Seit Mittwoch, 5. Dezember, bezieht die Leipziger Verwaltung Stellung zu den Bürgereinwänden sowie zu den Änderungsanträgen der Fraktionen, Ausschüsse, Ortschafts- und Stadtbezirksbeiräte zum Doppelhaushalt 2019/2020, den der Stadtrat Anfang 2019 beschließen soll. Über die diesmal deutlich höher dotierten Änderungsanträge aus den Fraktionen haben wir ja schon berichtet. Und das Finanzdezernat gesteht tatsächlich zu: Es ist ein zusätzlicher Spielraum von 25 Millionen Euro vorhanden.
„In der Gesamtschau sind natürlich fast alle der beantragten Vorhaben und Änderungen wichtig“, würdigt Leipzigs Finanzbürgermeister Torsten Bonew diesmal die Antragsfreude der Ratsfraktionen. Beim letzten Mal gab es ja bekanntlich mächtigen Ärger, nachdem die Verwaltung im ersten Anlauf sämtliche Anträge pauschal abgelehnt hatte. Im Nachgang gestand man dann doch einige wichtige Antragspunkte zu. Und die positiven Jahresergebnisse 2017 und absehbar auch 2018 zeigen, dass der Spielraum, den die Fraktionen im Stadtrat sahen, tatsächlich da war.
Aber Torsten Bonew gehört eher zu den Finanzverantwortlichen, die lieber so knapp wie möglich planen.
Und so betont er auch diesmal: „Dessen ungeachtet muss die Haushaltslage der Stadt die zusätzlichen Mittel auch hergeben. Aktuell sind wir in der glücklichen Situation, dass sich die Einnahmen aus der Gewerbesteuer sehr positiv entwickeln und wir über entsprechende Handlungsspielräume verfügen.
Allerdings kann ich nur davor warnen, sich an diesen Zustand zu gewöhnen. Wir leben in unruhigen Zeiten, von denen auch die weltweite Konjunktur nicht ewig verschont bleiben kann. Bereits eine Stagnation bei der Gewerbesteuer in den kommenden Jahren würde die Stadt Leipzig vor erhebliche Herausforderungen stellen.“
Besonders erfreulich ist laut Bonew auch die rege Beteiligung am Haushaltsprozess, nicht zuletzt seitens der Bürgerschaft. So waren nach der ersten Auslegung des Haushaltsplanentwurfs 252 Bürgereinwendungen eingereicht worden. Dabei nutzten die Bürgerinnen und Bürger vorwiegend die Möglichkeiten des Online-Formulars, um sich zu beteiligen.
Torsten Bonew: „Nun hat der Stadtrat das Wort, berät über die Änderungsanträge, Bürgereinwendungen sowie Verwaltungsmeinungen und muss bis zur für den 30. Januar 2019 geplanten Haushaltsbeschlussfassung darüber entscheiden.“
In seiner Vorlage hat Torsten Bonew nicht nur detailliert aufgelistet, welche Änderungsanträge es gab. Dort ist auch die Haltung der Verwaltung nachlesbar, welche Anträge sie ohne weiteres akzeptiert – und auch, welche sie mit Abstrichen übernehmen möchte.
Eine Auswahl der akzeptierten Änderungsanträge:
– 100.000 Euro für die Sanierung der Naturschutzstation Plaußig (Grüne und CDU)
– 50.000 bzw. 100.000 Euro mehr für die Naturschutzverbände (SPD, Grüne, Linke)
– 50.000 bzw. 100.000 Euro zur Förderung von Lastenfahrrädern (SPD-Stadtrat Christopher Zenker)
– 150.000 Euro für die touristische Ausschilderung der Ortsteile (CDU)
Bereits übernommene Anträge:
– Trockenlegung der Grundschule Connewitz (Grüne)
– Ladestationen für E-Bikes (Grüne)
– Umsetzung des Verkehrskonzeptes Lindenauer Markt (Grüne)
– 1 Million Euro für wohnungspolitische Maßnahmen pro Jahr (Grüne)
– Neue Gestaltungskonzeption für Palmgarten und Wagnerhain (CDU)
– jeweils 150.000 Euro für schnellere Erneuerung der Stadtbeleuchtung (Linke-Stadtrat Siegfried Schlegel)
– nicht ganz unwichtig zur Gegenfinanzierung: „Der Planansatz für den Gemeindeanteil Einkommensteuer steigt im Haushaltsplan 2020 um 5 Mio. EUR auf 200 Mio. EUR (2020)“, ein Antrag der Linksfraktion. Die Steuerprognose gibt das her. Auch die SPD-Fraktion hatte Ähnliches beantragt.
Einige Anträge mit Erläuterungen:
– Mehrbedarf für die Jugendhilfe. Mehrere Fraktionen und der Jugendhilfeausschuss hatten 3 bzw. 3,5 Millionen Euro zusätzlich beantragt. Die Meinung des Finanzdezernats: „Aufgrund der allgemeinen Kostensteigerung und der positiven Bevölkerungsentwicklung wird der Ansatz der Kinder- und Jugendförderung im Jahre 2019 um 1,5 Mio. Euro und im Jahr 2020 um 2,0 Mio. Euro erhöht.“
– jeweils 200.000 Euro für die mathematisch-naturwissenschaftliche Bildungseinrichtung INSPIRATA e.V. hatten die Grünen beantragt, was das Finanzdezernat u. a. mit der Begründung ablehnt: „Da auch den Schulen zunehmend weniger Mittel zur Verfügung stehen (es wird um Eintrittsgelder gehandelt, bzw. Besuche wieder abgesagt), um die ohnehin schon niedrigen Eintrittsgelder aufzubringen, andererseits jedoch die regulären Kosten für die Einrichtung stark wachsen, sind für den dauerhaften Erhalt dringend zusätzliche Fördermittel notwendig, u. a. für studentische Betreuertätigkeiten, die Anschaffung, Reparatur und Pflege von Exponaten und Lernmittel und auch beispielsweise für Mietflächenreinigung.“
– 800.000 Euro für „Kostenfreies Mittagessen für Kinder und Jugendliche mit Leipzig-Pass“ (Die Linke). Eine Begründung: „Entsprechend der gültigen bundesgesetzlichen Regelungen haben die Anspruchsberechtigten einen Eigenanteil in Höhe von 1,00 € je Mittagessen zu tragen. Dieser Eigenanteil muss von jeder Familie über den Anteil der Kosten für Ernährung der jeweiligen Regelsätze nach SGB II und XII finanziert werden. Der Anteil liegt aktuell bei 84,13 € (Kinder bis 6 Jahre), 119,57 € (Kinder 7 bis 14 Jahre) bzw. 148,73 € (Kinder ab 15 Jahre).“
Die wahrscheinlichen Kosten: „Würde allen Kindern und Jugendlichen, die Anspruch auf den Leipzig-Pass haben, ein kostenfreies Mittagessen gewährt und der Eigenanteil für die Mittagessenförderung übernommen, stellt dies eine zusätzliche freiwillige Leistung der Stadt Leipzig dar. Unter der Annahme, dass ca. 13.200 Personen anspruchsberechtigt sind und pro Person etwa 100 bis 200 Mittagessen im Jahr bezuschusst werden, würden sich die finanziellen Aufwendungen auf 1,3 Mio. bis 2,6 Mio. Euro pro Jahr belaufen.“
– 300.000 Euro fürs „Kino der Jugend“ (SPD): „Aktuell wird nach Vorlage einer Machbarkeitsstudie (Ende 2018) und der Schaffung aller notwendigen Voraussetzungen durch die Verwaltung mit der Ausschreibung der Liegenschaft ‚Kino der Jugend‘ im 1. Halbjahr 2019 ausgegangen. Eine Entscheidung sollte bis spätestens Ende 3. Quartal getroffen sein. Unterstellt man einen Zeitraum von ca. 1 Jahr, die man dem potentiellen Betreiber im Rahmen einer s. g. Anhandgabe Zeit einräumt, damit er seinerseits die erforderlichen Voraussetzungen zur Übernahme des Gebäudes in Erbbaupacht (z. B. Finanzierungen, Baugenehmigungen, Gutachten…) schaffen kann, ist mit einem Abschluss des Gesamtverfahrens ca. Ende des 3. Quartal 2020 zu rechnen.
Da das Gesamtverfahren neutral verlaufen muss und keiner der potentiellen Bewerber bevorzugt werden darf, in dem z. B. mögliche Zuschüsse oder Fördermittel durch die Stadt Leipzig in Aussicht gestellt werden, sollten weitere Sanierungsmittel erst bei Bedarf in den Doppelhaushalt 2021/22 eingestellt werden.
Die Höhe der erforderlichen Sanierungsmittel und damit ggf. der notwendigen Eigenmittel der Stadt Leipzig können erst nach Abschluss des Gesamtverfahrens beurteilt werden. Mit dem Beginn einer baulichen Umsetzung ist frühestens im 4. Quartal 2020 bzw. zu Beginn des Jahres 2021 auszugehen. Bis dahin werden die bereits im aktuellen Doppelhaushalt eingestellten Mittel als ausreichend eingeschätzt, wenn diese gleichzeitig in den nächsten Doppelhaushalt übertragen werden.“
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Das ist nur eine kleine Auswahl. Alle Erläuterungen findet man in der Vorlage zum Doppelhaushalt, die wir unter dem Text verlinkt haben.
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