Drastische Worte hatte die SPD-Fraktion in ihrer Anfrage zu einer vermeintlichen Krähenplage in Leipzig gefunden: „Die Krähen sind laut, rotten sich gern in größeren Gruppen zusammen und koten auf Autos, Fahrräder und Gehsteige.“ Aber augenscheinlich hat sich die Fraktion da von ein paar Zeitgenossen irre machen lassen, die glauben, ihr geputztes Auto sei wichtiger als die geschützten Rabenvögel. Von einem „Krähenkrieg“ hat jedenfalls das Umweltdezernat noch nichts gehört
Das hat jetzt nämlich auf die durchaus seltsame Anfrage der SPD-Fraktion geantwortet. Und um die Antworten richtig einzuordnen, hat es für die augenscheinlich mit Umweltschutz nicht wirklich befassten Sozialdemokraten „Grundsätzliches zum Sachverhalt“ vorangestellt.
„Das Szenario eines Krähenkrieges oder einer flächendeckenden Krähenplage kann für die Stadt Leipzig nicht bestätigt werden. Saat- und Rabenkrähen gehören zur Familie der Rabenvögel. Als einheimische Vögel unterliegen die Rabenvögel der EG-Vogelschutzrichtlinie und sind nach Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besonders geschützt. Die Saatkrähe unterliegt u. a. den Zugriffsverboten des § 44 Abs. 1 BNatSchG.
Damit verbunden sind sowohl der Schutz der Individuen, deren Gelege und deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten als auch der Schutz vor erheblichen Störungen während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser- Überwinterungs- und Wanderungszeiten im Hinblick auf den Erhaltungszustand der lokalen Populationen der Art. Die Rabenkrähe (Aaskrähe) ist grundsätzlich ebenfalls nach dem BNatSchG besonders geschützt.
Da sie aber zugleich dem Jagdrecht unterliegt, sind gemäß § 37 Abs. 2 S. 2 BNatSchG vorrangig die entsprechenden jagdrechtlichen Vorschriften anzuwenden. Die im Winter in Leipzig auftretenden großen Krähenschwärme werden in der Mehrzahl von Saatkrähen gebildet, die aus Osteuropa stammen und im Frühjahr wieder in ihre Brutgebiete zurückkehren.“
Und dann geht’s zum Text und der irgendwo aus dem Musikviertel stammenden Behauptung, in Leipzig gäbe es eine Krähenplage. Da war wohl ein Musiker ziemlich betrunken, als er das geäußert hat. Wir geben Fragen und Antworten einfach so wieder, wie sie ausgereicht wurden. Das sagt eigentlich alles. Und wer bisher nur Musik im Kopf hatte, lernt auch noch ein bisschen was über die geschützten Vögel.
Hat die Stadtverwaltung Kenntnis von dieser Situation? Wenn ja, welche Stadtteile sind besonders betroffen?
Bei der unteren Naturschutzbehörde sind derartige Beschwerden bisher nicht eingegangen. Die untere Jagdbehörde und die Tierschutzbehörde wurden im Frühjahr 2017 über die Attacke einer Rabenkrähe im Bereich des Augustusplatzes informiert. Die Attacke wiederholte sich nicht, bei einer Vorortkontrolle wurde das Tier nicht gesichtet. Die Problematik des Krähenkotes unter den Schlafbäumen der Saatkrähenschwärme im Winter ist bekannt.
Gibt es Informationen, wie sich der Krähenbestand im Leipziger Stadtraum entwickelt hat?
Im Jahr 2016 wurde das 1995 errichtete Flächennaturdenkmal (FND) „Saatkrähenbrutkolonie Stötteritzer Wäldchen“ aufgehoben, da hier über mehrere Jahre keine Bruten von Saatkrähen (Corvus frugilegus L.) mehr nachgewiesen wurden. Erfassungen des Krähenbestandes im übrigen Stadtgebiet wurden von der Naturschutzbehörde selbst nicht durchgeführt oder veranlasst. Anhand der Daten des Ornithologischen Vereins zu Leipzig e.V. gilt die Saatkrähe als Brutvogel in Leipzig als ausgestorben.
Die Anzahl überwinternder Saatkrähen sei in der Stadt rückläufig. Die allgemeine Entwicklung des Bestandes der Rabenvögel in den vergangenen 40 Jahren, kann für den Freistaat Sachsen der Veröffentlichung „Brutvögel in Sachsen“ des Sächsischen Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie entnommen werden. Aus der Sicht der unteren Jagdbehörde ist der Bestand an Rabenkrähen in Leipzig in den letzten Jahren relativ konstant. Das äußert sich auch darin, dass die jährliche Strecke mit ca. 12 erlegten Tieren relativ gleichbleibend war.
Was kann die Stadt unternehmen, um den betroffenen Anwohnern zu helfen?
Es handelt sich um wildlebende Tiere, diese sind herrenlos. Die Stadt Leipzig muss nichts unternehmen und kann nichts unternehmen, außer den Ratschlag zu geben, möglichst keine Fütterung der Tiere, gewollt oder ungewollt, durch Lebensmittelreste durchzuführen.
Welche Möglichkeiten sieht die Stadt, starke Verunreinigungen durch Vogelkot auf Straßen, Wegen und dort abgestellten Fahrzeugen zu verhindern?
Realistisch und praktikabel durchführbare Möglichkeiten gibt es nicht.
Können dazu Erfahrungen von anderen großen Städten genutzt werden, und wenn ja welche?
Uns sind keine durchschlagenden Problemlösungen aus anderen Städten bekannt.
Sind ähnliche Problemlagen wie am Berliner Hauptbahnhof auch in Leipzig aufgetreten?
Uns liegen keine derartigen Informationen vor.
Keine Kommentare bisher
“Welche Möglichkeiten sieht die Stadt, starke Verunreinigungen durch Vogelkot auf Straßen, Wegen und dort abgestellten Fahrzeugen zu verhindern?”
Echt jetzt?! Wer fragt denn so nen Blödsinn. Und vor allem – was erwarten die denn für Lösungen? Vogelkotverbotsschilder? Windeln für alle Vögel?
Menschen….