Zusätzlich zu den bereits bestehenden politischen Stunden im Stadtrat soll künftig auch das Thema Migration regelmäßig im Fokus stehen. Das beschloss das Gremium mit großer Mehrheit. Gleichzeitig legten sich die Stadträte darauf fest, die aktuellen Stunden nicht mehr im Rahmen der regulären Ratsversammlungen zu behandeln. Die Diskussion über den Antrag des Migrantenbeirats geriet zeitweise zu einer Debatte über den politischen Umgang mit der AfD.

Regelmäßig nimmt sich der Stadtrat etwa eine bis zwei Stunden Zeit, um im Rahmen seiner regulären Sitzungen über die Themen Bildung, Wirtschaft und Sicherheit zu reden. Für die ehrenamtlichen Tätigkeiten ist das nicht ideal, da die Tagesordnungen in den vergangenen Monaten ohnehin schon häufig den Rahmen sprengten. Mehrmals mussten wegen des großen Pensums zusätzliche Termine für Sitzungen festgelegt werden.

Nun kam der Migrantenbeirat mit einem Antrag, der diese Last noch erhöht hätte. Er wollte zu den bereits existierenden drei Fachstunden eine weitere hinzufügen: zum Thema Migration. Kanwal Sethi, der Vorsitzende des Beirats, wies darauf hin, dass Leipzig in den „neuen Bundesländern“ die Stadt mit dem höchsten Migrantenanteil sei. Im Moment sei davon auszugehen, dass etwa zwei Drittel aller derzeit Zuziehenden einen Migrationshintergrund hätten. „Migration wird die Diskussionen in Leipzig über Jahrzehnte prägen“, sagte Sethi. Eine ausführliche Debatte im Stadtrat sei auch in Anbetracht der jüngsten Wahlergebnisse in Sachsen wichtig.

Die Fraktionen der CDU, Linken, Grünen, SPD und Freibeuter sowie Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) begrüßten das Anliegen, schlugen jedoch vor, die aktuellen Stunden aus den normalen Stadtratssitzungen auszulagern und in einem anderen, „geeigneten Format“ fortzuführen.

Die Allianz der Fraktionen, die eine nicht mit einschloss, rief anschließend den AfD-Stadtrat Christian Kriegel auf den Plan. Er beklagte, dass seine Fraktion zum wiederholten Mal ausgeschlossen werde. „Das gehört wahrscheinlich zur politischen Kultur in diesem Haus. Aber 2019 werden wir hier andere Verhältnisse haben und dann werden Sie sich noch wundern.“ In jenem Jahr sollen in Leipzig die nächsten Kommunalwahlen stattfinden.

Norman Volger (Grüne). Foto: L-IZ.de
Norman Volger (Grüne). Foto: L-IZ.de

Besonders enttäuscht sei er von der CDU-Fraktion, sagte Kriegel. Woraufhin deren Stadtrat Ansbert Maciejewski das Wort ergriff und bestätigte: „Dass man eine einzelne Fraktion nicht fragt, halte ich für eine schwierige Angelegenheit.“ Initiator des fraktionsübergreifenden Antrags seien die Grünen gewesen. Deren Stadtrat Norman Volger reagierte prompt. Er habe dem CDU-Fraktionsvorsitzenden Frank Tornau vorher telefonisch mitgeteilt, dass man die AfD nicht fragen wolle. „In einer Demokratie kann man sich dafür entscheiden, mit bestimmten Fraktionen nicht zusammenzuarbeiten“, erklärte Volger.

Eine inhaltliche Anmerkung zu den eigentlichen Anträgen machte Sven Morlok (FDP/Freibeuter). Er kritisierte, dass im bisherigen Format alle Beteiligten lediglich ihre vorgefertigten Reden vortragen und eine wirkliche Diskussion somit nicht zustande kommen würden.

Die breite Unzufriedenheit über das bisher praktizierte Format äußerte sich auch im Abstimmungsergebnis: Bis auf die AfD-Stadträte, die den Antrag der fünf Fraktionen ablehnten, stimmten alle Anwesenden dafür, ein neues Format zu finden und das Thema Migration zu den schon bestehenden Wirtschaft, Bildung und Sicherheit mit aufzunehmen. OBM Jung soll nun einen Vorschlag ausarbeiten.

Einem kurzfristig eingereichten Änderungsantrag der Linkspolitikerin Juliane Nagel, zumindest das Thema Migration einmal jährlich im Stadtrat zu behandeln, erhielt außerhalb ihrer Fraktion nur nennenswerte Zustimmung von den Grünen. Bereits vor der Abstimmung hatte Nagel geäußert, dass es schade sei, dass die Auslagerung der aktuellen Stunden gemeinsam mit dem Antrag des Migrantenbeirats behandelt werde.

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