Linke, SPD und Grüne hatten es gemeinsam beantragt. Aus gutem Grund: Sachsen hat noch immer eine Sperrstunde in seiner Gaststättenverordnung stehen. „Die Sperrstunde ist ein Relikt vergangener Zeiten. Einige Bundesländer haben sie ganz abgeschafft“, schrieben sie im August in ihrem Antrag, das Relikt endlich abzuschaffen. Das Leipziger Ordnungsdezernat möchte zwar. Aber in Sachsen steht man da vor ein paar bürokratischen Hürden. So einfach geht es nicht, teilt es mit.
Denn wo andere Bundesländer diese Sperrklausel längst abgeschafft haben, steht sie in Sachsen noch immer im Gaststättengesetz. Mit § 9 des Sächsischen Gaststättengesetzes werden die Gemeinden zwar ermächtigt, in einem festgelegten Rahmen abweichende Regelungen zur Sperrzeit zu treffen. Aber den „Rahmen“ hat Sachsens Bürokratie eng gesetzt. Da brauchen die Betroffenen schon handfeste Gründe, um diesen bürokratischen Unfug abzuschaffen.
„Regelungen abweichend von der gesetzlich festgeschriebenen Sperrzeit zwischen 5 und 6 Uhr für ein gesamtes Gemeindegebiet kann jedoch nur der Stadtrat im Rahmen einer Rechtsverordnung treffen. Dafür sind bestimmte Voraussetzungen erforderlich; insbesondere muss dafür ein öffentliches Bedürfnis bestehen oder besondere örtliche Verhältnisse vorliegen, die dezidiert zu begründen sind“, erläutert das Ordnungsdezernat die verkniffene Vorgabe des Gesetzgebers. „Gemäß § 9 Absatz 2 Sächsisches Gaststättengesetz kann die Sperrzeit für Gaststätten und öffentliche Vergnügungsstätten durch Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung verlängert, verkürzt oder aufgehoben werden. Zwingende Voraussetzungen hierfür ist das Vorliegen eines öffentliches Bedürfnisses oder besonderer örtlicher Verhältnisse.“
Da finde mal einer ein öffentliches Bedürfnis dafür, dass gerade einige beliebte Tanzlokalitäten in Leipzig nicht schließen müssen, wenn der Schuppen gerade wackelt.
Und zwar ein belastbares, das auch vor Gericht standhält.
„Bei Vorliegen von fundierten und belastbaren Begründungen für ein solches öffentliches Bedürfnis, welche einer rechtlichen Prüfung standhalten, wäre die Möglichkeit zur Aufhebung der Sperrzeit somit für die Stadt Leipzig gegeben. Hierzu bedarf es der Vorlage von Stellungnahmen und Begründungen der Betroffenen und/oder der Antragsteller, denn nur diese Vorlagen können Grundlage einer verwaltungsrechtlichen Prüfung zur Feststellung des Vorliegens aller Voraussetzungen für den Erlass einer entsprechenden Rechtsverordnung sein“, schreibt das Ordnungsdezernat.
Wobei die Sächsische Gaststättenverordnung nicht nur ein besonders öffentliches Bedürfnis als möglichen Aufhebungsgrund nennt, sondern auch „besondere örtliche Verhältnisse“.
Aber wer besorgt jetzt so einen handfesten Grund für eine Aufhebung der Sperrstunde, die so sichtlich niemandem etwas nützt?
Das Ordnungsdezernat: „Zu den inhaltlichen Erfordernissen dieser Stellungnahmen wurden bisher bereits zwei Beratungen im Ordnungsamt durchgeführt, an denen Vertreter des Amtes für Wirtschaftsförderung, der Industrie- und Handelskammer zu Leipzig, der Hotel- und Gaststättenverband e. V. (DEHOGA) Sachsen und Betreiber von öffentlichen Vergnügungsstätten teilgenommen haben. Dabei wurde herausgearbeitet, dass der Verwaltung die relevanten Begründungen zugeleitet werden, die den Erlass einer Rechtsverordnung im o. g. Sinne rechtfertigen könnten.“
Die liegen freilich noch nicht vor. Wahrscheinlich grübeln jetzt die Justiziare der Wirtschaftsverbände.
„Erst nach Eingang der genannten Begründungen wird der Erlass der entsprechenden Rechtsverordnung erneut geprüft und dem Stadtrat in der Folge gegebenenfalls eine Rechtsverordnung zur Aufhebung der Sperrzeit für Gaststätten sowie für öffentliche Vergnügungsstätten vorgelegt“, meint das Ordnungsdezernat. „Der Inhalt der Begründungen muss dabei zunächst vorab auf Gerichtsfestigkeit geprüft werden.“
Regelungswut auf sächsisch, kann man das wohl nennen. Wälder fällen ist leichter, als in Sachsen eine sinnfreie Sperrstunde abzuschaffen.
Der Stadtrat tagt: Petition für Abschaffung der Sperrstunde übergeben
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