieselbe Gruppe der Bevölkerung mit niedrigem Einkommen. Und weit und breit ist keine politische Initiative in Sicht, die das ändert.
Auch wenn Pallas betont, dass die SPD in der Bundesregierung wie in Sachsen gleichermaßen dafür kämpfe. Warum steht das dann auf keinem SPD-Wahlplakat: „Bezahlbare Wohnungen für alle!“?
Der Wohnungsgipfel in Berlin am 21. September hatte für die Debatte schon ein paar Impulse gesetzt. Mieter sollen vor zu starken Mieterhöhungen geschützt und Geringverdiener bei den Wohnkosten stärker entlastet werden, fasste es Pallas zusammen.
„Der SPD ist es seit jeher ein wichtiges Anliegen, dass verschiedene soziale Gruppen zusammen wohnen bleiben. Der Arbeiter soll neben dem Hochschullehrer wohnen können“, so Pallas.
Auf dem Wohngipfel der Bundesregierung wurde aber auch besprochen, wie Kommunen künftig schneller Bauland ausweisen und es nachhaltig und ökologisch entwickeln können. Sowie die Frage, wie die Baukosten beherrschbar bleiben und zugleich die ambitionierten Energie- und Klimaziele erreicht werden können.
„Für Sachsen heißt das: Wir müssen die Entwicklung im gesamten Bundesland betrachten. Die verschiedenen regionalen Wohnungsmärkte unterscheiden sich ganz stark. So haben vor allem Leipzig und Dresden einen noch immer ungebremsten Zuzug. Kleinere Städte in Ballungszentren erleben derzeit Entwicklungen wie in Großstädten. Andere Klein- und Mittelstädte und ländliche Regionen haben mit vielen Wegzügen zu kämpfen“, zählte Pallas auf.
„Wenn wir uns die Frage stellen, wie wir es schaffen, dass weniger junge Menschen aus diesen Regionen wegziehen und wieder mehr nach ihrer Ausbildung oder ihrem Studium zurück in ihre Heimat kommen, dann wird klar: Die Frage des Wohnraums ist zur zentralen sozialen Herausforderung unserer Zeit geworden.“
Und vorsichtig kritisierte er die falsch gewichtete Wohnungsförderpolitik von Innenminister Roland Wöller (CDU). Denn dessen Ministerium verteilt die vom Bund bereitgestellten Wohnbaufördermittel. Aber eben sehr bürokratisch und nach wie vor vor allem für Besserverdiener.
„Eigenheime können nicht länger ausschließlich staatlich gefördert werden. Auf dem Land haben viele Kommunen mit hohem Leerstand bei unsanierten Wohnungen zu tun. Würden die hochwertig saniert, könnten sich viele diese nicht mehr leisten“, sagte Pallas. „In den Ballungszentren steigen die Mieten sehr schnell. Bestandsmieten sind bereits begrenzt. Die Teuerung kommt aber durch Neuvertragsmieten zustande. Aus Sicht der SPD ist es darum dringend geboten, dass die Staatsregierung für Dresden und Leipzig die Mietpreisbremse einführt.“
Passiert ist das bis heute nicht. Die SPD arbeitet sich bei diesem Thema sichtlich erfolglos am Koalitionspartner ab.
„Zusätzlich geht es vor allem darum, bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Der Markt regelt das nicht allein, hier muss der Staat eingreifen“, forderte Pallas auch eine andere Politik bei der Wohnbauförderung. „In der Regierung haben wir den sozialen Wohnungsbau wieder eingeführt, mit jährlich je 20 Millionen Euro, die nach Dresden und Leipzig fließen. Bisher profitieren davon aber nur Sozialleistungsempfänger. Deshalb fordert die SPD, diese Programme dringend auch für Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen zu öffnen.“
Am Mittwoch, 23. Januar, veröffentlichte PISA Immobilienmanagement nun die neueste umfassende Studie zu den Leipziger Angebotsmieten und bestätigte einmal mehr genau diesen Trend: Für gut situierte Mieter hat sich der Wohnungsmarkt in Leipzig längst entspannt. Wer 8 bis 12 Euro Kaltmiete zahlen kann, hat ein wachsendes Angebot neu gebauter und sanierter Wohnungen zur Auswahl. Dafür gibt es kaum noch Angebote unter 6 Euro je Quadratmeter, das Segment, um das sich die Haushalte mit niedrigen Einkommen genauso bewerben wie die mit mittleren – heißt normalen – Einkommen.
Eine Entwicklung, die Henrik Fischer, Sprecher für Stadtentwicklung & Umwelt der SPD Leipzig, zum Anlass nimmt, endlich die Einführung der Mietpreisbremse für Leipzig zu fordern.
„Immer wieder zeigen uns Studien, dass die Mieten in Leipzig rasant steigen, vor allem wenn Wohnungen neu vermietet werden. Das merken besonders die Leipziger, die eine neue Wohnung suchen, zum Beispiel um Platz für die wachsende Familie zu haben oder um im Alter in einer barrierefreien Wohnung leben zu können. Wer umzieht, zahlt häufig wesentlich mehr als vorher und auch wesentlich mehr als die Nachbarn. Neuvermietungen liegen oft deutlich über den durchschnittlichen Mieten. Die hohen Mieten treiben die Preisspirale auf dem Wohnungsmarkt zusätzlich an. Damit muss Schluss sein!“, sagt Fischer.
„Gegen steigende Mieten bei der Neuvermietung schützt die Mietpreisbremse, die die SPD im Bund gegen die CDU durchgesetzt und gerade verschärft hat. Sie gilt aber nur in Gebieten, die das sächsische Innenministerium als angespannte Wohnungsmärkte ausweist.“
Nur den zuständigen Innenminister scheint das nicht zu tangieren. Obwohl die Verengung des bezahlbaren Wohnungsmarktes in Leipzig schon seit drei Jahren zu beobachten ist.
„In Leipzig haben wir immer mehr angespannte Wohnungsmärkte, nur bis ins CDU-geführte Innenministerium scheint sich das nicht herumgesprochen zu haben. Ich fordere Herrn Wöller und die sächsische CDU auf, die Realität in Leipzig zur Kenntnis zu nehmen und die Mietpreisbremse unverzüglich zu aktivieren. Die jahrelange Blockadehaltung hat schon viele Menschen aus ihren Stadtvierteln vertrieben, damit muss Schluss sein. Leipzig braucht endlich die Mietpreisbremse!“, sagt Henrik Fischer.
„Die SPD nimmt es nicht hin, dass immer mehr Viertel für immer mehr Einkommensgruppen überhaupt nicht mehr bezahlbar sind. Wir arbeiten für eine durchmischte Stadt, die sich alle leisten können. Wir haben in den letzten Jahren schon viel bewegt: in Leipzig baut die LWB auf unsere Initiative hin bis 2026 tausende neue Wohnungen, in Sachsen stehen endlich wieder Mittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung und im Bund gibt es eine Mietpreisbremse, die nun gerade noch einmal verschärft wurde.“
SPD-Fraktion hält die Wohnungspolitik der Leipziger Stadtverwaltung für viel zu zaghaft
SPD-Fraktion hält die Wohnungspolitik der Leipziger Stadtverwaltung für viel zu zaghaft
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