Die Mehrheit des Leipziger Stadtrates lehnt es ab, die Verwaltung aufzufordern, als Gesellschafterin der Leipziger Messe auf ein Verbot rechter Medien auf der Buchmesse hinzuwirken. Einen entsprechenden Antrag hatte die Linksfraktion eingereicht. Die anderen Fraktionen argumentierten, dass mit einem solchen Verbot die Meinungsfreiheit zu stark eingeschrรคnkt werde.
Die Fronten waren von Beginn an verhรคrtet: Auf der einen Seite stand die Linksfraktion, die einen Auftritt rechter Medien auf der Buchmesse gerne verbieten lassen wรผrde, auf der anderen Seite der restliche Stadtrat, der das ablehnt. Klar ist, dass es in zwei Wochen sowieso massiven Protest geben wird. Fรผr den Abend vor Beginn der Buchmesse ist eine Kundgebung auf dem Augustusplatz angekรผndigt. An den Messetagen selbst ist wie in den Vorjahren ebenfalls mit Protest zu rechnen.
Grund fรผr die Aufregung ist die Prรคsenz rechter Medien wie Compact Magazin, Junge Freiheit und Antaios. Diese liefern das Fundament fรผr neurechte Ideen, hetzen teilweise gegen Geflรผchtete und kooperieren hรคufig offen mit AfD, โIdentitรคrer Bewegungโ und Pegida.
โDie Buchmesse ist ein kultureller Hรถhepunkt in dieser Stadtโ, sagte Linke-Stadtrรคtin Juliane Nagel zu Beginn der Debatte. Doch dies werde durch die Anwesenheit der Neuen Rechten getrรผbt. Im Vergleich zu den Vorjahren sei neu, dass es so viele davon gleichzeitig seien und es in Anbetracht der gewalttรคtigen Auseinandersetzungen auf der Frankfurter Buchmesse eine gesellschaftliche Diskussion gรคbe. Nagel argumentierte, dass es nicht die Gegner der Rechten, sondern diese selbst seien, die auf eine Einschrรคnkung der Meinungsfreiheit hinarbeiteten. โDie neurechten Akteure haben kein Interesse an Diskurs. Ein Ausschluss wรคre ein Schritt zur Sicherung der Meinungsfreiheit.โ
Als erster von vielen Gegnern des Antrags trat Michael Weickert (CDU) ans Mikrofon. โHeute geht es um nicht weniger als die Bedeutung unserer Grundrechteโ, sagte er. โWir sind Demokraten. Deshalb mรผssen wir auch Meinungen zulassen, die sich gegen unsere รberzeugungen richten.โ Er vertraue auf mรผndige Bรผrger. Die Linke hingegen โdemaskiereโ sich als Partei, die โweder tolerant noch demokratischโ sei.
Daniel von der Heide (Grรผne) erklรคrte, dass die Bewertung รผber gesetzwidrige Aussagen der Justiz รผberlassen werden sollte. โDer Antrag der Linken war aber nicht wertlos. Die Messe wird genauer hinschauen, wann sie von ihrem Hausrecht Gebrauch macht.โ
AfD-Stadtrat Christian Kriegel verteidigte die angesprochenen Medien. Er vermutete, dass es Linken an Argumenten gegen Compact-Chefredakteur Jรผrgen Elsรคsser fehlen und man deshalb zum Verbot greifen wรผrde. Zudem prรคsentierte er eine Ausgabe der Tageszeitung โjunge Weltโ von 2011, auf deren Titelseite der DDR-Mauerbau positiv bewertet wurde. Gegen solche Zeitungen mรผsse die Linke ihrer Logik nach ebenfalls vorgehen.
Videoquelle: Livestream der Stadt Leipzig
Christopher Zenker (SPD) argumentierte รคhnlich wie seine Vorredner: โMeinungsfreiheit schรผtzt auch abstoรende รuรerungen. Eine Demokratie muss das aushalten.โ Solche รuรerungen zu verhindern, sei undemokratisch. โMit einer Ausladung zu reagieren, ist der falsche Weg. Das wรคre Wasser auf die Mรผhlen der Antidemokraten. Genau das ist das Geschรคftsmodell dieser Verlage.โ
Eine scharfe Abrechnung mit seiner ehemaligen Partei und Fraktion lieร der fraktionslose Alexej Danckwardt folgen. Die Linken hรคtten den Rechtsstaat nicht verstanden. โDer Verbots- und Denunziationsungeist ist dort tief verwurzelt.โ
Im Laufe der Debatte folgten weitere Wortmeldungen. Teilweise ging es dabei nicht mehr um den Antrag an sich, sondern um die AfD im Stadtrat. Einige Stadtrรคte wie der Grรผnen-Fraktionsvorsitzende Norman Volger verwiesen darauf, dass sie gegen ein Verbot seien, die erwรคhnten Medien aber dennoch ablehnten. So will sich Volger an den zivilgesellschaftlichen Protesten gegen rechte Medien auch wรคhrend der Buchmesse beteiligen.
Oberbรผrgermeister Burkhard Jung (SPD) verurteilte rassistische รuรerungen und sprach sich fรผr den hohen Stellenwert der Meinungsfreiheit aus. Das Abstimmungsergebnis รผberraschte nach dieser Debatte nicht: Nur die Linksfraktion stimmte fรผr ihren eigenen Antrag, welcher somit abgelehnt wurde.
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