Was passiert eigentlich, wenn Verwaltungshandeln durch persönliche Animositäten bestimmt wird und nicht durch sachliche Rechtsentscheidungen? Es gibt juristischen Ärger. Zumindest, wenn einer zäh und beharrlich dranbleibt wie der NuKla e.V. Der hat 2016 vier naturnahe Flächen in der Elsteraue erworben und dort 2017 zwei Schilder aufgestellt, die die Wanderer an den Schutz des Auenwaldes erinnern. Aber im Oktober wies das Leipziger Umweltamt den Abbau der Schilder an. Ein Fall für den Rechtsanwalt.

Dass man für das Aufstellen von Schildern im Naturschutzgebiet Leipziger Auenwald auch dann wohl eine Genehmigung braucht, wenn einem die dortigen Grundstücke gehören, machte man sich auch beim NuKLA e.V. im Lauf des Jahres klar.

Auch für das Aufstellen von Hinweistafeln im Naturschutzgebiet gibt es einen Erlaubnisvorbehalt – nachlesbar z. B. in der „Verordnung des Regierungspräsidiums Leipzig zur Festsetzung des Landschaftsschutzgebietes ‚Leipziger Auwald“‘, Paragraph 5, wo unter Punkt 11 auch „das Aufstellen oder Anbringen von Plakaten, Bild- oder Schrifttafeln in der freien Landschaft“ benannt ist.

Der Paragraph weist aber auch darauf hin, dass eine Erlaubnis nicht einfach verweigert werden kann: „Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Handlung Wirkungen der in § 4 Abs. 1 genannten Art nicht zur Folge hat oder solche Wirkungen durch Auflagen oder Bedingungen abgewendet werden können. Sie kann mit Auflagen, unter Bedingungen, befristet oder widerruflich erteilt werden, wenn dadurch erreicht wird, dass die Wirkungen der Handlung dem Schutzzweck nur unwesentlich zuwiderlaufen.“

Und besagter Absatz 1 lautet: „Handlungen, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen können, bedürfen der schriftlichen Erlaubnis der jeweils zuständigen unteren Naturschutzbehörde, soweit nicht gesetzlich eine andere Zuständigkeit vorgeschrieben ist.“

NUKLA-Grundstück in der Elsteraue. Foto: NuKLA
NUKLA-Grundstück in der Elsteraue. Foto: NuKLA

Verändern die aufgestellten Schrifttafeln den Charakter der Landschaft?

Nicht wirklich. Selbst im Leipziger Umweltamt sieht man es so. Die Akteneinsicht gibt den Rechtsanwälten des NuKLA e.V. jetzt einen unerwarteten Einblick in die Arbeitsweise des Amtes, in dem jede Menge fachliche Kompetenz versammelt ist – am Ende aber dennoch gegen die Rechtslage entschieden wird.

Am 25. Juni 2017 stellte der NuKLA e.V. ganz offiziell beim Leipziger Umweltamt einen Antrag auf Genehmigungserteilung zum Aufstellen von Info-Tafeln. Im August kam dann kurzzeitig die Diskussion um die Schmierereien auf den Tafeln dazu. Aber die hatten mit dem eigentlichen Vorgang nichts zu tun. Der bekam seine Pointe am 26. Oktober, als der NuKLA e.V. keine Genehmigung, sondern eine Beseitigungsanordnung vom zuständigen Amt bekam.

Der der Verein natürlich nicht folgte. Dazu beschäftigt sich Vereinsvorsitzender Wolfgang Stoiber zu gern mit all den Gesetzen und Verordnungen, in deren Paragraphen oft Dinge stecken, die selbst die ehrenamtlich tätigen Umweltvereine oft nicht (mehr) sehen, weil sie vom Tagesgeschäft ganz in Anspruch genommen sind. Zuletzt erlebt mit den Leipziger Forstwirtschaftsplänen, die laut Sächsischem Waldgesetz jedes Jahr dem kommunalen Entscheidungsgremium vorzustellen und von diesem zu genehmigen sind. Was in Leipzig seit 1992 nicht passiert ist. Ob es 2018 passiert, ist noch offen, denn per Rechtsanwalt hat NuKLA die Stadt auch darauf hingewiesen, dass die Forstbewirtschaftung ein Eingriff ins Naturschutzgebiet ist und deshalb eine ordentliche Umweltverträglichkeitsprüfung braucht.

Das ist so ungefähr die rote Fahne für Leipzigs Umweltdezernat, denn gerade das versucht man bei allerlei Maßnahmen im Auenwald möglichst zu umgehen – bei der Genehmigung von wirtschaftlichem Bootsbetrieb im Auenwald genauso wie bei der sogenannten Störstellenbeseitigung in der Pleiße. Denn das Beängstigende an Umweltverträglichkeitsprüfungen ist: Wenn sie eine Verschlechterung im Schutzgebiet nachweisen, ist die Maßnahme zwingend zu unterlassen.

Was übrigens auf das komplette Wassertouristische Nutzungskonzept (WTNK) auch zutrifft. Die Umweltverbände der Stadt haben es mehrfach angemahnt.

Aber ihr Problem ist: Ihnen fehlen die Gelder zur Beschreitung des Rechtswegs. Und wenn sich Verwaltungen weigern, sich an die gesetzlichen Grundlagen zu halten (man konnte es am Flughafen Leipzig/Halle ja ebenfalls beobachten), bleibt den Bürgern nur noch der Rechtsweg. Den NuKLA nun bei jedem dubiosen Fall konsequent beschreitet.

Die Grundstücke in der Elsteraue hatte man ja extra gekauft, um hier Auenschutz direkt sichtbar zu machen. Der Verein ging in Widerspruch und verlangte auch Akteneinsicht. Denn wenn die Stadt Leipzig das Aufstellen von Info-Tafeln untersagt, dann muss sie es rechtlich begründen.

Die beschmierte Tafel am NuKLA-Grundstück in Lützschena. Foto: NuKLA e.V.
Eine beschmierte Tafel am NuKLA-Grundstück in Lützschena. Foto: NuKLA e.V.

Doch wie es aussieht, haben die Fachleute im Umweltamt eben nicht festgestellt, dass die Tafeln entfernt werden müssen. Im Gegenteil: Es gibt keinen rechtlichen Grund, die Entfernung der Tafeln anzuweisen. Das sagen selbst die Fachleute im Umweltamt.

Die Akten besagen hingegen, dass die Beseitigungsanordnung ohne rechtliche Grundlage erfolge.

Und für Wolfgang Stoiber, den Vorsitzenden des Vereins, wird die Sache noch ein wenig gehaltvoller, weil die LVZ schon am 19. Oktober den Leipziger Stadtförster Andreas Sickert mit den Worten zitiert: „,Wir arbeiten nach Plänen, die vom Stadtrat beschlossen und von den Behörden geprüft und genehmigt wurden. Wegen der beiden Schilder sei ein Verfahren gegen Stoiber anhängig. Er hat keine Genehmigung für die Schilder.‘“

Weder stimmte die Aussage, dass die Abteilung Stadtforsten nach Plänen arbeitet, „die vom Stadtrat beschlossen“ wurden. Noch gab es zum damaligen Zeitpunkt ein Verfahren gegen Wolfgang Stoiber. Nur die dann eine ganze Woche später erst erfolgte Beseitigungsanordnung. Denn worauf hätte sich ein Verfahren gründen sollen?

Heißt im Klartext: Würde sich Leipzigs Umweltamt allein schon an die gesetzlichen Verordnungen zum Auenwald halten, wäre viel von dem gewonnen, worum die Naturschutzverbände seit Jahren kämpfen. Aber selbst gegen strenge Schutzauflagen hat die Stadt immer wieder verstoßen und sich danach regelrecht unwissend gestellt. Man denke nur an die „Mäharbeiten“ im Floßgraben, zu denen es in der Verordnung eindeutig heißt: „Insbesondere ist es verboten: 1. fließende und stehende Gewässer sowie Feuchtgebiete einschließlich Feuchtwiesen zu schädigen, umzuwandeln oder zu beseitigen; …“

Die Naturschutzvereine stehen deshalb so hilflos da, weil sich ihr wichtigster Partner, die Stadt Leipzig selbst, ganz offensichtlich nicht an gesetzliche Regeln und Verordnungen hält.

Gegen die leitenden Mitarbeiter im Umweltamt haben die Rechtsanwälte des NuKLA e.V. jetzt erst einmal Befangenheitsanträge gestellt.

Die Zukunft des Leipziger Auenwaldes gehört eigentlich auf die Tagesordnung des Stadtrates

Die Zukunft des Leipziger Auenwaldes gehört eigentlich auf die Tagesordnung des Stadtrates

 

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