Alkohol, Lärm und Gestank aus Sicht der einen; ein Ort des sozialen Kontakts und der Wärme aus Sicht der anderen – die Situation an den Eingängen zum Hauptbahnhof sorgt für Diskussionen. Die Linksfraktion wollte einen Runden Tisch einrichten, fand im Stadtrat dafür jedoch keine Mehrheit. Die Verwaltung argumentiert, dass sich bereits genügend Gremien damit befassen.
„Die Situation am Hauptbahnhof ist nicht zufriedenstellend – darauf können sich wohl alle einigen“, stellte Linke-Stadträtin Juliane Nagel zu Beginn ihrer Rede fest. Mit „Situation“ meinte sie dabei: Zum einen hielten sich seit etwa einem Jahr viele Menschen vor den Eingängen auf, die betteln, Alkohol trinken, offenbar teilweise obdachlos sind und dort soziale Kontakte und Wärme suchen. Zum anderen beschwerten sich Passanten über eben jene Bettelei sowie Lärm und Gestank. Wieder andere beklagten negative Auswirkungen auf Wirtschaft, Sicherheit und Ordnung.
Hinzu kommt seit einiger Zeit die Musik, die aus den Lautsprechern dröhnt; laut Nagel ein „mehr oder weniges subtiles Mittel, um Menschen davon abzuhalten, sich dauerhaft dort aufzuhalten“. Die Linksfraktion beantragte deshalb einen temporären Runden Tisch zur Beilegung der Konflikte. Daran sollten sich sowohl Vertreter von Stadt, Bahn und Polizei sowie soziale Einrichtungen beteiligen.
Zugleich forderte die Linksfraktion, einen Stadtratsbeschluss vom März zurückzunehmen. Demnach sollen die Stadt und die Bahn eine Nutzungsvereinbarung für die überdachten Flächen schließen. Laut Nagel wäre das zum Nachteil der Personen, die sich dort aufhalten, da die Hausordnung der Bahn restriktiv sei: Gegen Betteln, Alkohol und laute Musik.
Norman Volger, der Vorsitzende der Grünen, erklärte, dass seine Fraktion dem Antrag zustimmen werde – allerdings aus anderen Gründen: „Die Verwaltung hat uns auf Nachfrage mehrmals gesagt, dass sowieso die Bahn zuständig ist.“ Die Vereinbarung sei also überflüssig.
Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal (Linke) stellte klar: „Bislang ist die Nutzungsvereinbarung nicht unterzeichnet. Richtig ist, dass diese eine Klarstellung ist. Wir formulieren dort die gesetzlichen Grundlagen: Alles unter den Dächern zählt zur Bahn. Dort kann sie Hausrecht ausüben.“ Wichtig sei eine Lösung ohne Diskriminierung und Vertreibung aus dem öffentlichen Raum.
Anschließend entbrannte zwischen ihm und Volger eine Diskussion über den geforderten Runden Tisch. Während Rosenthal argumentierte, dass es bereits andere Gremien gebe, in denen alle wichtigen Gruppen vertreten seien, hielt Volger dagegen, dass dies nicht der Fall sei. Beide kamen zu dem Schluss, dass sie der Logik des jeweils anderen nicht folgen könnten. Juliane Nagel ergänzte zur Rosenthal-Rede, dass sich um die Fläche unter den Bahnhofsdächern nicht zwangsweise die Bahn kümmern müsse – dies könne auch Aufgabe der Stadt sein.
Am Ende reichte es nicht für eine Mehrheit. Lediglich 26 Personen stimmten für den Antrag, 39 votierten dagegen. Nun liegt es an den schon bestehenden Gremien, eine Lösung zu finden.
Video aus dem Stadtrat Leipzig, 18.04.2018, Quelle: Livestream Stadt Leipzig
Linksfraktion fordert Runden Tisch für den Hauptbahnhof und ein Ende der grausamen Musikbeschallung
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