Im Grunde war ja auch der Antrag von Grünen und Linken 2017 durchdacht, der dann zur Grundlage des Stadtratsbeschlusses wurde, dass Leipzig endlich aussteigt aus der Kohle. Keine Stadt, die überleben will, baut noch weiterhin auf Technologien, die derart massiv das Klima schädigen. Die Dürre 2018 war mehr als ein Warnzeichen. Umso verständlicher die Freude bei den Ratsfraktionen über den jetzt schon sehr konkreten Kohleausstiegsplan der Stadtwerke Leipzig.
„Das Zeitalter der Kohle geht dem Ende entgegen. Und das ist auch gut so“, erklärte am Mittwoch, 5. Dezember, gleich nach Bekanntwerden der Pläne der Stadtwerke, SPD-Fraktionschef Christopher Zenker. „Aus ökologischen Gründen, allen voran vor dem Hintergrund des Klimawandels, ist ein Ausstieg aus der Energieerzeugung mit Kohle unausweichlich.
Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung den Kohleausstieg noch in dieser Legislaturperiode beschließen wird, letztendlich geht es nur noch um den Zeitpunkt. Bei dem damit verbundenen Strukturwandel müssen die betroffenen Regionen vom Bund unterstützt und begleitet werden.
Dennoch ist es gut, dass sich die Leipziger Gruppe intensiv mit dem Kohleausstieg auseinandergesetzt hat und sich an die Spitze dieser Entwicklung stellen möchte, denn auch das ist Teil des Strukturwandels, zudem sichern sich die Stadtwerke damit eine gute Startposition, um nicht erst dann zu investieren, wenn es alle anderen auch tun müssen.“
Der Oberbürgermeister und die Geschäftsführung der Leipziger Gruppe hatten am Mittwoch ihr Vorhaben einer nachhaltigen Wärmeversorgung der Stadt vorgestellt. Den Stadtwerken geht es dabei auch um Unabhängigkeit, weil die Wärmeerzeugung zukünftig unter der Regie des kommunalen Unternehmens dezentral in der Stadt geschehen soll. Aus Sicht der SPD-Fraktion ist das ein wichtiger Baustein, die Zukunftsfähigkeit unserer kommunalen Unternehmensgruppe zu sichern.
Bereits im Fachkonzept „Klimaschutz und Technische Infrastruktur“, das Bestandteil des im Mai dieses Jahres beschlossenen Integrierten Stadtentwicklungskonzepts ist, sind klare Ziele formuliert, wie sich in Leipzig die Energieversorgung entwickeln soll. Die vorgestellten Pläne, wie die Wärmewende in Leipzig geschafft werden soll, sind Teil dieser Strategie, betont Zenker. Wichtig für die SPD-Fraktion seien jedoch auch die darüber hinausgehenden Effekte für die Stadtentwicklung.
Und SPD-Fraktionsvize und LVV-Aufsichtsrat Heiko Oßwald: „Der Einstieg in die Eigenproduktion von Wärme, gepaart mit der bereits vorhandenen und weiter ausbaufähigen Eigenproduktion von Strom, macht die Stadtwerke unabhängiger. Diese Unabhängigkeit sorgt auch für steigende wirtschaftliche Perspektiven und stärkt die Arbeitsplatzsicherheit bei der L-Gruppe. Wir müssen die L-Gruppe auf diesem Weg unterstützen, schließlich profitiert von einer guten Entwicklung der kommunalen Unternehmen immer die gesamte Stadt.
Ich erinnere nur an unsere ambitionierten Vorhaben bei der beschlossenen Neuorganisation des urbanen Verkehrs und die damit verbundenen enormen Investitionen und höheren Kosten für den Betrieb des öffentlichen Nahverkehrs. Ohne einen starken und auf einem sicheren wirtschaftlichen Fundament stehenden Stadtkonzern ist da nichts zu machen. Wir müssen hier also Politik aus einem Guss machen.“
Leipzig sendet das richtige Signal nach Katowice
Während die internationale Staatengemeinschaft um konkrete Vereinbarungen bei der Bewältigung des Klimawandels ringt, mache Leipzig den entscheidenden Schritt nach vorn, erklärt Dr. Gesine Märtens, Stadträtin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Aufsichtsratsmitglied bei den Leipziger Stadtwerken:
„Mit der heutigen Ankündigung des Ausstiegs aus dem Fernwärmebezug vom Kraftwerk Lippendorf sendet Leipzig genau das richtige Signal nach Katowice: Ein schneller Ausstieg aus der Kohleverbrennung ist möglich und richtig! Wir hoffen, dass diese Entscheidung eine entsprechende Signalwirkung auf die Kohlekommission hat“, sagte sie am Mittwoch.
„Denn es ist klar: Die weltweite Energiewende muss in den Regionen entschieden und gestaltet werden. Es wird darauf ankommen, den Umstieg auf Erneuerbare Energien gut zu gestalten und für das mitteldeutsche Braunkohlerevier die entscheidenden Strukturförderungen bereitzustellen. Wir dürfen bei diesem Transformationsprozess nicht die Fehler der 90iger-Jahre wiederholen. Wir brauchen wirkliche Angebote für alle Beteiligten und eine breite Beteiligung der Kommunen und Gemeinden.“
Die Stadtwerke Leipzig werden aus Sicht der Grünen ihrem selbsterklärten Ziel, Manager der Energiewende in Leipzig zu sein, endlich gerecht. Es sei gut, wenn die Leipziger Stadtwerke nicht nur Weiterverkäufer der Wärme bleiben, sondern Erzeuger werden. Leipzigs Energiewirtschaft werde durch den früheren Einstieg in die Wertschöpfungskette gestärkt. Nur so würden die Stadtwerke langfristig in der Lage sein, einen ausreichenden Beitrag für den ÖPNV zu leisten.
„Wir haben lange auf diesen Tag hingearbeitet und mit dem von uns initiierten und letztlich von Grünen, Linken und SPD beschlossenen Antrag ‚Konsequentes Eintreten für den Klimaschutz – Auch bei der Fernwärme!‘ entscheidend dazu beigetragen, Leipzig zukunftsfähig zu machen. Leipzig entscheidet nicht nur im Sinne des Klimaschutzes klug für die Zukunft, sondern auch für die eigene Versorgungssicherheit“, so Dr. Märtens.
„Die Versorgung durch das Braunkohlekraftwerk Lippendorf nach 2023 ist mehr als unsicher. Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Lippendorf an der Stromproduktion nicht mehr verdient und der Anteilseigner EnBW gern verkaufen würde.“
Und auch die Emissionen des Kraftwerks sind nicht harmlos, so Märtens: „Auch wegen der schlechten Emissionswerte, insbesondere bei Quecksilber und Stickoxiden, ist der langfristige Weiterbetrieb mehr als fraglich. Es wäre fahrlässig, die Fernwärmeversorgung Leipzigs weiter an eine so unsichere Basis zu knüpfen.“
Ein Etappensieg für den Kohleausstieg in Sachsen
Und auch Norman Volger, Landesvorstandssprecher von Bündnis 90/Die Grünen in Sachsen und Vorsitzender der Grünen-Fraktion in Leipzig, empfindet die Entscheidung als wichtiges Signal.
„In Katowice ringt die internationale Staatengemeinschaft um konkrete Vereinbarungen, in Berlin kommt die Kohlekommission nicht vom Fleck. Vor Ort aber macht Leipzig auf Initiative der Grünen den entscheidenden Schritt nach vorn. Der Ausstieg aus dem Fernwärmebezug ist ein grüner Etappensieg zum Ausstieg aus der Kohleverbrennung“, so Volger.
„Die Entscheidung in Leipzig muss Signalwirkung in Richtung der Kohlekommission haben und auch die sächsische Staatsregierung muss die Zeichen der Zeit erkennen. Das Kraftwerk Lippendorf hat erschreckend schlechte Emissionswerte insbesondere bei Quecksilber und Stickoxiden, die den Weiterbetrieb gefährden. Ohne die Fernwärmelieferung an Leipzig ist das Kraftwerk Lippendorf allein durch die Stromproduktion nicht mehr rentabel.“
Der Einstieg in den Ausstieg aus der Braunkohle werde von den Grünen seit Jahren gefordert. Auf Landesebene dürften die Regierungsparteien die Augen nicht vor der Realität verschließen und müssten endlich den Prozess des Braunkohleausstiegs konstruktiv vorantreiben, statt aus Lobbyinteressen an einer überholten und umweltverschmutzenden Technologie festzuhalten“, so Volger.
„Es kommt jetzt darauf an, die Veränderungen für die Menschen vor Ort zu gestalten und eine sinnvolle Strukturförderung zu beginnen. Wir dürfen die Fehler aus dem Transformationsprozess der 90iger Jahre nicht wiederholen. Auch wenn am Braunkohleausstieg kein Weg vorbeiführt, darf die notwendige Akzeptanz der Betroffenen nicht vergessen werden.“
Die Freibeuter begrüßen Jungs Vorstoß
Am Rande des Verwaltungsausschusses erklärte der stellvertretende Fraktionsvorsitzende und FDP-Stadtrat René Hobusch zu den Plänen von Oberbürgermeister Jung, ab 2023 auf Fernwärmelieferungen aus dem Braunkohlekraft Lippendorf zu verzichten: „Das heute vorgestellte Gutachten zeigt, dass der Ausstieg aus der Braunkohle auch ohne Strukturkommissionen und Milliardenforderungen des Freistaates an den Bund funktioniert.
Wenn das vorgeschlagene Ausstiegsszenario wirtschaftlich funktioniert und dadurch keine zusätzliche einseitige Abhängigkeit von Gaslieferungen insbesondere aus Russland begründet wird, lohnt es sich, darüber nachzudenken. Im Gegensatz zum Freistaat, der beim Braunkohleausstieg mit Milliardenforderungen an den Bund auf der Bremse steht, zeigt Leipzig, welche Innovationskraft von der Stadt und der Region ausgeht. Leipzig beweist damit abermals, dass es beim Wachstum und der Entwicklung einer ganzen Region zu Recht an der Spitze Sachsens und der Bundesrepublik steht.“
Auch Ute Elisabeth Gabelmann (Piraten), Fraktionsvorsitzende der Freibeuter, zeigt sich vor dem Hintergrund, Leipzig zukunftsfest zu machen, erfreut: „Unter Umweltgesichtspunkten ist der Verzicht auf eine Verlängerung des Vertrags mit dem Kraftwerk Lippendorf begrüßenswert. Voraussetzung bleibt aber, dass mit einem eigenen Gaskraftwerk die Wärmeversorgung der Leipziger gewährleistet bleibt.“
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