Da haben wir doch einfach behauptet, Leipzig habe gar kein Tourismuskonzept. Doch, schrieb uns ein Leser: „Beim TEP liegen Sie falsch.“ Stimmt schon. Vielleicht wäre die Formulierung besser gewesen: Das, was Leipzig als TEP vorliegen hat, genügt den simpelsten Ansprüchen an ein Tourismuskonzept nicht. Was auch das Finanzdezernat deutlich formuliert. Denn mit dem 2016 bestätigten TEP kann man nicht mal die Höhe der Gästetaxe berechnen.

Vom Fehlen eines touristischen Leitbildes ganz zu schweigen. Was auch wieder daran liegt, dass Leipzig die Tourismusvermarktung ausgelagert hat an eine Gesellschaft, die eigentlich wirklich nur für Image und Marketing zuständig ist, nicht zur Steuerung der touristischen Entwicklung. Das ist die LTM, die Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH, seit 2008 arbeitend.

Da verblüffte es schon, dass das Wirtschaftsdezernat die Aufgabe zur Erstellung des TEP an die LTM weitergab, die damit dann wieder eine andere Firma, die BTE Tourismus- und Regionalberatung in Berlin, beauftragte. Es ist einer der vielen für die Ägide Burkhard Jung typischen Schritte, zentrale Aufgaben der Stadt an externe Dienstleister auszulagern.

Das Ergebnis konnte in diesem Fall nur eine summarische Auflistung sein mitsamt einem ellenlangen Aufgabenkatalog, der aber fast ausschließlich Planungsaufgaben der Stadt benennt – vom Ausbau tourismusfreundlicher Tarife im ÖPNV über den Ausbau des (touristischen) Radwegenetzes bis hin zum Ausbau des Gewässernetzes mit Ausbau von Häfen und Kanälen und – ach ja: Freilegung der Alten Elster. Ein Nonsens-Projekt, bei dem sich selbst die Landestalsperrenverwaltung fragt, ob Leipzig die Millionen gern zum Fenster rausschmeißt.

Aber augenscheinlich hat der Stadtrat dieses Nicht-Konzept 2016 unbesehen bestätigt. Oder genauer, so wie es im Ratsinformationssystem dargestellt ist: am 24. Februar 2016 „zur Kenntnis genommen“.

Und jetzt hat das Finanzdezernat erst mal hineingeschaut und fand nur ein unbelastbares Sammelsurium.

Und so kann man in der Vorlage des Finanzdezernats zur Gästetaxe lesen: „Anhaltspunkte dafür, welche Messe- und Kongresstourismuseinrichtungen und -veranstaltungen, welche kulturtouristischen Anlagen, Einrichtungen und Veranstaltungen, aber auch welche sport- und erlebnistouristischen Anlagen, Einrichtungen und Veranstaltungen in der Stadt Leipzig vorhanden sind, ergeben sich aus dem Touristischen Entwicklungsplan (TEP) der Stadt Leipzig. Der TEP ist das zusammenfassende Tourismuskonzept der Stadt Leipzig!“

Das Ausrufezeichen hat das Finanzdezernat gesetzt. Das ist für dieses Dezernat schon eine hochemotionale Äußerung.

Denn dass der TEP seinen Sinn überhaupt nicht erfüllt, wird in den nächsten Sätzen deutlich: „Derzeit allerdings sind dort die zumindest auch dem Tourismus dienenden Angebote der Stadt zumeist nur beispielhaft angesprochen. Ausschließlich die Motivlage der Stadt, also ihr Wille, dass die jeweilige Einrichtung hauptsächlich touristischen Zwecken dient, ist für diese Überlegung jedoch nicht ausreichend. Für die Ermittlung des touristischen Nutzungsanteils bedarf es mindestens einer an den konkreten örtlichen und insoweit auch einrichtungsbezogenen Verhältnissen orientierten Schätzung, für die plausible Argumente in der Kalkulation benannt werden müssen.“

Dazu hat man dann die Kontrollfrage gestellt: „Gäbe es die Einrichtung – in diesem Umfang und in dieser Qualität – auch, wenn der Ort kein besonderes touristisches Profil hätte?“

Eigentlich ist es eine Gretchenfrage für ein touristisches Konzept: Erst einmal festzustellen, was wirklich für die Tourismusentwicklung einer Stadt wichtig ist und was deshalb auch gezielt entwickelt und gefördert wird und mit welchen Summen.

Aber wenn es um konkrete Zahlen geht, wird die ganze Tourismusdiskussion in Leipzig diffus.

Und auch mit dem Zielbild der Konzeption wird es problematisch.

„Es ist zwingend erforderlich, das touristische Leitbild klar zu definieren und zu kommunizieren. Im Touristischen Entwicklungsplan sind Maßnahmen zu implementieren, die zielgerichtet der Erhöhung der touristischen Strahlkraft der Stadt Leipzig dienen“, schreibt das Finanzdezernat. „Dazu wird gegenwärtig unter der Leitung des Koordinators für Tourismus im Amt für Wirtschaftsförderung ein Programm an Maßnahmen und Einzelprojekten aus dem TEP entwickelt, das im Herbst 2018 der Ratsversammlung zur Beschlussfassung vorgelegt wird.

Nachfolgend ist der TEP in Übereinstimmung mit der Tourismusstrategie des Freistaates Sachsen fortzuschreiben.

Bei der Erstellung von Unternehmensstrategien bzw. der Ausrichtung von Förder- und Zuwendungsrichtlinien in der Stadt Leipzig ist der Tourismus als ein Aspekt der Leitbilderstellung bzw. des Förderzieles aufzunehmen.“

Leipzig hat zwar mittlerweile einen Tourismuskoordinator im Amt für Wirtschaftsförderung, der auch irgendwie mit dem TEP arbeitet: „In diesem Fachkonzept sind sämtliche Analysen und Planungen dokumentiert und zusammengeführt worden. Der Touristische Entwicklungsplan der Stadt Leipzig dient seit 2016 als strategische Richtschnur für die nachhaltige Entwicklung des Tourismus in der Stadt Leipzig und ist Bestandteil der Marketing- und Destinationsstrategie der ‚Leipzig Region‘.“

Aber in Leipzig ist das alles noch etwas komplizierter. Denn Leipzig ist auch Messe- und Kongressstadt. 60 bis 70 Prozent der Übernachtenden sind Geschäftsreisende. Die aber freilich auch gern die Kulturangebote wahrnehmen. Und in Umfragen wird Leipzig als Tourismusziel vor allem als Kulturstadt wahrgenommen. „Leipzig wird durch die befragten Gäste als eine kulturelle, historische Stadt charakterisiert. Attribute sind Universitätsstadt, historische Stadt, Stadt der friedlichen Revolution 1989, Kultur- und Musikstadt. Gerade Stammgäste nehmen Leipzig als Stadt der friedlichen Revolution 1989, historische Stadt und Kulturstadt wahr.“

Trotzdem macht das TEP vier touristische Themenschwerpunkte aus – zur Musik- und Kulturstadt und der Messe- und Kongressstadt auch noch den ganzen Teil mit dem Gewässerverbund, der überregional überhaupt nicht wahrgenommen wird, und als Viertes auch noch Events und Shopping.

Alle gleichwertig nebeneinander. Das ergibt weder Struktur noch Sinn und das eigentliche Leitbild fehlt. Sogar die 2016 noch gepriesene Marke „Leipziger Freiheit“ wurde mittlerweile kassiert. Aber im Herbst soll ja der überarbeitete TEP vorliegen. Vielleicht wird es dann endlich konkret.

Das Touristische Entwicklungskonzept für Leipzig ist schon zwei Jahre lang überfällig

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