Fototermin vor dem Bundesverwaltungsgericht, fünf von dreizehn Autos mit der neuen Beschilderung „Polizeibehörde“ stehen aufgereiht. Seit zwei Wochen sind die Fahrzeuge neu beschildert, denn unter dieser Bezeichnung firmiert der Stadtordnungsdienst jetzt. Es ist ein erster Schritt einer Neuausrichtung, die seit Dezember durch einen gemeinsamen Antrag von CDU und SPD läuft. Auch die AfD gab damals ihre Zustimmung.
„Polizeibehörde ist die Stadt Leipzig ja schon seit der Wende“ erklärt Helga Pestner, stellvertretende Leiterin des Ordnungsamtes. „Dies ergibt sich aus dem Sächsischen Polizeigesetz“ (SächsPolG). Dort sind in der Tat die Kreisfreien Städte als Kreispolizeibehörden benannt. Dass es so nun auch auf 13 Fahrzeugen des Ordnungsamtes stehen wird, sei dem Umstand geschuldet, dass der Begriff Ordnungsamt in der Bevölkerung zu wenig mit dem allgemeinen Vorgehen gegen Ordnungswidrigkeiten verbunden sei. So erläutert es der Leiter des Stadtordnungsdienstes Jörg Zimmermann: „Die inhaltlichen Aufgaben werden die gleichen sein, es ergeben sich nur häufiger Situationen, in denen unsere Mitarbeiter bedroht werden, da kommt uns auch als Arbeitgeber eine erhöhte Fürsorgepflicht zu.“
Daher ist auch die Verwendung von Rettungsmehrzweckstöcken in der Prüfung, die nur zum Selbstschutz und bei gegebener Verhältnismäßigkeit eingesetzt werden sollen. Die CDU schien diese in ihrem Antrag zu befürworten. Die Anschaffung sei keineswegs beschlossene Sache und auch Handfesseln im Polizeigesetz nur für die Polizei vorgesehen. Doch in diesem Jahr steht noch eine Aktualisierung des SächsPolG an.
Weiterhin riecht es stark danach, dass der Antrag von CDU und SPD Folgen kaschieren soll, die die Koalition beider Parteien auf Landesebene mit der Polizeireform und dem massiven Stellenabbau zu verantworten hatte. Aus Sicht der Stadtratsfraktionen soll mit erhöhter Präsenz der Ordnungskräfte das schwindende Sicherheitsgefühl der Bürger wieder gestärkt werden. Ob die Folgen einer spät korrigierten Landespolitik sich so kaschieren lassen, darf bezweifelt werden. Denn selbst die erweiterten Einsatzzeiten bis 24 Uhr (bisher regulär 21:30 Uhr) und am Wochenende müssen noch mit dem Personalrat geklärt werden.
Sicher geplant ist, einige Kollegen auf dem Fahrrad Streife fahren zu lassen, da dies in Parkanlagen und anderen mit dem Auto nicht befahrbaren Zonen Vorteile bietet. „Wir müssen jedoch sehen, was mit den zur Verfügung stehenden Geldern zur Verfügung steht“, so Helga Pestner. Die schrittweise Anschaffung der Dienstkleidung ist gestartet, zuerst werden Jacken und Regenschutz gekauft.
Ausgebildet schließlich wird nebenbei auch noch. „Da geht es um sportliche Fitness, aber auch um das Verhalten in einer Gefahrensituation“. So stehe die Zusammenarbeit mit externen Trainern und der Polizeidirektion auf dem Plan, um aggressive Personen verbal zu beruhigen.
Es gibt zusammengefasst noch viele Baustellen bei der Neuausrichtung und es wird noch viel Kommunikation der Verwaltung nötig sein, um den Bürger nicht anders als beabsichtigt eher zu verunsichern.
Jugendparlament fordert Kennzeichnungspflicht für Leipzigs „Polizeibehörde“
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Es gibt 4 Kommentare
Die Umbenennung soll doch bloß den Bürgern suggerieren, das die betreffenden Personen über Rechte verfügen, die diese nicht haben. Also reiner Placebo-Effekt.
Billige städtische Angestellte versus teure Landesbeamte, das ist die Logik dahinter. Warum macht die Stadt das mit?
Wenn sowas sinnvoll sein soll, bräuchte man viele kleine, lange geöffnete Stadtteilbüros aka Polizeireviere, weniger bunte Autos oder Schlagstöcke.
Ich glaube, es ist weniger die Frage, was hat der Stadtordnungsdienst (besser die Mitarbeiter desselben) vor, sondern mehr: Wofür soll er eingesetzt werden. Den Äußerungen beim Termin zu Folge ist nur klar, es soll irgendwas neu werden, was da für ein Konzept von politischer Seite dahinter steht ist noch vage. Man muss dabei aber auch sehen, dass der Stadtratsbeschluss erst aus dem Dezember stammt. Dennoch ist dies ein Thema, das wir weiter kritisch begleiten werden. Es schadet sicher auch nicht, wenn alle Bürger der Stadt dies ebenfalls im Blick behalten. Persönlich würde ich den Widerspruch Sicherheitspolitik vs. Freiheitsrechte des Bürgers immer zu Gunsten der Freiheit beantworten. Das Sicherheitsgefühl der Menschen stärkt man für mich eher durch Aufklärung und Bildung statt durch eine Umbenennung und Verstärkung (möglicherweise sogar Aufrüstung) des Stadtordnungsdienstes. Sobald es konkreter wird, folgt sicher auch ein Kommentar in Beitragsform. Bis dahin freue ich mich über mehr Meinungen hier.
Wenn diese ‘Benennungslogik’ Schule macht..
Also z.B. das Amt für Stadtgrün und Gewässer seine nachgeordneten Dienste mit Autos der ‘Polizeibehörde Leipzig’ herumfahren lässt..
Wobei, bei manchen Laubbläser-Aktionen könnte ich mir sogar vorstellen, dass die Mitarbeiter schon mal über Selbstschutz-Maßnahmen gegenüber ‘genervten’ Bürgern nachdenken.
Aber was hat eigentlich der Stadtordnungsdienst vor, dass er ‘gefühlt’ um sein Leben bangen muss?