Zur Stadtratssitzung am 23. Januar kam auch der SPD-Antrag zum Quartiersparken zur Abstimmung. SPD-Stadtrat Axel Dyck untermauerte den Antrag noch einmal eindrucksvoll mit Zahlen. Immer mehr Pkw stehen in der Stadt, auch immer mehr Gewerbetreibende stellen ihr Fahrzeug im Straßenraum ab. Höchste Zeit also, so fand die SPD-Fraktion, in Vierteln mit hohem Parkdruck jetzt generell Quartiersparken und Parkraumbewirtschaftung möglich zu machen.

Fast eine kleine Anekdote war dann die kurze Rede von FDP-Stadtrat Sven Morlok, der darauf hinwies, dass der SPD-Antrag eigentlich schon von der Zeit überholt sei. „Im Waldstraßenviertel sind wir schon ein ganzes Stück weiter.“

Aber das lag schlicht daran, dass die SPD ihren Antrag schon im Juni 2018 gestellt hatte. Die Stadt formulierte ihren Alternativvorschlag dazu im Oktober. Da war also schon mal ein halbes Jahr drüber hingegangen, bis er endlich in die Ratsversammlung kam.

Der Ursprungsantrag der SPD-Fraktion:

„Die Stadtverwaltung wird beauftragt, für Viertel mit hohem Parkdruck die Einführung von Quartiersparken und Parkraumbewirtschaftung zu prüfen und dem Stadtrat bis zum Ende des 4. Quartals 2018 entsprechende Umsetzungsvorschläge zu unterbreiten. Dabei sollen innovative (bspw. Parkscheinautomaten, mit Ladefunktion für Elektroautos) und digitale Lösungen geprüft werden, um entweder den Investitionsaufwand zu reduzieren oder zumindest den Nutzwert solcher Anlagen zu erhöhen. Weiterer Bestandteil der Prüfung soll sein, welche Ausnahmeregelungen für Gewerbetreibende (bspw. Handwerksbetriebe und Pflegedienste) getroffen werden können, um diese, während sie in den entsprechenden Vierteln ihrer Arbeit nachgehen, nicht mit zusätzlichen Parkkosten zu belasten.“

Als Alternative hatte die Verwaltung zwei eigene Beschlusspunkte formuliert:

„1. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die Prüfung und Umsetzung zu der Frage weiter zu betreiben, in welchen Vierteln der Stadt sukzessive Quartiersparken eingeführt wird. Innovative und digitale Lösungen werden dabei mit geprüft. Die Verwaltung berichtet dem Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau einmal jährlich über den Arbeits- und Umsetzungsstand.

2. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich in Abstimmung mit weiteren sächsischen Großstädten gegenüber der Sächsischen Staatsregierung dafür einzusetzen, dass für Sachsen eine Rechtsverordnung zur generellen Befreiung von Nutzergruppen des gewerblichen Bereiches geschaffen wird.“

Axel Dyck hielt dann zwar am 23. Januar noch einmal ein zahlengespicktes Plädoyer, aber da die SPD-Fraktion den Verwaltungsvorschlag gut fand, warb er dafür, dem Verwaltungsvorschlag zuzustimmen. Mit einer Zusatznotiz, dass die Verwaltung noch vor Ende 2019 einen Bericht zur Umsetzung vorlegt.

Denn die Stadt hatte sich Zeit zum prüfen auserbeten.

„Eine Unterbreitung der gewünschten Umsetzungsvorschläge für alle Viertel mit hohem Parkdruck ist deshalb nur sukzessive und nicht bis zum Ende des 4. Quartals 2018 möglich“, schrieb das Dezernat Stadtentwicklung und Bau. „Die Verwaltung schlägt als praktischen Weg vor, dem Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau jährlich über den Arbeitsstand zu berichten, wobei die gebietskonkrete Umsetzung immer auf einem entsprechenden Ratsbeschluss basieren soll. Der Einsatz innovativer und digitaler Lösungen ist Teil der dann umzusetzenden konkreten technischen Maßnahmen und wird entsprechend mit bearbeitet und geprüft.“

So lange, wie allein die Willensbildung gedauert hatte, war das 4. Quartal 2018 wirklich nicht zu schaffen.

Axel Dyck (SPD) am 23. Januar 2019 zur Parkraumbewirtschaftung in Leipzig. Foto: L-IZ.de
Axel Dyck (SPD) am 23. Januar 2019 zur Parkraumbewirtschaftung in Leipzig. Foto: L-IZ.de

Die kurze Rede von Axel Dyck:

„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Stadträte, liebe Gäste!

Mit unserem Antrag soll das Thema Parken in dichten Wohnvierteln noch stärker in den Fokus des Verwaltungshandelns aber auch der Öffentlichkeit gerückt werden.

Parken oder wie häufig euphemistisch umschrieben wird – „ruhender Verkehr“ geht die gesamte Stadtgesellschaft an.

Parken ist nicht nur Teil des Verkehrs sondern tangiert ganz nah die Fragen der Nutzung des öffentlichen Raums weil hier Flächenkonkurrenzen bestehen und es ist damit ein Zukunftsthema.

Nicht umsonst ist ein Diskussionspunkt der morgigen Expertenrunde „Mobilität der Zukunft 2030“ der Plattform Urbane Mobilität beschrieben mit: Wie wollen wir mit den öffentlichen Flächen umgehen, um 2030 mehr Lebensqualität in der Stadt ohne Verlust ihrer mobilen Funktionalität zu erreichen?

Nur wenige Zahlen: In Leipzig waren 2017 224.000, davon 198.000 private PKW zugelassen, zwischen 2013 und 2017 nahm der private Bestand um 8.100 zu, gespiegelt zum Bevölkerungswachstum sank pro 1.000 Einwohner der Bestand leicht um 5 % von 352 auf 336 – immerhin!

Der Parkdruck nimmt also zu, nicht verschwiegen werden soll, dass auch ein Teil der Firmen und der Selbstständigen ihre PKW-Flotte im öffentlichen Raum unentgeltlich parken und damit einen nicht zu vernachlässigenden betriebswirtschaftlichen Vorteil erlangen.

Schon allein mit diesen wenigen Zahlen wird deutlich, dass allein der weiter wachsende PKW Bestand und auch die zunehmende Größe der Fahrzeuge ursächlich für den Parkdruck in den Wohngebieten sind. Gleichzeitig verschwinden sonstige Flächen und Brachen, weil diese bebaut werden und zusätzlich notwendige Parkflächen generieren.

Welche Auswirkungen die gerade im Beteiligungsverfahren befindliche Änderung in der gesetzlichen Stellplatzpflicht nach sich zieht, steht auch noch nicht fest.

Zum Schluss – Sie sehen, die auch von einige Stadträten kritisierten Baumpflanzungen im Straßenraum sind nicht das Problem, im Gegenteil sie sind Teil der Lösung. Erst wenn klar wird, dass es kein verbrieftes Recht auf eine kostenfreie Nutzung des öffentlichen Raums gibt, wohl aber ein Recht auf eine saubere Stadtluft, werden vielleicht Lösungsansätze zur Problemsituation vorurteilsfrei diskutiert werden können.

Wir stellen den VSP zur Abstimmung mit der Bitte um Protokollnotiz, bereits Ende des Jahres einen ersten Bericht zum Arbeits- und Umsetzungsstand vorzulegen.“

Die Debatte am 23. Januar 2019 im Stadtrat Leipzig

Video: Livestream der Stadt Leipzig

***

Das Waldstraßenviertel kennt jetzt schon so eine Parkraumbewirtschaftung. Mit dem Beschluss des Antrags können jetzt weitere Wohnviertel mit hohem Parkdruck folgen.

CDU-Stadträtin Sabine Heymann forderte dann noch die Einzelabstimmung der beiden Punkte aus dem Verwaltungsvorschlag. Aber beide wurden vom Stadtrat mit großer Mehrheit angenommen. Der zweite Punkt sogar noch mit größerer Mehrheit als der erste: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, sich in Abstimmung mit weiteren sächsischen Großstädten gegenüber der Sächsischen Staatsregierung dafür einzusetzen, dass für Sachsen eine Rechtsverordnung zur generellen Befreiung von Nutzergruppen des gewerblichen Bereiches geschaffen wird.“

Was eben bedeutet: Leipzig wird jetzt noch weitere Ortsteile prüfen, ob dort Quartiersparken und/oder Parkraumbewirtschaftung aufgrund des hohen Parkdrucks möglich ist. Und wenn Burkhard Jung in Dresden Gehör finden sollte, könnte es irgendwann in nächster Zeit auch noch eine ordentliche Rechtsverordnung geben, die die Handlungsräume der Städte besser definiert. Aber so zerstritten, wie die Staatsregierung derzeit ist, dürfte das wohl frühestens von der nächsten Landesregierung zu erwarten sein.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Ralf Julke über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar