Es war die Leipziger SPD-Fraktion, die im Gefolge des diesjährigen PARKing-Day auch die Idee aufbrachte, man könnte das Leipziger S-Bahn-Netz ja auch durch einen richtigen S-Bahn-Ring ergänzen. Der größte Teil des Rings existiert als Güterring ja irgendwie schon. Das Dezernat Stadtentwicklung und Bau hat jetzt seine Stellungnahme dazu formuliert – mit einem gehörigen Schuss Skepsis darin.
Eigentlich ist der Alternativvorschlag noch derselbe, den die SPD-Fraktion gestellt hatte – nur anders formuliert. Denn beauftragen kann das nicht der OBM, sondern nur der Aufgabenträger – also der Zweckverband Nahverkehr Leipzig (ZVNL). Aber der hat ja schon mit dem Prüfauftrag zur Ost-West-Strecke der S-Bahn seine Kopfschmerzen. Denn das wird ein sehr teures Projekt. Wer soll das finanzieren?
Und so ähnlich ist das auch mit dem S-Bahn-Ring.
Da klingt schon die Formulierung der Stadtplaner sehr skeptisch: „Auch wenn die Idee einer Ring-S-Bahn bislang nicht im Nahverkehrsplan des ZVNL verankert ist und eine Ersteinschätzung des zuständigen Aufgabenträgers wenig Realisierungschancen aufzeigt, wird sich die Stadt Leipzig dafür einsetzen, diese Idee tiefgründiger zu betrachten, z. B. vergleichend oder ergänzend zu den planerischen Überlegungen zu einem Ost-West S-Bahn-Tunnel.“
Womit dann beide Projekte schon mal da sind, wo die großen Träume zu Hause sind, die sich mit den Leipziger Finanzrahmen nicht umsetzen lassen.
Und den Ost-West-Tunnel, den einige Medien schon mal als belastbare Zukunftsvision verkauft haben, haben sich die Planer ja schon ein wenig genauer angeschaut. Er ist nun einmal nicht der City-Tunnel noch einmal 1:1 von Ost nach West.
„Die Idee des City-Tunnels lag vor allem darin, ein von wenigen Fahrgästen genutztes innerstädtisches S-Bahn-Netz, welches im Wesentlichen tangentiale Verkehrsströme abdeckte, zu einem radialen S-Bahn-System umzubauen, bei dem es gelingt, die nachfragestarken Pendlerströme nach Leipzig auf den SPNV zu lenken.
Im verkehrsplanerischen Sinn verfügt Leipzig damit eher über eine Stadt- und Vorortbahn als über eine klassische S-Bahn, wie sie in Millionenstädten wie Berlin und Hamburg auf einem eigenständigen Netz unterwegs ist. Die Ring-S-Bahn verlässt diesen strategischen Ansatz und wäre eine rein innerstädtische Linie“, bestätigen die Stadtplaner nun.
Und sie erinnern sich gut, dass so auch mal die erste Leipziger S-Bahn begann.
„Die Idee, für ein S-Bahn-System bestehende Eisenbahnstrecken zu nutzen, lag auch im Jahre 1969 der Einführung der Leipziger S-Bahn zugrunde. Zu dieser Zeit verfügte Leipzig jedoch noch über eine sehr ausgeprägte Eisenbahninfrastruktur mit freien Kapazitäten“, stellen die Planer fest.
Und merken dann das an, was auch Befürwortern von mehr Güterverkehr auf der Schiene richtig Bauchschmerzen macht: „Die Entwicklung seit den 90er Jahren bei der Deutschen Bahn ist davon geprägt, Überkapazitäten abzubauen und eine hohe Auslastung der bestehenden Infrastruktur zu erreichen. Per se kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass die Güterzuggleise in Leipzig problemlos für den Reiseverkehr genutzt werden können. Insbesondere, da der Schienengüterverkehr derzeit vom Bund und der DB AG ausgebaut wird und der sogenannte ‚Ostkorridor‘ im bundesweiten Netz über Leipzig und den Güterring geführt wird.“
Was ja wohl bedeutet: Die dort rollenden S-Bahnen würden ständig mit dem Güterverkehr in Konflikt geraten. Ausweichstrecken fehlen.
„Insofern müssen in der Prüfung einer Ring-S-Bahn sowohl die infrastrukturellen Voraussetzungen, die notwendigen Investitionen als auch die mögliche Nachfrage einer solchen S-Bahn-Strecke sehr genau untersucht werden. Insbesondere gilt es die Frage zu klären, ob wirklich die für ein S-Bahn-System notwendige Anzahl an Fahrgästen erreicht werden kann.
Zu beachten ist dabei, dass nur wenige der an der Strecke liegenden Stationen eine hohe Verkehrsnachfrage aufgrund ihres Wohnumfeldes erzielen würden und dass erfahrungsgemäß im ÖPNV mit jedem Umsteigevorgang rd. 30 % der potentiellen Fahrgäste gegenüber dem durchfahrenden Produktangebot verloren gehen“, so die Stadtplaner.
„Parallel zu diesen Überlegungen müssten aber auch Vorbereitungen zur Sicherung der Finanzierung dieser Mehrverkehre angegangen werden. Aus den Fahrgelderlösen allein sind derartige Leistungen nicht finanzierbar, da selbst auf den bestnachgefragten Strecken heute max. 70 % der Kosten durch Fahrgeldeinnahmen gedeckt werden. Im Mitteldeutschen S-Bahn-Netz liegt dieser Wert bei rd. 35 %.“
Der ZVNL als zuständiger Aufgabenträger und Besteller der Verkehrsleistungen im SPNV unterstütze grundsätzlich alle Maßnahmen, die nachhaltig und bedarfsgerecht zu einer Verbesserung der Nutzung des SPNV führen. Aber die zuständigen Verbände stehen dem wohl sehr aufwendigen Projekt sehr skeptisch gegenüber.
Der ZVNL schätzt ein, „dass es zur Beantwortung der Frage, ob dies auch für die Ring-S-Bahn gilt, weiterer Analysen bedarf. Er sieht das Projekt allerdings aufgrund der zuvor genannten Bedingungen eher skeptisch. Der MDV sieht durchaus den Bedarf der Weiterentwicklung des ÖPNV-Systems, allerdings merkt auch er an, dass hier unterschiedliche Optionen bestehen und zu betrachten sind, wozu bei der S-Bahn Ergänzungslinien, zusätzliche Stationen im Bestandsnetz und die stärkere Verknüpfung mit den Angeboten der LVB gehören.“
Und dann die wohl ernüchternde Aussage für die SPD-Fraktion: „Zusammenfassend wird eingeschätzt, dass unter heutigen Bedingungen keine ausreichende Nachfrage mit einer Ring-S-Bahn generiert würde. Wenn aber langfristig eine erhebliche Einwohnerentwicklung in den von dieser S-Bahn befahrenen Bereichen stattfinden würde und insgesamt eine sehr positive Nachfragentwicklung im ÖPNV, könnte es passieren, dass eine Ring-S-Bahn sinnvoll wird. Aus diesem Grund wird vorgeschlagen, diese Ersteinschätzung bei Gelegenheit, z. B. vergleichend oder ergänzend zu den planerischen Überlegungen zu einem Ost-West S-Bahn-Tunnel, mit einer weiteren Untersuchung zu untersetzen.“
SPD-Fraktion reicht die Idee zum S-Bahn-Ring tatsächlich als Prüfantrag ein
SPD-Fraktion reicht die Idee zum S-Bahn-Ring tatsächlich als Prüfantrag ein
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