Sachsen ist schon längst im Wahlkampffieber, obwohl die Landtagswahl erst am 1. September 2019 sein wird. Aber die Zeit bis dahin nutzt die Landesregierung sichtlich gern dazu, eine Reihe von Finanzierungszusagen zu machen, die vorher unerlöst in der Pipeline steckten. Und auf einmal gibt es auch Bewegung für das Leipziger Sportmuseum. Schauplatz: die Ausstellung „In Bewegung“ im Stadtgeschichtlichen Museum.

Dort informierte Ministerpräsident Michael Kretschmer am Dienstagnachmittag, 21. August, darüber, Leipzig bei der Wiedererweckung des Sportmuseums unterstützen zu wollen.

Kretschmer verwies darauf, dass das Geld aus einer weiteren Tranche aus dem Vermögen der Parteien und Massenorganisationen der ehemaligen DDR stammt. Das sächsische Kabinett hatte vor einer Woche eine Projektliste mit einer Reihe von Maßnahmen beschlossen, die gefördert werden sollen. Darunter ist auch das Sportmuseum.

Die Mittel sollen von der Stadt Leipzig verwendet werden, um die langjährige lediglich provisorische Unterbringung dieser national wie international einmaligen sporthistorischen Sammlung aus rund 90.000 Exponaten zu beenden und sie wieder angemessen in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Denn 1996 musste ja die alte Ausstellung am Sportforum schließen. Seitdem ist die Sammlung zwar nicht heimatlos, aber nur interimistisch, jedoch ohne Ausstellungsfläche, an seinem jetzigen Standort Am Sportforum 10 untergebracht.

Der Museumsfundus umfasst Objekte und Dokumente ab dem 17. Jahrhundert. Herausragende Sammlungsgruppen sind Sportausrüstungen und -bekleidungen sowie Memorabilien vom 19. bis zum 21. Jahrhundert. Qualität und Quantität der Bestände zeichnen das Museum als eine der drei hochkarätigen sportmusealen Sammlungen Deutschlands mit internationaler Strahlkraft aus. Rund 40 Prozent des Sammlungsbestandes, über 35.000 Objekte, sind heute bereits digital recherchierbar – damit nimmt das Leipziger Sportmuseum eine Spitzenposition in Deutschland ein.

Die Ausstellung „In Bewegung“ macht derzeit einen Teil der Sammlung und ihr Anliegen sichtbar.

„Der Freistaat unterstützt das Projekt mit gut zwei Millionen Euro. Das Vorhaben ist wichtig für die Stadt Leipzig mit ihrer großen Sport-Tradition und für die vielen sportbegeisterten Menschen bei uns im Freistaat“, erklärt Michael Kretschmer. „Ich bin mir sicher, dass es auch über Sachsen hinaus eine große Ausstrahlung haben wird. Der Neubeginn für ein Sportmuseum hier in Leipzig ist eine große Bereicherung für die vielschichtige und attraktive Museenlandschaft in Sachsen.“

Und frohgelaunt gab sich auch Oberbürgermeister Burkhard Jung: „Die Unterstützung des Freistaats hilft uns, diese einzigartige Sammlung mit rund 90.000 Exponaten aus dem Archiv heraus ans Licht zu bringen und sie den sportbegeisterten Leipzigerinnen und Leipzigern endlich so zeigen zu können, wie sie es verdient hat. Viele der Exponate sind zunächst unscheinbar, hinter ihnen verbergen sich aber interessante Geschichten.

So zum Beispiel zwei Hockeyschläger der Olympischen Spiele 1960 und 1964. Der erste Schläger gehörte zur Mannschaft der Bundesrepublik, der 1964er Schläger zur DDR-Mannschaft. Damals hatte man sich geeinigt, nur eine deutsche Hockey-Mannschaft zu den Olympischen Spielen zu entsenden – jeweils die, die in der Qualifikation besser abgeschnitten hatte. So erzählen die Exponate auch ein Stück deutsch-deutsche Sportgeschichte.“

Aber noch hat Leipzig ja keinen Standort gefunden, auch wenn der Stadtrat eigentlich beschlossen hat, die ehemalige Nordtribüne des Schwimmstadions zum Sportmuseum umzubauen. Aber so richtig will sich auch die Verwaltung nicht mit diesem Standort anfreunden. Deswegen sucht man wieder in Innenstadtnähe nach einer geeigneten Unterbringung.

Bürgermeisterin für Kultur, Dr. Skadi Jennicke, die auch für die Museen der Stadt zuständig ist: „Mit der Unterstützung des Freistaates ist es der Stadt nun möglich ein Projekt umzusetzen, dass in Leipzig einen hohen emotionalen Stellenwert besitzt. Aufgrund der vielfältigen finanziellen Herausforderungen der Kommune ist es bisher nicht möglich gewesen, den Neubau und die Neukonzeption des Leipziger Sportmuseum alleine zu gestalten. Aufgrund der großen Sporttradition Leipzigs kann hier ein lebendiges Museum entstehen, das nicht nur lokale sondern nationale Sportgeschichte zeitgemäß präsentiert.“

Gefreut haben sich über die Geldzusage schon einmal die Grünen.

„Wir sind hocherfreut, dass die jahrelangen Bemühungen unserer und auch anderer Fraktionen um ein Sportmuseum endlich zum Erfolg führt und es gelungen ist, mit dem Freistaat eine Förderung zu erreichen, die es ermöglicht, eine neue Heimat zur Ausstellung einerseits der Leipziger Fußballhistorie, andererseits aber auch der vielschichtigen Leistungs- und Breitensportgeschichte der Sportstadt Leipzig darzustellen“, erklären Dr. Gesine Märtens, für Kulturpolitik zuständige Stadträtin, und Michael Schmidt, sportpolitischer Sprecher der Fraktion.“

„Bereits im vergangenen Jahr haben die Mitglieder des Fachausschusses Sport auf Initiative der bündnisgrünen Vertreter die Realisierung der sporthistorischen Stadtroute im Rahmen des laufenden Doppelhaushaltes auf den Weg gebracht. Hierbei werden die ersten Stationen noch in diesem Jahr eingeweiht. Die sporthistorische Stadtroute sollte die Initialzündung für einen anschließend großen Wurf beim Sportmuseum werden. Dass dies nun zu gelingen scheint, gibt unserer Initiative im Sportausschuss umso mehr Bestätigung und Bedeutung.“

Die aktuelle Ausstellung im Stadtgeschichtlichen Museum „Meilensteine der Sportgeschichte“ gibt auch aus ihrer Sicht einen Vorgeschmack auf das, was in einem öffentlich zugänglichen Sportmuseum zu erwarten sein wird. „Leipzig wird somit um eine kulturelle Attraktion reicher. Wir sind erfreut, dass die konkreten Planungen nunmehr vorangetrieben werden können und hoffen, dass das sporthistorisch bedeutsame Areal, der Stadionvorplatz mit den ehemaligen Kassenhäuschen und der Nordtribüne des früheren Schwimmstadions zu neuem Leben erweckt wird.“

Zur Geschichte des Sportmuseums Leipzig

Das Leipziger Sportmuseum wurde 1976 durch Ratsbeschluss gegründet und 1977 auf der Dammkrone des Zentralstadions eröffnet. Bis zum Ende der DDR diente es maßgeblich dazu, das Land als „Sportnation“ unter Beweis zu stellen. Nach 1991 reduzierte sich die Tätigkeit auf Sammlungs-, Dokumentations- und Forschungsaufgaben bei eingeschränktem Ausstellungsbetrieb an wechselnden Orten. Zielgerichtetes Sammeln, nun frei von politischen Vorgaben, beseitigte Defizite und wertete die Sammlungen enorm auf. Aber 1996 war dann am Sportforum Schluss. Seitdem wird über ein neues Sportmuseum in Leipzig diskutiert.

Die Ausstellung „IN BEWEGUNG – Meilensteine der Leipziger Sportgeschichte“ (im Stadtgeschichtlichen Museum bis zum 16.9.2018 zu sehen)

Sport ist ein gesellschaftliches Phänomen unserer Zeit und Teil der Alltagskultur. In seiner rasanten Ausbreitung und Ausdifferenzierung seit dem 19. Jahrhundert spiegeln sich politische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Entwicklungen.

Leipzig verfügt über lange und vielfältige Sporttraditionen. In der lebendigen Atmosphäre der Universitäts-, Verlags- und Messestadt engagierten sich Bürger und Studenten schon ab den 1820er Jahren im Turnen. Ab 1863 gründeten Enthusiasten Clubs im Reiten, Rudern, Radsport und Fußball. Im 20. Jahrhundert hatte der Sport weltweit Fuß gefasst. Und Leipzig wurde eine Stadt des Sports.

Die Ausstellung schlägt einen historischen Bogen über 575 Jahre – von den Vorläufern sportlicher Betätigung im 15. Jahrhundert bis zum Sport in der Gegenwart. Im Mittelpunkt stehen die Themen der Leipziger Sportroute.

Im Studio werden die sporthistorischen Sammlungen des Sportmuseums vorgestellt. Das Potential für künftige Ausstellungen zur Kulturgeschichte des Sports in einem neuen Sportmuseum kann damit aber nur angedeutet werden.

Die Leipziger Sportroute

2017 beschloss der Leipziger Stadtrat, das 2002 entwickelte Konzept einer Sportroute im öffentlichen Raum umzusetzen. Dafür lobte die Stadt einen Wettbewerb aus, der auf Ideen zur Gestaltung von nunmehr 22 Orten setzte. Sie alle sind mit Innovationen überregionaler Reichweite in Fragen des Sportstättenbaus, der Sportartenentwicklung sowie Institutionen des Sports verbunden. Darüber hinaus bewahren sie die Erinnerung an besondere Leistungen von Persönlichkeiten aus mehr als 200 Jahren des organisierten Sports.

Noch 2018 soll die erste Station an der Sporthalle Leplaystraße eingeweiht werden. Hier stand die Wiege des Leipziger Sportstättenbaus. Weitere folgen bis zum Deutschen Turnfest im Mai 2021.

Der Stadtrat tagt: Das Sportmuseum wird mal wieder Thema + Video

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