Parallel zur Vorstellung des Berichts der Enquete-Kommission zur „Qualität in der Pflege älterer Menschen“ hat sich am Mittwoch der Stadtrat mit dem drängenden Thema befasst. In der Kommunalen Bürgerumfrage 2017 war die Zufriedenheit der Leipziger mit der Versorgung von Alten- und Pflegeheimen von 33 auf 21 Prozent zurückgegangen.
Ausgangspunkt der überraschend kurzen Diskussion war ein Antrag der Grünen-Fraktion, mit dem die Stadt zur Erarbeitung eines Grundsatzprogramms bis Ende 2019 verpflichtet werden sollte. Zugleich sollte die Kommune in einer fortlaufenden, quartiersorientierten Pflegeangebotsanalyse die Stärken und Schwächen stationärer und ambulanter Über- und Unterversorgung im jeweiligen Sozialraum benennen. Vorgesehen war außerdem der Ausbau des städtischen Pflegenetzwerks zu einer Informations- und Arbeitsplattform. OBM Burkhard Jung (SPD) sollte zusätzlich beauftragt werden, sich bei der Landesregierung für ein Landespflegegesetz einzusetzen.
Die Verwaltung erkannte im Vorfeld keinen Bedarf für ein neues Pflegekonzept. Im Verwaltungsstandpunkt schlug die Kommune alternativ vor, die Stadt schöpfe an der künftigen Gestaltung der Pflegelandschaft in Leipzig mit und wirke auf die Berücksichtigung der Belange vor Ort hin. „Diese Aussage impliziert, wir geben uns mit diesen Möglichkeiten zufrieden“, beklagte Gesine Märtens (Grüne). „Das Land hat mit seiner Pflegepolitik versagt.“ Dafür sprächen insbesondere die rund 100 Seiten an Empfehlungen in dem Bericht der Enquete-Kommission. „Sie überlassen die Pflege dem Markt und kalkulieren damit Marktversagen mit ein“, warf die Grünen-Stadträtin in emotionalem Tonfall der Verwaltung vor.
Den schärfsten Gegenwind erntete Märtens aus den Reihen der Union. CDU-Stadträtin Jessica Heller, selbst gelernte Pflegekraft, räumte zwar Versäumnisse der Landespolitik ein. „Wir müssen für die Pflege einen breiten Konsens in der Politik finden.“ Die Studentin kritisierte jedoch, dass die Grünen nicht den Bericht der Enquete-Kommission abgewartet hätten. „Das heute auf Antrag der Grünen zu beschließen, ist für mich reiner Wahlkampf.“ Eigentlich habe sich die Union in der Abstimmung enthalten wollen. „Nach der Rede von Frau Dr. Märtens werden wir dagegen stimmen.“
„Wir haben im Seniorenbeirat viel über den Antrag gesprochen, und wir sind uns im Klaren, dass der Antrag in seiner jetzigen Form nicht zustimmungsbedürftig ist“, berichtete Claus Müller (SPD). Naomi-Pia Witte ergänzte: „Der Verwaltungsstandpunkt ist eine tragbare Lösung.“ Während dieser in der anschließenden Abstimmung eine Mehrheit fand, fiel der Vorstoß der Grünen bei den übrigen Stadträten mehrheitlich durch.
Die Debatte am 23. Januar 2019 im Stadtrat Leipzig
Quelle: Livestream der Stadt Leipzig
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