Am 18. April schien die Uhr in der Ratsversammlung schneller als gewohnt zu tickern. Oder die Stadträte mehr Redebedarf als erwartet zu haben. Jedenfalls war man gerade einmal beim Bericht des Oberbürgermeisters angelangt, als die Glocke auf 21 Uhr, dem offiziellen Ende der Versammlung zuschritt. Hatte Burkhard Jung da noch Erfreuliches über die Abwendung des 500 Millionen-Euro-Risikos bei den Kommunalen Wasserwerken zu berichten, dürfte in der heutigen Sitzung seine aktuelle Überlegung, Präsident des ostdeutschen Sparkassenverbandes und damit nicht nochmals OB-Kandidat für 2020 zu werden, mindestens am Rande der von der Vorwoche übrig gebliebenen Themen eine Rolle spielen.
Diese lauten unter anderem, wie die Stadt Leipzig Menschen bei Wohnungskündigungen unterstützen kann, was so an Gewalt an den Leipziger Schulen existiert, wie groß das Problem des Linksextremismus in Leipzig ist (will die AfD wissen) und wie man zukünftig Rechtsextremismus auf der Buchmesse unterbinden könne (fragt die Linke). Und natürlich darum, wie die LVB zukünftig mit Fahrplanausfällen und der Information darüber gegenüber den Fahrgästen verfahren soll und was nun aus dem „Bildungs- und Bürgerzentrum Grünau“ wird.
In einer weiteren Nachfrage möchte Christopher Zenker wissen – nachdem die letzten Reste des Sportplatzes des Vereins „SK Bar Kochba“ an der Delitzscher Straße in Eutritzsch endgültig zerstört sind – wie zukünftig an das jüdische Erbe der Leipziger Sportgeschichte gedacht werden könnte und ab wann die Stadt mögliche Planungen umsetzen wird?
Doch mindestens unterschwellig wird sicherlich heute auch ein Thema mitschwingen, was seit wenigen Stunden bekannt ist. Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) erwägt, sich um die Position des Präsidenten des ostdeutschen Sparkassenverbandes zu bewerben. Neuer Amtsantritt in Berlin wäre dann der Juni 2019, was die Wahl eines neuen Oberbürgermeisters in Leipzig praktisch ein Jahr eher als eigentlich vorgesehen im Frühjahr 2020 nötig machen würde.
Noch sind es Spekulationen und Jung ist nicht der einzige Bewerber um den mit 400.000 Euro Jahresgehalt dotierten Job, wie der MDR berichtet. Doch lange kann man einen solchen Schwebezustand kaum aufrechterhalten – bereits heute forderte die FDP Leipzig eine rasche Klärung: „Andernfalls wird es zerredet. Leipzig braucht eine solide Führung mit jemandem an der Spitze, der mindestens 100 Prozent gibt. Wir brauchen niemanden, der nicht bei der Sache ist. Die Herausforderungen in unserer Stadt sind dafür zu groß“, so FDP-Kreisvorsitzender Friedrich Vosberg.
Zur Klarheit gehöre auch, so Vosberg weiter, „dass – sofern sich Jung für eine Kandidatur entscheidet und gewählt wird – er seine Aufgaben in der Sparkasse Leipzig komplett ruhen lässt und gleichzeitig einen geordneten Übergang auf eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger organisiert. Dafür müssen Wahltermine und Amtsübergabe klar sein. Ein personelles Vakuum wäre alles andere als gut für unsere Stadt.“
Die Tagesordnung vom heutigen 25. April 2018 (Ratsinfo Stadt Leipzig)
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