Während die CDU-geführte Staatsregierung seit Jahren versucht, das Thema Sicherheit mit mehr Überwachung und Aufrüstung der Polizei zu besetzen und damit eher das Gefühl der Unsicherheit befeuert, hat die Leipziger SPD-Fraktion die Leipziger Bürgerumfrage zur Sicherheit und zum Sicherheitsempfinden genauer gelesen. Und selbst Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal hatte ja bei deren Vorstellung festgestellt, dass Sicherheit damit beginnt, dass man in seinem Umfeld verlässliche Bedingungen vorfindet.
Die Sozialdemokraten wollen mit ihren Änderungsanträgen zum Doppelhaushalt 2019/2020 das Thema „Sicherheit“ in seiner ganzen Breite stärker in den Fokus rücken. Und zwar auch anders, als es in den letzten drei Jahren passiert ist. Da wurde nämlich immer nur über die Aufstockung des Ordnungsdienstes und dessen Umfirmierung als Stadtpolizeibehörde diskutiert. Auch wenn es eigentlich nur darum ging, mit den Ordnungsdienstmitarbeitern die Löcher zu stopfen, die das Sparprogramm bei der Polizei erst gerissen hat.
Zum Doppelhaushalt 2017/18 ging es darum, die Personalstärke bei der städtischen Polizeibehörde zu erhöhen, um der Stadt die Möglichkeit zu geben, den ordnungspolitischen Rahmen, der in die Zuständigkeit der Kommune fällt, besser und effizienter ausfüllen zu können.
„Aus unserer Sicht ist das Thema ,Sicherheit‘ jedoch deutlich vielfältiger und sollte sich nicht allein auf den Ausbau der Sicherheitsinfrastruktur beschränken. Schnell werden nämlich auch sozialpolitische Aspekte bedeutender, wenn man das Thema Sicherheit weiterdenkt“, stellt Christopher Zenker, der Vorsitzende der SPD-Fraktion, fest.
„Aus unserer Sicht gehören neben der Sozialarbeit unter anderem auch Jugendhilfe, kulturelle Angebote, Freiraumgestaltung inklusive der Sauberkeit und nicht zuletzt Wohnen und Verkehrssicherheit – wo es uns vor allem um Tempo-30-Zonen vor Schulen und Kitas, die Beseitigung von Unfallschwerpunkten und Querungshilfen geht – zu einem Gesamtpaket, das die Sicherheit in unserer Stadt auf mehreren Ebenen erhöhen soll. Das klingt zunächst vielleicht etwas weit hergeholt, aber Sicherheit sollte nicht auf einen repressiven Aspekt verengt werden, viel mehr kommt es auf ein Bündel von Ansätzen an, um die Gesamtsituation zu verbessern.“
Oder mal so zugespitzt: Eine Stadt wird dann sicherer, wenn weniger Menschen in unsichere Zustände abrutschen.
Eine kluge Sozialpolitik verhindert den Anstieg von Kriminalität und Obdachlosigkeit.
Erstaunlich, wie schwer so eine simple Botschaft in Sachsen zu vermitteln ist.
Und die SPD-Fraktion hat mehrere Felder gefunden, wo die Stadt Leipzig mit etwas mehr Geld und Personal mehr tun könnte.
Die SPD-Fraktion möchte unter anderem die aufsuchende Sozialarbeit stärken, wodurch insbesondere die Betreuung von jungen, wohnungslosen und suchtkranken Menschen verbessert und den betroffenen Alternativen zum aktuellen Lebensumfeld aufgezeigt werden sollen. Zudem will sie die Jugendarbeit stärken, inklusive der Straßensozialarbeit.
Und da ist dann auch noch die zunehmende Internationalität der Stadt. Das kann man auch nicht einfach aussitzen.
Deswegen soll zudem die interkulturelle Kompetenz der Mitarbeiter gestärkt werden, um auch einen besseren Zugang zu jungen Menschen mit Migrationshintergrund zu bekommen. Ferner soll die Schulsozialarbeit weiter ausgebaut und besser mit Sachmittelbudgets ausstattet werden, damit Schulsozialarbeiter ihre Arbeit optimal gestalten können.
Und noch ein Aspekt von Sicherheit: Bildung. Menschen, die auf ihrem Bildungsweg nicht scheitern, sind auch die Gestalter ihres eigenen Lebens und vermeiden es, erst in die Abgründe von Verunsicherung und fehlender Zukunftsperspektive zu geraten.
„Bildung bleibt der Schlüssel zur sozialen Sicherheit. Schulsozialarbeit ist hierbei ein Baustein, der hilft, Schulabbrüche zu verhindern. Wer die Schule ohne Abschluss beendet, hat später weniger Chancen, sich ein geregeltes Leben aufzubauen. Und der Weg auf die schiefe Bahn ist dann mitunter sehr kurz. Das gilt es schon im Vorfeld zu vermeiden“, so Zenker.
Auch mehrere Anträge, die gemeinsam mit anderen Fraktionen gestellt worden sind, gehören in diesen Kontext. So hat die SPD-Fraktion, gemeinsam mit den Fraktionen von Bündnis 90/Die Grünen und Linken, die Aufstockung der Förderung für Vereine und Verbände in der Jugendhilfe, im Sozialamt und im Bereich des Jugendamtes sowie eine Erhöhung der Zuschüsse für die freie Kulturszene angeregt, denn auch diese Vereine leisten im sozialen und kulturellen Bereich eine nicht zu unterschätzende Arbeit für die Stadtgesellschaft.
„Zur Lebensqualität in unserer Stadt gehören auch das Stadtgrün und ein Mindestmaß an Sauberkeit im öffentlichen Raum“, sagt Christopher Zenker. „Wir möchten deshalb die Zahl der Straßenbäume in Leipzig weiter erhöhen und die Umsetzung der Freiraumstrategie u. a. durch Personalaufstockungen voranbringen. Damit soll nicht nur ein Beitrag zur Sauberkeit der Luft geleistet, sondern auch das Klima in der Stadt verbessert werden. Es ist zu erwarten, dass die Sommer in den nächsten Jahren immer wärmer werden und das stellt zunehmend eine Belastung für Mensch und Natur dar. Straßenbäume und Parks sind deshalb nicht nur schön anzusehen, sondern sorgen auch für eine Abkühlung in der Stadt.“
Das Thema „Sauberkeit“ bleibe selbstverständlich nicht auf saubere Luft beschränkt. Vielmehr gehe es der SPD-Fraktion auch um einen sauberen öffentlichen Raum.
„Im Juli 2015 wurde im Stadtrat einstimmig das Papierkorbkonzept der Stadt Leipzig beschlossen. Wir wollen, dass für die Bürgerinnen und Bürger die damit einhergehenden Verbesserungen auch schneller sichtbar werden. Die Stadtreinigung soll deshalb zusätzliche Gelder aus dem Haushalt bekommen, um das Papierkorbkonzept zügig umsetzen zu können.
Mindestens an jeder Haltestelle muss es einen Abfallbehälter geben. Das heißt nicht nur, dass der öffentliche Raum dadurch gepflegter aussieht: Es ist auch wissenschaftlich erwiesen, dass ein sauberes Umfeld das Sicherheitsempfinden der Bevölkerung verbessert“, so Zenker weiter.
Und ein echtes Mega-Thema beim Thema Sicherheit ist nun einmal der sichere Wohnraum. Die Ängste gehen ja schon längst um in Leipzig.
Deshalb gehöre auch die Versorgung mit preiswertem Wohnraum für die SPD-Fraktion zum Thema „Sicherheit“, wenn auch hier vor allem zum Bereich soziale Sicherheit.
„Die Lage am Wohnungsmarkt wird in Leipzig immer schwieriger, weil unsere Stadt in den letzten Jahren so stark gewachsen ist, dass es nicht möglich war, im notwendigen Maß neuen Wohnraum zu schaffen“, erläutert SPD-Fraktionsvize und LWB-Aufsichtsrat Heiko Oßwald.
„Aktuell liegt die Leerstandsquote bei vermietbarem Wohnraum bei rund 2 Prozent und die Mietpreisentwicklung kannte in den letzten Jahren nur noch eine Richtung – nach oben. Es ist also dringend notwendig, dass neuer Wohnraum entsteht und dabei auch bezahlbare Mieten nicht aus dem Auge verloren werden. Neubau an sich heißt nämlich nicht automatisch, dass die Kaltmiete für einen Großteil der Leipziger im erschwinglichen Rahmen bleibt.
Wir haben deshalb vorgeschlagen, dass die Stadt Leipzig eine Projektgesellschaft für die Entwicklung des Areals Kiebitzmark in Paunsdorf gründet. Das Gebiet sollte noch in den 1980er-Jahren zur Erweiterung des Wohngebiets Paunsdorf entwickelt werden, allerdings wurden diese Pläne nach der Friedlichen Revolution ad acta gelegt und der damals einsetzende Bevölkerungsschwund hätte das Vorhaben auch unwirtschaftlich gemacht.
Heute ist die Lage eine ganz andere. Wir sind deshalb der Auffassung, dass die Stadt einen konkreten Aufschlag machen sollte, die Entwicklung dieser Fläche wieder aufzugreifen. Eine Projektgesellschaft, an der sich neben Stadt und LWB auch Genossenschaften und private Immobilienfirmen beteiligen können, wäre ein solcher Aufschlag. Um diese Gesellschaft nicht nur auf dem Papier stehen zu haben, sondern auch in den ersten Jahren handlungsfähig zu machen, wollen wir entsprechende Mittel im Haushalt vorhalten.“
Aber kann die Stadt da selbst als Stifter von neuen, preiswerten Wohnungen aktiv werden? Kann sie, so Zenker. Wenn sie selbst wieder große Wohnprojekte anschiebt.
Der SPD-Fraktion schwebt bei der Entwicklung der Fläche vor, dass verschiedene Projektpartner hier gemeinsam einen neuen Stadtteil mit mehreren tausend Wohneinheiten schaffen, der sowohl unter ökologischen als auch unter sozialen Aspekten neue Maßstäbe setzt. So soll beispielsweise die Quote des mietpreisgedämpften Wohnraums dort bei möglichst 40 Prozent liegen, um damit auch für Familien und Menschen mit geringerem Einkommen attraktive Angebote machen zu können, ohne eine gesunde Durchmischung des Quartiers zu vernachlässigen.
Die Gegenfinanzierung ihrer Ideen sieht die SPD-Fraktion aufgrund der guten wirtschaftlichen Lage der Stadt als gesichert an. Hierzu erklärt Heiko Oßwald, der seine Fraktion im Finanzausschuss vertritt: „Die im Haushalt bislang angesetzten Erwartungen an Einnahmen aus der Gewerbesteuer und dem Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer sind aus unserer Sicht doch sehr vorsichtig. So rechnet die Verwaltung bspw. für das kommende Jahr mit Gewerbesteuereinnahmen von 305 Millionen Euro, obwohl im August dieses Jahres die Gewerbesteuereinnahmen schon bei rund 330 Millionen Euro lagen und bis zum Jahresende noch weiter anwachsen werden.
Ähnlich verhält es sich auch beim Haushaltsansatz zu Einnahmen aus der Einkommenssteuer. Wir gehen davon aus, dass die konjunkturelle Lage noch einige Zeit stabil bleiben wird, sodass unsere Gegenfinanzierungsvorschläge nicht aus der Luft gegriffen sind.“
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