Leipziger 1-Euro-Jobber sollen künftig eine höhere Aufwandsentschädigung erhalten. Der Stadtrat beschloss am Mittwoch mit den Stimmen von CDU und Linke, OBM Burkhard Jung (SPD) solle sich in der Trägerversammlung des Jobcenters für eine Anhebung des Stundensatzes von 1,50 Euro auf 2 Euro einzusetzen.
„Wir wollen den Menschen unter die Arme greifen, die willens sind, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren“, begründete Michael Weickert (CDU) die Initiative. „Wenn wir die Arbeitsmaßnahmen attraktiver machen, führen wir langfristig in den Arbeitsmarkt zurück. Davon profitieren wir alle.“
Die Sozialpolitikerin Naomi-Pia Witte (Freibeuter) vertrat erwartungsgemäß einen konträren Standpunkt. „Ich werde nicht müde, mich auch an dieser Stelle gegen diese Arbeitsmarktmaßnahmen auszusprechen.“ Es sei ein weit verbreiteter Irrtum, dass diese Arbeitsmarktmaßnahmen die Arbeitnehmer dem ersten Arbeitsmarkt näherbringen. Sie würden die Betroffenen vielmehr weiter von einer bezahlten Beschäftigung entfernen.
„Wenn schon, dann sollten wir Geld ausgeben für Maßnahmen, die die Leute in den ersten Arbeitsmarkt bringen“, plädierte Witte. Bei den Arbeitsmarktmaßnahmen gehe es nicht um die Menschen, sondern die Statistik.
„Es ist schon sehr eigenartig, so etwas vom ehemaligen sozialen Gewissen der Linkspartei zu hören, aber gut“, konterte Ilse Lauter (Linke). „Den Vorschlag der CDU tragen wir im Grunde mit.“ „Wenn das soziale Wissen gegangen ist, dann hat die Linke jetzt kein soziales Gewissen mehr. Das soziale Gewissen ist jetzt bei der FDP“, parierte Witte die Attacke mit Anspielung auf ihren Partei- und Fraktionswechsel. Man solle sich ernsthaft damit befassen, inwieweit Arbeitsmarktmaßnahmen Leute in Arbeit bringen. „Die Quote ist relativ gering“, erinnerte die Freibeuter-Stadträtin.
„Es ist nicht immer umsonst, Frau Witte. Wenn man mit ihnen richtig umgeht, lernen die Menschen wieder, dass sie geschätzt werden“, erntete Witte den nächsten Widerspruch, diesmal durch Annette Körner (Grüne), die auf persönliche Erfahrungen mit Teilnehmern an den Maßnahmen zurückblicken kann. Eine persönliche Weiterentwicklung sei innerhalb der Maßnahmen sehr wohl möglich.
„Wir haben es nicht mit einem sozialpolitischen Instrument zu tun“, stellte Michael Schimansky (Amt für Wirtschaftsförderung) für die Verwaltung klar. Es handele sich vielmehr um eine Mehraufwandsentschädigung, die den Teilnehmern für Aufwand für Kleidung, Verpflegung oder Hygiene entstünden. „Wir haben nachgerechnet und sind auf 1,71 Euro, aufgerundet auf 1,75 Euro gekommen“, berichtete der Amtsleiter. Diesen Satz schlug die Verwaltung in ihrem Standpunkt als Alternative vor. CDU und Linke setzten sich in der Abstimmung über den Vorschlag hinweg. Das letzte Wort hat jetzt die Trägerversammlung des Jobcenters.
Die Debatte am 23. Januar 2019 im Stadtrat Leipzig
Quelle: Livestream der Stadt Leipzig
Keine Kommentare bisher
Schön, daß Herr Schimansky noch einmal festgestellt hat, daß es sich nicht um Entgelt handelt. Die 1-€-Jobber arbeiten für “naß”.
Nicht ganz, wie Frau Körner ergänzt hat. Es gibt noch einen feuchten Händedruck.
Frau Pia-Witte hat ihrerseits natürlich recht. Es bedarf eines 2. Arbeitsmarktes mit ordentlichen Arbeitsverträgen und nicht solch einer entwürdigenden…. “Beschäftigung”.