Muss Leipzigs OBM tatsächlich zum Jagen getragen werden? Jedenfalls hat Franziska Riekewald, verkehrspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Leipziger Stadtrat, so ein Gefühl beim Thema Leipziger Verkehrsplanung. Denn der Bedarf an Verkehrsplanern für die Stadt kam ja nicht erst mit dem SPD-Antrag. Der steckte schon 2016 in einem Antrag der Linksfraktion.
Nur ging dieser Antrag damals genauso unter wie dutzende Haushaltsanträge, die damals in einer Art Handstreich alle kassiert wurden, weil irgendjemand in der Verwaltung meinte, diese „Extra-Wünsche“ aus den Fraktionen, die nun mit eigenen Anträgen noch ein wenig Politik gestalten wollten, seien schlicht nicht finanzierbar. Ein Handstreich, für den sich OBM Burkhard Jung postwendend entschuldigte, auch wenn die meisten dieser kleinen Anträge erst im Lauf des nächsten Jahres abgestimmt wurden und nicht gleich mit dem Doppelhaushalt 2017/2018 beschlossen wurden.
Darunter waren dann auch die beantragten Planstellen für das Verkehrsplanungsamt, über die der Stadtrat vorher schon oft und heftig diskutiert hatte. Überall, wo es um den nötigen Planungsvorlauf der wachsenden Stadt ging, stellte sich heraus, dass man die entsprechenden Stellen in den Planungsämtern der Stadt über zehn Jahre einfach ausgedünnt und weggestrichen hatte. Logische Folge: keine Strategien mehr, keine Planungsvorläufe, die über die nächsten ein, zwei Jahre hinausgingen.
Bei Kitas und Schulen war das längst als unaushaltbarer Zustand feststellbar. Dass es in den Verkehrsplanungen genauso war, machte spätestens im Sommer der Aktionsplan der Wirtschaftsinitiative „Mobilität Leipzig 700 plus“ deutlich. Es gab niemanden im Rathaus, der einfach mal in die Schublade langen konnte und erwidern: Haben wir doch alles schon geplant.
Hat Leipzig unübersehbar nicht.
Aber was ist das eigentlich, worüber die LVZ unter dem Titel „Große Koalition für Jung-Vorstoß – CDU, SPD, Freibeuter und AfD sind für neue Stabsstelle Verkehrsplanung“ berichtete?
Weder eine Stabsstelle, von der jetzt immer wieder geredet wird, noch ein Wunder.
Im Gegenteil. Franziska Riekewald wundert sich über den seltsamen Jubel: „Auch die Fraktion Die Linke begrüßt die Schaffung von zusätzlichen Stellen im Verkehrs- und Tiefbauamt (VTA). Allerdings handelt es sich nach unserem Wissen keinesfalls um eine ‚Stabstelle‘, sondern lediglich um 4 zusätzliche Planerstellen im VTA. Wäre es nach uns gegangen, würden diese Planer übrigens jetzt bereits arbeiten. Denn wir hatten einen gleichlautenden Haushaltsantrag zum Doppelhaushalt 2017/2018 gestellt. Mit unserem Antrag ‚Erhöhung der Mittel für strategische Vorplanungen‘ sollten 6 Vollzeitstellen zur strategischen Vorplanung geschaffen werden. Umso mehr freut uns der Sinneswandel beim Oberbürgermeister und den anderen Fraktionen, denn unser Antrag hatte vor knapp einem Jahr noch keine Mehrheit gefunden, sondern wurde unter anderen Anträgen subsummiert.“
Mittlerweile hat Leipzig noch größere Schwierigkeiten, solche Stellen überhaupt fachkundig zu besetzen. Der Stellenmarkt ist wie leergefegt.
Aber seit die Mobilitäts-Initiative der Wirtschaft Druck macht, kommt Bewegung in ein Thema, das die meisten Fraktionen schon lange für wichtig hielten. Nur braucht es augenscheinlich erst diesen Druck von außen, der übrigens auch längst in ein anderes Gremium gemündet ist: IHK, Handwerkskammer und VTA haben eine Arbeitsgruppe gebildet, die jetzt daran geht, die wichtigsten Verkehrsstrukturmaßnahmen zu sammeln, die die Stadt in nächster Zeit anpacken kann und anpacken muss, um die Bedingungen für den fließenden Verkehr zu verbessern. Da kann man sich nicht mehr mit begrenzten Haushaltsmitteln herausreden. Die Zeiten, in denen Leipzig seine Verkehrsbaumaßnahmen auf die lange Bank schieben konnte, sind vorbei.
Die Interpretation dieser Sachlage durch Franziska Riekewald: „Das Handeln des Oberbürgermeisters erscheint doch recht aktionistisch, denn selbst die Stellen, welche der Stadtrat mit dem Haushaltsplan 2017/2018 genau für solche Planungen zusätzlich geschaffen hatte, wurden bisher nicht besetzt. Hoffen wir, dass die nun angekündigten 4 Personalstellen nicht das gleiche Schicksal erleiden. Denn schon jetzt ist – nicht nur bei Verkehrsprojekten – ein häufiger Grund für Zeitverzug der Personalmangel für Vorplanungen.“
Und nicht nur die Wirtschaftskammern machen Druck.
„Wir begrüßen weiterhin, dass der Oberbürgermeister das Thema Verkehr offensichtlich für das Jahr 2018 in den Fokus seines Handelns rückt“, sagt Riekewald. „Die Fraktion Die Linke will ihn dabei unterstützten und hat daher angeregt, einen zeitweiligen Ausschuss Mobilität zu gründen. Dieser soll in der Ratsversammlung im Januar beschlossen werden und die Verwaltung im Arbeitsprozess an den Mobilitätsszenarien und der Erstellung des Nahverkehrsplans unterstützen.“
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