Der 13. Dezember im Stadtrat war auch eine kleine Zeitenwende. Der Grünen-Antrag zum Ausstieg Leipzigs aus zukunftsschädigenden Finanzanlagen fand eine Mehrheit. Auch wenn es vor allem ein Zeichen ist, macht Leipzig damit deutlich, welche Art Wirtschaft einfach nicht mehr akzeptiert werden kann – von der Agrogentechnik über Rüstungsindustrie bis zur Agrarspekulation. Leipzigs Geld wird dafür nicht mehr zur Verfügung gestellt.
Im Mai 2016 hatte es den Vorläufer für diesen Beschluss gegeben. Damals verabschiedete der Stadtverband der Leipziger Grünen auf seiner Mitgliederversammlung den Antrag „Konsequentes Eintreten für den Klimaschutz – auch bei den städtischen Finanzanlagen!“ der ein konsequentes Eintreten für den Klimaschutz auf kommunaler Ebene forderte. Städtische Finanzanlagen sollten Investitionen in fossile Energieressourcen unterlassen und vorhandene Investitionen abziehen (sogenanntes Divestment).
Weiterhin wurde gefordert:
keine Beteiligung an Unternehmen, die auf Atomkraft setzen oder Schiefergasgewinnung (sogenanntes Fracking) betreiben;
keine Beteiligung an Unternehmen, die Waffen- und Rüstungsgüter herstellen oder vertreiben;
keine Beteiligung an Unternehmen, die Zwangsarbeit, Kinderarbeit oder Diskriminierung zulassen;
keine Beteiligung an Unternehmen, die Kohlekraft nutzen;
keine Beteiligung an Unternehmen, die in grüner Gentechnik (Agrogentechnik) engagiert sind;
keine Beteiligung an Unternehmen, die Tierversuche bei Kosmetika durchführen;
keine Beteiligung an Unternehmen, denen Bestechungs- oder Korruptionsfälle nachgewiesen worden sind;
keine Beteiligung an Unternehmen, die Lebensmittel-/Agrarspekulationen betreiben.
In der Stadtratssitzung vom 13. Dezember wurde dies nun beschlossen, freuen sich die Grünen. Grünes Engagement lohnt sich also und wir konnten diese wichtigen Forderungen aus der Mitte unserer Mitgliedschaft umsetzen, meint Sophia Kraft, Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Finanzen der Grünen.
Sie zeigt sich sehr zufrieden mit dem Ausgang des Antrages: „Mit unserem wissenschaftlich fundierten Antrag konnten wir zeigen, dass die Finanzanlagen der Stadt Leipzig unter Sicherheitsgesichtspunkten besser bei ökologisch ausgerichteten Unternehmen angelegt sind. Darüber hinaus hat die Stadt Leipzig als ‚Europäische Energie- und Klimaschutzkommune‘ des European Energy Awards unserer Ansicht nach die Verantwortung, die städtischen Finanzanlagen in ökologisch, sozial und ethisch unbedenkliche Unternehmen zu investieren. Diesem Auftrag kann die Stadt Leipzig nun angemessen nachkommen.“
Was aber wohl noch wichtiger ist, ist die Tatsache, dass dieses vernunftbasierte Denken auch bei anderen Fraktionen eine Mehrheit fand.
Bezogen hatten sich die Grünen auf den Grundsatz der Nachhaltigkeit der Brundtland Kommission.
„Aus diesem Grund soll die Stadtverwaltung beauftragt werden, die städtischen Anlagerichtlinien um Nachhaltigkeitskriterien im Sinne von Divestment weiterzuentwickeln“, hieß es im April in ihrem Antrag. „Seit März 2016 hat die Stadt Leipzig über den Spezialfonds einen nachhaltigen Wandelanleihefonds (Global Convertible Sustainable) über 5,3 Mio. EUR sowie einen nachhaltigen Unternehmensanleihefonds (Global Corporate Bonds Sustainable) über 4,0 Mio. EUR erworben. Damit sind ca. zehn Prozent des Spezialfondsvolumens in nachhaltige Wandelanleihen und nachhaltige Unternehmensanleihen investiert
Bekannt durch die Antwort der Verwaltung auf Anfrage F-02165 ist, dass die Stadt Leipzig mit ihrem Spezialfonds bei der Union Investment in den Branchen Energie und Grundstoffindustrie Finanzanlagen (ca. 4 Mio. EUR) tätigt. Gemessen am Gesamtvolumen der langfristigen kommunalen Finanzanlagen (insgesamt 103,5 Mio. EUR= 95,8 Mio. EUR Spezialfonds und 7,7 Mio. EUR Festgeldanlage) macht dies einen Anteil von 3,86 % aus. Es muss geprüft werden, ob diese Finanzanlagen den unter Beschlusspunkt 4 angegebenen Mindeststandards entsprechen.“
Wahrscheinlich geht es nur so, dass Kommunen, Bürger und Länder den umweltzerstörenden Industrien nach und nach die Gelder entziehen und ihnen damit die finanzielle Macht beschneiden, auch Politik und ganze Staaten zu korrumpieren. Denn es sind die Gelder der investierenden Bürger, die auch immer wieder dazu genutzt werden, die Politik im Sinn der zerstörerischen Industrien zu beeinflussen. Mit riesigen Thinktanks, Werbekampagnen und Lobbyaktivitäten werden Regierungen und EU-Kommissionen unter Druck gesetzt, dem großen Reibachmachen mit der Zerstörung immer doch noch ein Türchen zu öffnen.
Diese Gelder aber fehlen dort, wo es wirklich um den Aufbau einer nachhaltigen und gesunden Welt geht.
Da hat sich bei den Grünen gleich eine ganze Arbeitsgruppe hineingekniet, um die Grundlagen für die Stadtratsvorlage zu erarbeiten.
„Großer Dank geht an die verschiedenen Mitglieder, die den Antrag begleitet haben, hier ganz besonders an unsere Mitglieder aus der Arbeitsgemeinschaft Wirtschaft und Finanzen und den Arbeitskreis Umwelt und Klimaschutz, die den Antrag federführend initiiert und erarbeitet haben“, fügt Matthias Jobke, Sprecher des Kreisverbandes, noch hinzu. „Und natürlich der Stadtratsfraktion, die den Beschluss erfolgreich in den Stadtrat eingebracht haben.“
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