Was passiert eigentlich, wenn Parteien auf Landesebene anders reden als auf kommunaler Ebene? Wenn sie oben knausern und unten versuchen, den Oberbürgermeister auszubremsen? Es setzt Kritik. Da hält sich der Leipziger Freidemokrat René Hobusch nicht zurück: Er hat CDU und SPD im Leipziger Stadtrat bei der Ablehnung der Erhöhung der Elternbeiträge für die Kita-Betreuung Scheinheiligkeit vorgeworfen.
Über Bildungspolitik und Bildungsgerechtigkeit wird ja auch auf Bundesebene debattiert. Und irgendwie auch auf Landesebene, obwohl dort bis vor kurzem noch der Finanzminister bestimmte, wo es langgeht. Und der unüberlegte Versuch, das Lehrerproblem mit einer Schnellverbeamtung der vorhandenen Lehrer zu lösen, ist bekanntlich kläglich gescheitert. Zu lange hat die sächsische Staatsregierung gerade beim Bildungsthema geknausert und gespart, als wäre Bildung etwas, was man auch am Fließband produzieren kann.
Ein Ergebnis war auch, dass die Kommunen seit zehn Jahren ganz allein auf den steigenden Kita-Kosten sitzen blieben. Der Freistaat zog sich aus der paritätischen Finanzierung zurück. Und der Leipziger Stadtrat diskutiert jetzt wieder einmal darüber, dass die entstehenden Mehrkosten anteilig allein an die Eltern durchgereicht werden müssen.
Wogegen sich SPD- und Linksfraktion schon deutlich verwahrten. Der Automatismus belastet ganz allein die jungen Eltern.
Dass auch die CDU-Fraktion in diese Kerbe schlägt, verblüfft nicht nur FDP-Stadtrat René Hobusch.
„Wer es mit gleichen Bildungschancen für alle ernst meint, darf nicht bei den Kitas zulangen und den Eltern in die Tasche greifen, während zugleich ein Studium in der Bundesrepublik gratis zu haben ist“, sagte Hobusch am Wochenende in einer ersten Reaktion auf die ablehnende Haltung von SPD- und CDU-Fraktion im Leipziger Stadtrat zur Ankündigung des Oberbürgermeisters, die Elternbeiträge für Kitas und Hort anheben zu wollen.
„Union und SPD regieren im Land und im Bund zusammen. In Leipzig stellen sie den Oberbürgermeister, den Finanz- und den Sozialbürgermeister. Wenn jetzt Schwarz-Rot im Stadtrat daherkommt und die Erhöhung der Elternbeiträge ablehnt, dann ist das eine Palastrevolution wegen 16 Euro und verlogen dazu”, sagte Hobusch. “Denn im Freistaat und im Bund haben es die nicht mehr ganz so großen Koalitionen aus CDU und SPD in der Hand, endlich die Weichen in Richtung gleicher Bildungschancen für alle zu stellen. Und wenn es CDU und SPD im Freistaat ernst meinen, lassen sie die Lehrerverbeamtung und entlasten stattdessen die Eltern.“
Geredet wird ja über diese Bildungschancen seit Jahren. Schon drei Merkel-Regierungen hatten das Thema auf der Tagesordnung. Meist sperrten sich die Landesregierungen. Aber gerade bei der Kita-Finanzierung war es ganz allein die sächsische Landesregierung, die hier die Mehrkosten auf die Kommunen abwälzte.
Hobusch verwies darauf, dass die FDP-Stadträte bereits der letzten Erhöhung der Kita-Gebühren widersprochen hatten.
“Damals wurden die Steigerungen bei den Personalkosten den Eltern aufgebürdet, während beim Gewandhaus Einigkeit herrschte, die Mehrkosten mit städtischem Geld abzufedern”, geht er auf die wahrnehmbare Schieflage ein. “Nun sind ein Jahr vor der Kommunalwahl Union und SPD offenbar aufgewacht und haben die Eltern für sich entdeckt.”
Wobei die Arbeitsaufgabe augenscheinlich wirklich lautet: Das Land ist gefragt, die Kommunen bei der Kita-Finanziertung endlich wieder fair zu unterstützen. Die Kita-Kosten sind nur eines von vielen Beispielen völlig unzureichender Kommunalfinanzierung. Spätenstens im Doppelhaushalt 2019 / 2020 muss Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) beweisen , dass er die Kurskorrektur im Freistaat ernst meint. Wenn nicht, dürfte der Wahlkampf 2019 sehr haarig werden.
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