Am Donnerstag, 1. November, hat die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen ihre Liste von Änderungsanträgen zum neuen Leipziger Doppelhaushalt 2019/2020 vorgestellt. Der soll wahrscheinlich im Januar 2019 beschlossen werden. Aber bislang steht vieles noch nicht drin, was der Stadtrat eigentlich längst beschlossen hat. Oder was überfällig ist für die wachsende Stadt. Dass OBM Burkhard Jung gerade jetzt von „Wachstumsschmerzen“ redet, kann Fraktionsvorsitzende Katharina Krefft so nicht stehen lassen.

Denn Wachstum bedeutet Chancen. Und die muss man nutzen. Die Leute kommen ja auch deshalb nach Leipzig, weil sie hier eine bunte und experimentierfreudige Kulturszene vorfinden.

Noch, muss man sagen.

Denn seit die Freie Szene den 19. September als Gelegenheit nutzte, den Stadtrat auf ihre gravierenden Probleme aufmerksam zu machen, ist auch den Grünen klar, dass man diesen wichtigen Bereich der Leipziger Kultur nicht weiter so knapphalten kann. Die Grünen-Fraktion macht sich die Forderungen der Freien Szene zu eigen. Und zwar mit SPD und Linken gemeinsam.

„Es ist richtig, in unserer wachsenden Stadt nun einen ordentlichen Aufwuchs zu fordern! Der bisherige Erfolg der jährlichen Steigerung über 2,5 % Fördermittel für die freie Kulturszene wird inzwischen ein Tropfen auf dem heißen Stein und reicht nicht einmal für die durch die Verwaltung bereits gutheißenden und zu deckenden Kostenerhöhungen bisher geförderter Einrichtungen“, sagte Annette Körner, kulturpolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und Vorsitzende des Fachausschusses Kultur zu Forderungen der Freien Szene, am 19. September.

„Unser städtisches Wachstum ist nur nachhaltig auch mit einem kulturellen Wachstum, quantitativ und qualitativ. Deshalb habe ich am Sonnabend zum Stadtparteitag bereits angekündigt, dass wir Bündnisgrüne den jährlichen Ansatz der Fördermittel für die freie Kultur von 6 Mio. ab kommenden Stadthaushalt maßgeblich erhöhen wollen, (Frei-)Räume fordern bereitzustellen und Kooperationen zu stärken. Freie Träger sollen in die Lage versetzt werden, in ihrer Arbeit nicht auf prekäre Arbeitsbedingungen zu setzen.“

Und die Großen Häuser dürfen dabei nicht gegen die Freie Szene ausgespielt werden. Beides gehöre zusammen, so Körner: „Wir haben bisher den Wirtschaftsplänen der städtischen Häuser samt Tariferhöhungen zugestimmt. Angesichts dieser Millionen ist es nur verantwortlich, wenn auch die Freie Szene, die maßgeblich zur Attraktivität unserer Stadt, Ausstrahlung und zur kulturellen Bildung beiträgt, auf ein höheres Förderniveau gestellt wird.“

Annette Körner (Grüne). Foto: L-IZ.de
Annette Körner (Grüne). Foto: L-IZ.de

Am 19. September starteten die Haushaltsverhandlungen im Stadtrat. Die Freie Szene Leipzigs startete deshalb an diesem Tag ihre Kampagne „kulturstark“. Darin fordern die freien Kunst- und Kulturmacher ein grundsätzliches Umdenken in der Kulturpolitik. Die Arbeit der Freien Szene müsse in ihrer immensen Bedeutung für Lebensgefühl, Attraktivität und kulturelle Vielfalt der Stadt erkannt und entsprechend gefördert werden. Dass die freien Künstlerinnen und Künstler Leipzigs trotz internationaler Strahlkraft als „working poor“ unter Armutsfolgen zu leiden haben, sei nicht weiter hinnehmbar.

Die Kampagne „kulturstark“ will den Wert der Freien Szene, aber auch die klaffende Gerechtigkeitslücke sichtbar machen und fordert einen Aufwuchs der jährlichen Fördermittel um mindestens 3,5 Mio. Euro ab dem kommenden Haushalt.

Wie es genau um die Arbeit in der freien Kulturszene steht, erklärten die Akteure dann noch ausführlicher: „Die Freie Szene ist ein Reichtum Leipzigs: sie prägt die kulturelle Vielfalt und Strahlkraft der Stadt und trägt wesentlich zu ihrem wirtschaftlichen und ideellen Wohlstand bei. Dennoch leben die freien Kunst- und Kulturschaffenden nach wie vor unter prekärsten Verhältnissen. Darunter leiden nicht nur die Künstler*innen selbst, sondern der Stadtgesellschaft gehen Ressourcen und geistiges Kapital verloren.“

In ihrer Kampagne „kulturstark“ fordere die Freie Szene deshalb ein grundsätzliches Umdenken. Kulturpolitik müsse zukünftig erreichen, dass Mindesthonorare gezahlt und beschlossene Förderkonzepte umgesetzt werden. Strukturen wie Häuser, Vereine und Institutionen müssten gestärkt und Räume für freie Kultur vor Gentrifizierung gesichert, sowie Ressourcen für Selbstorganisation und Marketing erschlossen werden.

Die Freie Szene forderte daher einen Aufwuchs der jährlichen Fördermittel von derzeit knapp 6 Millionen Euro um mindestens 3,5 Millionen Euro jährlich mit dem Doppelhaushalt 2019/2020.

Auch angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen dürfe die integrative und identitätsstiftende Kraft der freien Kultur nicht vernachlässigt werden, betonten die Kulturakteure: „Wer sich Leipzig als vielfältige, weltoffene, engagierte Stadt vorstellt, muss in eine ebensolche Kulturszene investieren!“

Grüne, Linke und SPD-Fraktion setzten sich daraufhin zusammen und schrieben den gemeinsamen Änderungsantrag für den Doppelhaushalt 2019/2020. Danach soll es noch im Jahr 2019 1,6 Million Euro mehr für die Freie Szene geben. Weniger als gefordert. Aber das hat Gründe, wie Annette Körner betont: Im Grunde sind die Planungen der Häuser ja schon durch. Es geht nur noch um Projektmittel, die 2019 ausgereicht werden können. Ab 2020 sollen dann 3,6 Millionen Euro mehr im Etat für die Freie Szene stehen.

„Denn ein Problem haben wir jetzt schon“, so Körner. „90 Prozent der Mittel sind für die institutionelle Förderung fest gebunden. Wir haben aber keine Möglichkeit, weitere für Leipzig wichtige Institutionen in die Förderung aufzunehmen.“

Aktuelles Beispiel: das bislang vor allem von Bundesmitteln getragene Kindermuseum UNIKATUM, dessen Förderung auszulaufen droht. Für die mathematisch-naturwissenschaftliche Bildungseinrichtung INSPIRATA gibt es einen eigenen Antrag der Grünen. „Die müsste eigentlich von der Universität gefördert werden“, so Körner, „oder vom Land.“

Aber mit der Bildung hat es ja die Landesregierung nicht so. Also beantragen die Grünen jetzt erst einmal 200.000 Euro jährliche Förderung für die INSPIRATA.

Die Argumente der Initiative „kulturstark“.

Die Forderungen der Initiative „kulturstark“.

Linke beantragt Einführung eines Bürgerhaushalts für den Doppelhaushalt 2021/22

Linke beantragt Einführung eines Bürgerhaushalts für den Doppelhaushalt 2021/22

 

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Unsere Zielsetzung: mehr Mittel für die Freie Szene in der wachsenden Stadt! ist im Artikel gut beschrieben. Vielen Dank! Dass für 2019 nicht gleich 3,6 Mio mehr beantragt wurden, sondern erst 1,6 und erst für 2020 3,6 ist Überlegung unter uns Antragspartnern aufgrund der realen Situation, dass Anträge für 2019 ja zum 30.9. bereits eingereicht werden mussten. Insofern wir aber die Kulturförderung wie beantragt von ca. 6 Mio auf 7, 6 plus x erhöhen können, wollen wir damit bereits 2019 dringende Bedarfe sowohl im institutionellen Antragsbereich als auch im Projektbereich helfen zu decken, um Kultur und Kunst zu fördern. Dies als Ergänzung zum vielleicht missverständlichen Satz s.o., es ginge nur noch um Projektmittel 2019. Zur unterjährig nächsten Antragsrunde im Frühjahr (nur für Projekte) wiederum lassen sich kaum Summen im MioBereich noch für 2019 ausschütten. A.Körner

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