Der Platz wird rar in Leipzig. Gerade der für Wohnungsbau. Und damit gehen auch die Zeiten vorbei, dass man jedes einzelne Bedürfnis in der Form eines Flachbaus löst. Aber gerade Supermärkte sind in Leipzig in den letzten Jahren allesamt als Flachbau entstanden. Die Grünen fordern jetzt einen "Kaufhallengipfel". Die Platzverschwendung muss aufhören.

Das städtische Wachstum bringt eine sehr hohe Nachfrage nach Wohnraum, sozialer Infrastruktur und anderer baulicher Nutzung mit sich. Im Sinne eines flächensparenden Bauens muss Ziel sein, durch eine intelligente Mehrfachnutzung und funktionale Mischung einerseits insbesondere dringend benötigten neuen Wohnraum zu schaffen sowie andererseits auch die Versorgung der wachsenden Bevölkerung mit Angeboten des täglichen Bedarfs im unmittelbaren Wohnumfeld zu gewährleisten, kommentieren die Grünen ihren jetzt extra dazu eingebrachten Antrag.

Die Stadtratsfraktion Bündnis 90/Die Grünen schlägt darin vor, noch in diesem Jahr einen „Kaufhallengipfel“ in Form einer öffentlichen Expertenanhörung zum Thema „Wohnungsbau über Lebensmittelmärkten“ durchzuführen.

Ein positives Beispiel gibt es schon. Der Konsum Leipzig zeigt in Marienbrunn, wie man Supermarkt und Wohnen miteinander verbinden kann.

“Wir freuen uns sehr, dass es derzeit Konsum in enger Abstimmung mit Verwaltung und den Anwohnern gelingt, in Marienbrunn einen neuen mehrgeschossigen Lebensmittelmarkt mit Wohnungsbau darüber am Standort einer in die Jahre gekommenen Kaufhalle neu zu planen. Mit Verwirklichung hat das Vorhaben sicherlich Modellcharakter!”, sagt dazu Tim Elschner, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. “Allerdings ist dieses positive Beispiel immer noch ein Einzelvorhaben in unserer Stadt. Es ist davon auszugehen, dass in den nächsten Jahren auch weitere Lebensmittelmärkte neu geplant und gebaut sowie ältere eingeschossige Supermärkte und Discounter vor einem Umbau stehen.”

Es ist sowieso erstaunlich, dass die Einzelhandelsketten nicht von allein auf die Idee kamen, ihre neuen Märkte gleich mit Geschosswohnbebauung zu planen. Immerhin nutzen sie fast alle die Brachen von ehemaliger Wohnbebauung, die entweder im Weltkrieg zerstört oder in DDR-Zeiten verfallen ist. Selten passen sich die Einkaufsschachteln wirklich ins Stadtbild oder vervollständigen gar das zerrissene Straßenbild.

“Um im Sinne von Mehrgeschossigkeit und Nutzungsmischung insbesondere in Bezug auf den Wohnungsbau die Weichen für die Zukunft richtig zu stellen, braucht es unserer Ansicht nach  jetzt einen entsprechenden fachlichen Dialog zwischen Verwaltung und den Akteuren der Lebensmittelbranche, der Wohnungswirtschaft, der Projektentwicklung und der Stadtentwicklung, bei dem auch die interessierte Öffentlichkeit teilnehmen soll, weshalb wir einen ‘Kaufhallengipfel’ vorschlagen”, geht Tim Elschner auf den Sinn der vorgeschlagenen Veranstaltung ein.

“Dieser ‘Kaufhallengipfel’ soll Möglichkeiten aufzeigen, wie insbesondere das innerstädtische Flächenpotenzial für den dringend benötigten Wohnungsbau besser genutzt werden kann. Es gilt dabei etwaige Hemmnisse und Schwierigkeiten offenzulegen und Vorschläge zu diskutieren, wie diese behoben werden können.”

Und er erinnert natürlich daran, wieviel PLatz das heutige Leipzig verschenkt hat, indem man die Brachenbebauung seit den 1990er Jahren immer wieder nur eingeschossig geplant hat. Darauf wären die Bauherren in der Boom-Zeit Ende des 19. Jahrhunderts nie gekommen: Bauplatz hatte seinen Preis und wurde so optimal und funktional wie möglich genutzt. Läden wurden grundsätzlich in den Erdgeschossen eingeplant, darüber entsprechende Mietwohnungen.

Dass Leipzig nicht rechtzeitig umsteuerte, hat auch damit zu tun, dass jedes Ressort für sich allein arbeitet und nur mit “seinen” Akteuren spricht. Wirtschaft und Wohnen kamen so also auch gedanklich und planerisch nicht zusammen.

“Unsere Fraktion ist davon überzeugt, dass sich durch attraktive mehrgeschossige Neubauten von Lebensmittelmärkten auch neue positive Impulse für den öffentlichen Raum auch im Sinne von Stadtreparatur und Stadtbaukultur setzen ließen”, betont Elschner. “Nicht zuletzt sind auch bei der städtebaulichen Entwicklung neuer Quartiere Nutzungsmischung und Mehrgeschossigkeit mit den integrierten Lösungsansätzen der Stadtentwicklung beim Neubau von Lebensmittelmärkten zu verwirklichen. Beispielhaft sind der Freiladebahnhof Eutritzscher Straße, der Stadtraum Bayersicher Bahnhof oder das Areal an der Westseite des Hauptbahnhofes zu nennen.”

Und Vorbilder gibt es längst. Denn auch wachsende westdeutsche Städte leiden unter demselben Phänomen von Nutzungsentmischung und mangelndem Bauplatz.

“Die in München und Berlin stattgefundenen Supermarktgipfel haben indes gezeigt, dass das Interesse der verschiedenen Akteure aus Handel und Immobilienwirtschaft an dem Thema mittlerweile groß ist, da nicht zuletzt aufgrund steigender Grundstückspreise in den Großstädten eingeschossige Planungen rein für einen Supermarkt oder Discounter wirtschaftlich immer weniger realisierbar werden”, geht Elschner auch auf den wirtschaftlichen Druck ein, dem auch die Einzelhandelsketten unterliegen.

So führt schiere Platznot zu etwas, was Leipzig seit Jahren in seinen Zielvisionen stehen hat: die kompakte Stadt mit kurzen Wegen.

Der Antrag der Grünen-Fraktion.

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