Es ist geschafft: Nach monatelangen Diskussionen und Petitionen hat der Stadtrat am 22. August fast einstimmig die sogenannte Sperrstunde für Gastronomiebetriebe und Clubs aufgehoben. Die Stadt passt sich damit an moderne Lebenswelten an. Ab sofort dürfen die Leipziger auch offiziell so lange tanzen und feiern wie sie möchten.
Stadträtin Juliane Nagel (Linke) betonte in der kurzen Debatte über die Verwaltungsvorlage: „Es ist eigentlich traurig, dass wir darüber diskutieren müssen. Wir leben längst in einer Zeit veränderter Lebens- und Arbeitsabläufe. Es hat sich ein anderes Nachtleben entwickelt, das nicht 0 Uhr oder 2 Uhr aufhört.“
Einen von der Verwaltung übernommenen SPD-Vorschlag, wonach die Stadt die Einführung eines städtischen Beauftragten für das Nachtleben prüfen soll, lehne die Linksfraktion jedoch ab. Das verlagere die Probleme auf eine Einzelperson, die schnell an ihre Grenzen stoßen würde. Stattdessen benötigten Clubs finanzielle Unterstützung beim Lärmschutz und sensible Behördenmitarbeiter.
SPD-Stadtrat Christopher Zenker bezeichnete die „Sperrstunde“ als „Relikt der Vergangenheit“. Sie habe keine Lärmprobleme beseitigt, sondern verstärkt, weil alle nachts um 5 Uhr zur selben Zeit auf die Straße gekommen seien. Clubs und Gastronomen müssten selbst entscheiden dürfen, wann sie ihre Einrichtungen reinigen. Das war der ursprüngliche Sinn der „Sperrstunde“. Die Idee eines Beauftragten für das Nachtleben stamme aus anderen Städten. Zenker wies außerdem auf aktuelle Probleme hin, etwa die von der Schließung bedrohten Einrichtungen im Leipziger Westen.
Norman Volger (Grüne) schloss sich im Wesentlichen den anderen Personen an: „Es gibt keinen Grund, die Menschen vom Singen und Tanzen abzuhalten. Jahrelang gab es kein Problem. Aber seit einiger Zeit weht im Ordnungsamt ein anderer Wind. Eine freie, liberale Stadtgesellschaft wird schikaniert. Erst die Clubs, dann die Spätis, was kommt als nächstes?“ In Richtung des Oberbürgermeisters sagte Volger: „Sorgen Sie dafür, dass die Kleingeister in dieser Verwaltung eingehegt werden.“
Darauf antwortete OBM Burkhard Jung (SPD): „Die Mitarbeiter versuchen im Rahmen der Gesetze zu agieren. Das ist nicht einfach. Es gibt berechtigte Ruhebedürfnisse. Das hat mit Kleingeisterei nichts zu tun.“
So ähnlich sah es auch FDP-Stadtrat Sven Morlok aus der Freibeuter-Fraktion: „Wenn wir in unserem Staat Regeln haben, dann müssen wir auch für deren Einhaltung sorgen. Und wenn uns die Regel nicht passt, dann müssen wir sie im Stadtrat aufheben.“ Zur „Sperrstunde“ sagte er: „Die Lebensgewohnheiten der Menschen haben sich in der Tat geändert. Wenn es keinen Grund gibt, dass der Staat etwas regelt, dann soll er es auch nicht tun.“
Während es für die Idee der SPD keine Mehrheit gab, stimmte der Stadtrat fast einstimmig für die Abschaffung der „Sperrstunde“. Von 52 Personen votierten 47 dafür.
Keine Kommentare bisher