Am 20. Dezember stellte der Bundesgerichtshof etwas klar, was viele Herausgeber von Amtsblättern in Deutschland in den letzten Jahren zusehends vergessen haben: Amtsblätter sind ausschließlich dazu da, die Bürger mit amtlichen Informationen und Bekanntmachungen zu versorgen. Sie dürfen nicht wie eine richtige Zeitung aussehen und versuchen, als presseähnliches Erzeugnis mit anderen Zeitungen zu konkurrieren. Ein Thema, mit dem sich jetzt auch Leipzigs Verwaltung beschäftigen muss.

Und zwar nicht nur in Bezug auf das kostenlos verteilte oder im Abo verschickte Amtsblatt, das in den letzten Jahren immer mehr anmutete wie ein Anzeigenblatt mit redaktionellem Aufmacher. Es wird auch die Frage tangiert: Was treibt die Stadt eigentlich auf ihrem offiziellen Account leipzig.de, der ja ebenfalls längst so aussieht, als versuche die Stadt hier eine Art Anzeigen-Blatt darzustellen, bei dem die eigentlichen amtlichen Informationen eher nicht die Hauptrolle spielen.

Zumindest in der Freibeuterfraktion nimmt man das Thema jetzt ernst. Denn das Urteil des Gerichts bestätigt eindeutig, dass Kommunen auf dem freien Medienmarkt nichts zu suchen haben und dass sie ihre amtlichen Nachrichten nicht durch redaktionelle Aufmachung „aufpeppen“ dürfen.

Oder mit den Worten des Bundesgerichtshofs: „Danach müssen staatliche Publikationen eindeutig – auch hinsichtlich Illustration und Layout – als solche erkennbar sein und sich auf Sachinformationen beschränken. Inhaltlich auf jeden Fall zulässig sind die Veröffentlichung amtlicher Mitteilungen sowie die Unterrichtung über Vorhaben der Kommunalverwaltung und des Gemeinderats. Unzulässig ist eine pressemäßige Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben in der Gemeinde; dieser Bereich ist originäre Aufgabe der lokalen Presse und nicht des Staates.“

In der Freibeuterfraktion hat man das recht genau gelesen: „Gemäß eines Urteils des Bundesgerichtshofs (BGH) darf ein kostenlos verteiltes Amtsblatt lediglich amtliche Mitteilungen sowie Mitteilungen zu Vorhaben der Kommunalverwaltung und des Rates, jedoch keine presseähnliche Berichterstattung über das gesellschaftliche Leben enthalten. Letzteres sei Aufgabe der lokalen Presse.“

Aber die Stadt hat bislang nicht reagiert auf das Urteil, gegenüber L-IZ.de hieß es Ende 2018, man wolle noch die Urteilsbegründung abwarten. Also hat die Freibeuterfraktion ein paar Fragen formuliert, die sie in der Ratsversammlung am 23. Januar öffentlich beantwortet bekommen möchte.

Die Fragen lauten:

„Wie hoch ist der Anteil redaktioneller Berichterstattung im Leipziger Amtsblatt?

Wie werden sich der Umfang des Amtsblattes und die Produktionskosten entwickeln?

Wie viele VZÄ sind (in Summe) mit redaktionellen Arbeiten i. S. d. Urteils beschäftigt? Wie werden die frei werdenden Kapazitäten zukünftig genutzt?

Wie wird die Stadtverwaltung zukünftig eine Berichterstattung in ähnlichem Umfang und vergleichbarer Breite in privaten Medien oder Körperschaften öffentlichen Rechts sicherstellen? Wird dabei auch auf Stadtteilmedien wie hyperlokale Blogs gesetzt werden?

In welchem Umfang sind nach Einschätzung des Oberbürgermeisters von dem Urteil auch andere stadteigene Informationskanäle (bspw. leipzig.de) betroffen?

Mit welchem Einfluss auf die Höhe der Werbeeinnahmen ist nach Anpassung des Amtsblattes zu rechnen?“

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Das Leipziger Amtsblatt wird ja über einen Drittanbieter auch noch als Werbemedium vermarktet. Und es versucht mit redaktioneller Aufmachung – genauso wie die Homepage der Stadt – mehr „Reichweite“ zu erzielen. Auch dort vor allem deshalb, um mehr Werbekunden für die Seite zu finden. Was eindeutig auf Kosten der Übersichtlichkeit und der Zugänglichkeit wirklich relevanter Informationen für den Bürger geht.

Hinweis der Redaktion: Wir haben bei der Beschreibung der Publikationen der Stadt Leipzig das Wort “Boulevard-Blatt” in “Anzeigen-Blatt” geeändert.

Nach BGH-Urteil: Muss die Stadtverwaltung Leipzig das Amtsblatt neu konzipieren?

Nach BGH-Urteil: Muss die Stadtverwaltung Leipzig das Amtsblatt neu konzipieren?

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