Im Oktober zog Leipzigs Stadtverwaltung die Reißleine, als sich bei näherer Untersuchung der Halle 7 in der Spinnerei herausstellte, dass es dort ein Naturkundemuseum nur für mindestens 37 Millionen Euro geben würde, fast vier Mal teurer als kalkuliert. Seitdem ruht das Projekt. Im Doppelhaushalt hat die Verwaltung auch gleich mal die 10 Millionen Euro für den geplanten Umbau gestrichen.

Was auch eine recht eigentümliche Reaktion war. Denn es war die Verwaltung, die vor drei Jahren so einen Druck gemacht hatte, das Museum jetzt schnellstmöglich in der Baumwollspinnerei unterzubringen, nachdem sich vorher schon im Stadtrat eine Mehrheit für den alten Standort an der Lortzingstraße formiert hatte.

Der Umbau der alten Fabrikhalle schien auf einmal preiswerter zu sein. Da guckte man gar nicht erst auf die Bausubstanz. Das tat man erst im Sommer 2018 gründlich – und war dann regelrecht erschrocken.

Was natürlich die Frage aufwirft, wer überhaupt erst die Idee in die Welt gesetzt hatte, man könne das Museum am Standort Lindenau für die Hälfte des Preises bekommen?

Das werden sicher die Fraktionen in den zuständigen Ausschüssen klären. Denn längst liegt auch wieder der Antrag der CDU-Fraktion auf dem Tisch, das Naturkundemuseum am angestammten Standort zu sanieren und zu erweitern. Die Pläne gab es ja schon lange. Der einstige Museumsdirektor Rudolf Schlatter hatte jahrelang darum geworben und Fraktion für Fraktion sein durchdachtes Konzept vorgestellt.

Seine Vorschläge wurden komplett ignoriert: Der ehemalige Direktor des Naturkundemuseums Dr. Rudolf Schlatter. Foto: Matthias Weidemann
Seine Vorschläge wurden komplett ignoriert: Der ehemalige Direktor des Naturkundemuseums Dr. Rudolf Schlatter. Foto: Matthias Weidemann

Schon damals war unverständlich, warum die Verwaltung sich dagegen regelrecht vermauerte und erst eine furiose Suche nach einem anderen Standort startete, bei der sich am Ende herausstellte, dass der Wunschstandort Bowlingtreff völlig undenkbar ist. Ein paar Pluspunkte sammelte das Stadtbad, das die Stadt bis heute nicht an einen geeigneten Investor verkauft bekam.

Am Ende neigten die meisten Stadträte doch wieder zum Standort Lortzingstraße. Doch gerade, als sich hier eine echte Mehrheit in einen Beschluss umsetzen konnte, wurde die Halle in der Spinnerei aus dem Ärmel gezaubert. Und die Gerüchte liefen schon um, die Stadt habe das einstige Schulgebäude an der Lortzingstraße schon einem schwerreichen Käufer angeboten. Dann wären diese Eiertänze zumindest erklärbar.

Aber auch das neue Einfrieren des Projektes kommt bei den Ratsfraktionen ganz schlecht an.

Und als nun im Doppelhaushalt statt der schon geplanten 10 Millionen Euro für 2019 auf einmal nur noch 1 Million Euro vermerkt war, waren es die Grünen, die stutzig wurden. Sie nutzen jetzt die Debatten zum neuen Doppelhaushalt, um per Antrag die zuvor vorgesehenen 10 Millionen Euro wieder in den Plan aufnehmen zu lassen. Denn wenn sie nicht drinstehen, passiert 2019 und 2020 wieder nichts.

Nur zur Erinnerung: Das neue Naturkundemuseum in der Baumwollspinnerei sollte ursprünglich 2019 eröffnen.

In ihrem Antrag lesen die Grünen der Verwaltung jetzt ganz freundlich die Leviten.

„Die Stadt verfolgt angesichts gestiegener Herrichtungskosten nicht mehr den Standort Halle 7/Baumwollspinnerei für das Naturkundemuseum, hat sich aber im Gegensatz zu vielen Bürger*innen und auch Stadträt*innen noch nicht auf den Ausbau des heutigen Standorts eingelassen. Mit dem vergangenen Beschluss zum Neubau war erstmalig ein Konsens zwischen Stadtverwaltung und Stadtrat erarbeitet worden, das Naturkundemuseum zu einem attraktiven Umweltbildungsort in Verbindung mit musealer Bewahrung und wissenschaftlichen Arbeiten weiterzuentwickeln und dazu auch kräftig zu investieren.

Neuen Schwung brachte auch der neu eingesetzte Direktor mit und erarbeitete auf der Grundlage der Potenziale der Sammlungen und des heutigen Verständnisses für ein erfolgreiches Naturkundemuseum konzeptionelle Ansätze, die bereits großen Anklang fanden“, schreiben sie in ihrem Antrag.

Aber was wird aus dem Haus und seinem ambitionierten Direktor, wenn Ronny Maik Leder vor 2020, 2021 oder gar 2022 nicht mal daran denken kann, auch nur eine einzige seiner Ideen umzusetzen? Das alte Haus ist reif für eine Generalsanierung. Da beißt die Maus keinen Faden ab. Wenn die Fraktionen gar dem Antrag der CDU zustimmen, muss die Stadt in die Planungen einsteigen. Auch wenn erst einmal nur das alte Haus saniert wird und der für moderne Ausstellungen notwendige Anbau erst später kommt.

„Da die Arbeit des Naturkundemuseums über Jahre durch die baulichen Mängel im alten Gebäude am Goerdelerring, eine stark reduzierte Personalausstattung und das Warten auf eine Standortentscheidung und -entwicklung extrem eingeschränkt worden war, haben die neuen konzeptionellen Entwürfe die Tür für eine moderne Zukunftsentwicklung wieder geöffnet. Dies darf durch die Absage an den Plagwitzer Ausbaustandort nicht gefährdet werden“, betonen die Grünen.

„Die ersten Ausbaumittel waren eingeplant und sollten auch weiter eingeplant werden. Leipzig als wachsende Stadt braucht ein modern arbeitendes und attraktives Naturkundemuseum so bald wie möglich, um auch Neubürger*innen die neue Heimat nahezubringen, die nachwachsenden Generationen zu ökologischen und naturkundlichen Fragen weiterzubilden und das Wissen um gestiftete Schätze und bewahrenswerte Zeugnisse der regionalen naturkundlichen, geologischen und archäologischen Geschichte verantwortlich zu sichern und darzustellen.“

Die 1 Million Euro, die der Finanzbürgermeister im Doppelhaushalt hat stehen lassen, reichen dafür natürlich nicht. Auch dann nicht, wenn wieder ein neuer Standort ins Gespräch gebracht werden sollte. Aussitzen lässt sich das Thema nicht mehr. Und deshalb, so die Grünen, gehören die 10 Millionen Euro unbedingt wieder in die Haushaltsplanung.

Das Haus an der Lortzingstraße soll jetzt endgültig zu einem modernen Naturkundemuseum werden

Das Haus an der Lortzingstraße soll jetzt endgültig zu einem modernen Naturkundemuseum werden

 

 

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Wenn ich das Museum loswerden will, aber in der Öffentlichkeit nicht als der böse dastehen will, der der es zumacht, dann würde ich es genauso machen, wie es schon seit Jahren läuft.

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