Sicher ist vor der Beschlussfassung durch die Stadträte in der Ratsversammlung am 30. Januar 2019 noch gar nichts. Aber deutbare Signale gibt es bereits für die über 200 Vereine, die sich in Leipzig unter teils selbstausbeuterischen Bedingungen um die freie Kinder-, Jugend- und Familienhilfe kümmern. Am 12. Januar trat in interner Sitzung der erweiterte Fachausschuss Finanzen laut Auskunft der Stadt „in einer fast achtstündigen Mammutsitzung“ zusammen, um die Änderungsanträge und Bürgereinwendungen zum Doppelhaushalt für die Jahre 2019 und 2020 vorzuberaten. Darunter ein Antrag dreier Fraktionen, den Zuschuss in der Jugendhilfe Leipzig um jährliche 3 und 3,5 Millionen Euro für 2018/19 zu erhöhen.

Für die Vereine, welche bislang Fördergelder der Stadt erhielten, sieht es nach L-IZ-Informationen nach einem Aufatmen aus. Aus Stadtratskreisen heißt es zur Sitzung vom 12. Januar 2019, die drei beantragenden Fraktionen hätten zusammengehalten. Was nichts anderes bedeuten dürfte, dass die Erhöhungen antragsgemäß kommen sollen, auch aus CDU-Kreisen hatte es schon im Dezember 2018 positive Signale gegeben.

Ein weiteres Zeichen neben der sich abzeichnenden Mehrheit aus Linken, Grünen und SPD: Finanzbürgermeister Torsten Bonew teilte am 13. Januar 2019 nach der Finanz-Sitzung mit: „In der Vielschichtigkeit der mehr als 700 zu beratenden Anträge und Bürgereinwendungen spiegelt sich die Komplexität der wachsenden Stadt Leipzig wider. Dabei sticht insbesondere der Bereich Kinder und Bildung als eine der bedeutendsten Herausforderungen hervor. So konnte mit Blick auf die Förderung der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe ein breiter Konsens über die weitere Erhöhung der Mittel erzielt werden.“

Nach L-IZ-Informationen ist ein Wermutstropfen dabei: neue Anträge von neuen Vereinen und Initiativen werden wohl dennoch nicht berücksichtigt werden können – angesichts der gestiegenen Anforderungen der bisherigen Betreuungsangebote ist die Decke dafür zu kurz. Für die anderen Vereine ist es wohl eher eine Art Ausgleich für deutlich angewachsene Kosten.

Hintergrund der Erhöhungsnöte bei den bislang geförderten Vereinen waren neben steigenden Betriebskosten (Strom, Mieten etc.) und einer wachsenden Stadt mit mehr Kindern in der Betreuung auch die neue Fachförderrichtlinie. Diese legte bereits 2018 durch einen Stadtratsbeschluss fest, dass viele Vereine mehr Personal brauchen würden. Und das vorhandene Personal gerechter entlohnen sollen. Alles, um ihren Betreuungsaufgaben weiterhin nachkommen zu können.

Woraufhin die 216 (neuen und bereits bestehenden) Vereine zusammenrechneten und auf eine Antragssumme von 16.950.924,71 Euro für 2019 kamen. Ein gehöriger Sprung von über 5,3 Millionen Euro gegenüber 2018 (11,636 Millionen Euro) der jedoch den realen Bedarf der Vereine deutlich machte.

Tumultartige Szenen in der oberen Wandelhalle vor dem Stadtrat am 12. Dezember 2018. Foto: SALE – Soziale Arbeit LEipzig

Verwirrungen gab es danach genügend. Als Reaktion war im Dezember 2018 sogar von Schließungen die Rede, unter anderem das Theatrium in Grünau war davon bedroht, auch in der Villa Leipzig wurden alle drei maßgeblichen Projekte vorerst abschlägig beschieden. Eine regelrechte „Streichliste“ machte die Runde, auch das Haus Steinstraße oder der offene Jugendtreff des Geyserhauses sowie offene Schultreffs und weitere Vereine waren davon betroffen.

In der Folge starteten die Vereine Petitionen und Hilfeaufrufe, am 12.12.2018 kam es zu regelrechten Tumultszenen vor dem Ratssaal, gellender Pfeifenlärm empfing die Stadträte zur letzten Sitzung des Jahres. Lesen Sie dazu den Hintergrundartikel der LEIPZIGER ZEITUNG auf L-IZ.de (Abonnenten)

Auch am 30. Januar 2019 wird erneut eine Demonstration vor der Sitzung des Stadtrates erwartet. Glauben dürften es die Vereine nach dem Theater im vergangenen Jahr wohl erst, wenn der Beschluss wirklich durch den Stadtrat gegangen ist. Probleme haben viele Vereine dennoch: Da bis zur Ausreichung der Mittel zwei bis drei Monate ins Land gehen werden, ist der Jahresstart an vielen Stellen weiterhin schwierig. Die bis dahin fließenden Abschläge decken oft nicht mehr als 35-45 Prozent der eigentlichen Kosten, da diese so stark gestiegen sind.

Torsten Bonew und Burkhard Jung bei der ersten Vorstellung des Doppelhaushalts. Foto: Ralf Julke
Torsten Bonew und Burkhard Jung bei der ersten Vorstellung des Doppelhaushalts. Foto: Ralf Julke

Weitere Änderungen bei Schulsanierungen und Neubau

Einen wichtigen Punkt konnte der erweiterte Finanzausschuss bei der Bearbeitung von rund 700 Einzelanträgen zum Haushalt jedoch noch nicht so richtig greifen. Die Vorberatungen zu den Geldern für den Bau und die Sanierung von Schulen mussten vertagt werden. Da, so Finanzdezernent Torsten Bonew, „zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch keine finale Klarheit über den Umfang und die Kriterien des vom Freistaat Sachsen beschlossenen Sonderförderprogramms für die kreisfreien Städte besteht.“

Nun hofft man, dass sich die fehlenden Informationen bis zum Vorschlag der Stadtspitze an den nächsten Finanzausschuss am 21. Januar einfinden werden. „Bis dahin wissen wir hoffentlich auch mehr über die Schulbaumittel des Freistaats”, so Bonew abschließend. Bei diesen steht seit dieser Woche die Information im Raum, dass der Freistaat Sachsen den Zuschuss für die Kommune erhöhen wird, ohne dass der Eigenmittelanteil der Stadt Leipzig weiter steigen soll.

Apropos steigen: der Gesamtetat der Stadt Leipzig wird im Jahr 2019 den Etat von 2018 um runde 600 Millionen übersteigen und auf rund 2 Milliarden Euro pro Jahr anwachsen. Steigende Gewerbeeinnahmen, das Wachstumsplus der Bewohner und gestiegene Geburtenraten spielen dabei ebenso eine treibende Rolle wie diverse Investitionsstaus beim sozialen Wohnungsbau, dem ÖPNV und eben bei den Schulen in der Stadt.

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Beschissene Weihnachten: Chaos in der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe Leipzigs

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