Wenn das mal gutgeht. In der letzten Ratsversammlung hat ja Finanzbรผrgermeister Torsten Bonew erst klargemacht, wie eng die aktuelle Haushaltssperre mit dem Schulbauprogramm in Leipzig zusammenhรคngt. Die sรคchsische Staatsregierung ist zwar stolz darauf, dass sie in diesem Jahr 68 Millionen Euro zur Fรถrderung des Schulenbauens bereitstellt. Aber da teilen sich die Kommunen rein. Und fรผr Leipzig reicht die Fรถrderung nicht hinten und vorne.
Was gleich am Freitag, 25. Mai, Heiko Oรwald, der die SPD-Fraktion im Finanzausschuss vertritt, deutlich zur Sprache brachte: โDie in der Vorlage vorgesehenen Projekte haben einen Gesamtinvestitionsumfang von rund 150 Millionen Euro. Fรผr die Stadt Leipzig ist das eine riesige finanzielle Herausforderung und bislang sind die Maรnahmen nicht vollstรคndig finanziell untersetzt.โ
Und das ist nicht neu. Das erschwert Leipzig nun schon seit mehreren Jahren alle geplanten Schulneubauten auch zeitnah umzusetzen.
Oรwald: โWeil wir hier eine Pflichtaufgabe zu erfรผllen haben, fรผhrt an diesen Investitionen auch kein Weg vorbei. Das Problem der fehlenden Schulplรคtze ist vor allem dadurch entstanden, dass einige Schulbauprojekte nur verzรถgert umgesetzt und andere bislang gar nicht realisiert wurden. Das betrifft vor allem die Schulen, die auf dem Areal am Bayerischen Bahnhof und auf dem Jahrtausendfeld entstehen sollten. Hier tut sich nichts.
Die Stadt muss ihre Interessen gegenรผber grรถรeren Investoren mit deutlich mehr Nachdruck durchsetzen und, wenn es sein muss, dafรผr auch alle rechtlichen Mittel ausschรถpfen, die Kommunen haben. Die Verzรถgerungen und Nichtumsetzungen von Schulbauprojekten sind auch der Grund dafรผr, dass die Stadt in den letzten beiden Jahren keine neuen Kredite aufgenommen hat und stattdessen weiter Schulden tilgen konnte. In den letzten zwei Jahren ist der Schuldenstand der Stadt deshalb um fast 100 Millionen Euro gesunken.
Ohne neue Kredite lassen sich die aktuellen Vorhaben allerdings nicht umsetzen und deshalb erwarten wir von der Landesdirektion, dass sie der Stadt mehr Spielraum fรผr neue Kreditermรคchtigungen einrรคumt, ohne dass darunter die Genehmigungsfรคhigkeit des kommenden Doppelhaushalts leidet. Vom Freistaat Sachsen erwarten wir eine deutliche Aufstockung des Schulbaufรถrderprogramms, weil der akute zusรคtzliche Schulplatzbedarf auch durch die gesetzliche Neuregelung zur Klassenbildung verursacht ist.โ
Vorgestellt hat das groรe Schulbauprogramm natรผrlich Oberbรผrgermeister Burkhard Jung selbst. Immerhin hat er 12 Jahre lang darauf hingearbeitet, dass Leipzig รผberhaupt mal die finanziellen Spielrรคume bekommt, um solche Investitionsplรคne aufzulegen. Doch gerade bei der Schulbaufรถrderung spielt die Staatsregierung weiterhin den Zuchtmeister und knausert mit den dringend benรถtigten Mitteln.
In Dresden weiร man sehr genau, wie viele neue Schulplรคtze in Leipzig gebraucht werden. Aber man denkt noch immer im Armuts-Modus von 2004 und knausert mit den Fรถrdermitteln.
โIn den nรคchsten Jahren sollen rund 150 Millionen Euro in neue und erweiterte Schulhรคuser in Leipzig flieรen. Diese Bauprojekte werden zusรคtzlich zu den bereits in der Schulentwicklungsplanung Fortschreibung 2017 geplanten Maรnahmen in Angriff genommen. Sie sind unabdingbar, um den Mehrbedarf, der in der bisherigen Planung nicht abgebildet ist, zu deckenโ, betonte Jung.
โStarkes und anhaltendes Bevรถlkerungswachstum und Zuzug sowie Gesetzesรคnderungen beim Klassenteiler bringen uns bei den Schulkapazitรคten an unsere Grenzen. Hinzu kommt, dass die Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland und im Freistaat auf eine solche Entwicklung nicht angepasst sind. Die Verfahren dauern zu lange, der Engpass besteht aber jetztโ, sagt Jung. โDeshalb wollen wir gemeinsam mit dem Stadtrat ein Prozedere finden, das uns ein deutlich schnelleres Bauen in den nรคchsten Jahren ermรถglicht.โ
Und auch der Mann, der das Geld verwaltet, war natรผrlich gefragt.
โUm eine schnelle Mittelbereitstellung fรผr die unmittelbar zu beginnenden Maรnahmen zu gewรคhrleisten, wurde eine Haushaltssperre verhรคngtโ, erklรคrt Finanzbรผrgermeister Torsten Bonew noch einmal sein รผberraschendes Vorgehen im April. โAuf diesem Wege kann die kommunale Pflichtaufgabe Schulbau auch haushaltswirtschaftlich
Seine Aufmerksamkeit gelte der Finanzierung der vielen Projekte, betonte Bonew. โMit Blick auf den Umfang des Maรnahmenpakets ist aber ebenso klar, dass die vor uns liegende Aufgabe mittelfristig nur mit Hilfe eines verstรคrkten Engagements des Freistaats zu bewรคltigen ist. Die Stadt Leipzig muss einer der Schwerpunkte fรผr die Vergabe der Landesfรถrdermittel fรผr den Schulhausbau sein. Dabei ist auch zu beachten, dass alle gรคngigen Fรถrderinstrumente bislang der Bedarfs- und Kostenentwicklung hinterherlaufen. Allein dieser Zeitverzug und die entsprechende Zwischenfinanzierung stellen uns vor erhebliche Herausforderungen.โ
Als Sofortmaรnahme soll in 2019/2020 am Barnet-Licht-Platz, Thonberg, eine vierzรผgige Oberschule entstehen. Geplant ist, ein modulares Raumsystem aufzubauen. Die dort vorhandenen Wohnmodule, die fรผr einen Einsatz als Unterbringungsmรถglichkeit fรผr Asylsuchende geplant waren, sollen fรผr andere Zwecke (z. B. fรผr Sportvereine) umgesetzt werden.
Das Paket ist รผberfรคllig, stellt Heiko Oรwald fest: โSchon seit Jahren ist klar, dass der Schulhausbau forciert werden muss, allerdings ist es bislang nur sehr schleppend vorangegangen. Einige der vorgeschlagenen Maรnahmen zeigen deutlich, wie angespannt die Lage ist. Es gibt kaum noch Flรคchen, die groร genug sind, um Schulen zu bauen. Wenn dann etwas gefunden wurde, ist die Lage vielleicht nicht so optimal, wie wir uns das wรผnschen. Bei der Schaffung von Schulplรคtzen ist die Zeit fรผr Gestaltung lรคngst vorbei. Es zรคhlt nur noch, jedes Jahr die Pflichtaufgabe der Stadt umzusetzen. Schlieรlich muss jedem Kind ein Schulplatz zur Verfรผgung stehen.โ
Und warum die Probleme noch weiter wachsen, hatte Sozialbรผrgermeister Thomas Fabian ja schon in der Ratsversammlung erklรคrt. Die im August 2017 in Kraft getretene Klassenbildungsverordnung muss ab dem nรคchsten Schuljahr umgesetzt werden. Entsprechend dieser Verordnung muss die Schรผlerzahl pro Klasse abgesenkt werden, sobald Kinder und Jugendliche mit sonderpรคdagogischem Fรถrderbedarf Teil dieser Klassen sind. Um diese Verordnung umsetzen zu kรถnnen, muss die Stadt Leipzig zusรคtzlich pro Jahr sechs bis sieben Klassen an Oberschulen einrichten.
โAus pรคdagogischer Sicht ist das sinnvollโ, erklรคrt SPD-Stadtrรคtin Ute Kรถhler-Siegel, die selbst Grundschullehrerin ist. โDas stellt allerdings die Schultrรคger besonders dann vor enorme Herausforderungen, wenn die Schรผlerzahlen aufgrund hoher Geburtenraten und vieler Zuzรผge deutlich schneller steigen als Schulen erweitert oder neu gebaut werden kรถnnen.โ
Nach der Maรnahme am Barnet-Licht-Platz sollen zehn weitere Bauprojekte an weiterfรผhrenden Schulen in Angriff genommen werden:
โ Neubau einer 5-zรผgigen Oberschule im Leipziger Norden,
โ Neubau eines 5-zรผgiges Gymnasiums im Leipziger Norden,
โ Mannheimer Straรe 128, Grรผnau: Komplexsanierung, drei- bis vierzรผgiges Gymnasium,
โ Schraderhaus am Tรคubchenweg 26, Reudnitz: Komplexsanierung, vierzรผgige Oberschule,
โ Apollonia-von-Wiedebach-Schule, Arno-Nitzsche-Straรe 7, Connewitz: Anbau mit sechs allg. Unterrichtsrรคumen mit Erhรถhung um einen Zug,
โ Schule am Adler, Antonienstraรe 24, Plagwitz: Komplexsanierung und Erhรถhung um einen Zug,
โ Hainbuchenstraรe, Paunsdorf: Reaktivierung des Gebรคudes als dreizรผgige Oberschule mit Komplexsanierung,
โ Georg-Schumann-Schule, Glockenstr. 6, Zentrum-Sรผdost: Komplexmodernisierung und Erweiterung mit Erhรถhung um 2,5 Zรผge,
โ Gymnasium an der Telemannstraรe, Musikviertel: Modularer Erweiterungsbau mit acht allgemeinen Unterrichtsrรคumen und Erhรถhung um einen Zug,
โ Johannes-Kepler-Gymnasium, Dieskaustr. 76, Kleinzschocher: Erweiterungsbau mit 12 Unterrichtsrรคumen, Kapazitรคtserweiterung um
zwei Zรผge,
Zusรคtzlich ist geplant, die Gebรคude Torgauer Straรe 114 (Schรถnefeld-Ost) und Eutritzscher Straรe 17-19 (Zentrum-Nord) zum Umbau in eine weiterfรผhrende Schule anzumieten.
Auch an bestehenden weiterfรผhrenden Schulen sollen die Kapazitรคten verdichtet werden.
Auรerdem sind Erweiterungen an vier Grundschulen geplant:
โ 91. Grundschule, Uranusstraรe 1, Grรผnau โ Erweiterungsbau mit sieben Unterrichtsrรคumen und Mensa,
โ Alfred-Kรคstner-Grundschule, Gartenwinkel 30 โ Lindenthal, Erweiterungsbau mit vier Unterrichtsrรคumen und Mensa,
โ 172. Grundschule, Prieรnitzstr. 19, Leutzsch โ Erweiterung um acht bis zehn Unterrichtsrรคume und Mensa,
โ Grundschule Bรถhlitz-Ehrenberg, Heinrich-Heine-Straรe 64, Erweiterung um zehn Unterrichtsrรคume sowie diverse weitere Rรคume.
Grรผnen-Politikerin misstraut dem Versprechen, dass Sachsens Regierung die Gรคngelei bei Fรถrdermitteln tatsรคchlich beenden will
Leipziger Zeitung Nr. 55 seit Freitag, 25. Mai im Handel
Verweigerte Verantwortung, gefรคhrliche Jahnallee, verkorkstes Bildungswesen und Leipzig im Weltkrieg
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