Nicht nur in der Bundespolitik, auch in der Leipziger Stadtpolitik ist einiges in Bewegung geraten. Immer öfter fühlen sich Politiker in ihrem politischen Umfeld nicht mehr wohl, weil ihre Parteien Wege genommen haben, die mit ihren eigenen Vorstellungen über richtige Politik kollidieren. Nun hat auch SPD-Stadtrat Mathias Weber nicht nur die SPD-Fraktion verlassen, sondern auch gleich noch die Partei.
Die gute alte Tante Sozialdemokratie, die nun ein drei viertel Jahr lang sehr vergeblich um den Kanzlerposten gekämpft hat, aber irgendwie doch nicht die Herzen der Menschen ereicht hat, hat ein Problem. Was Kanzlerkandidat Martin Schulz mit “Gerechtigkeit” wirklich erreichen wollte, wurde nicht greifbar.
Aber gerade aus dieser Enttäuschung scheint der Wechsel zu resultieren, wie Christopher Zenker, Vorsitzender der SPD-Fraktion, feststellt: “Mathias Weber hat heute sowohl die SPD als auch die Fraktion darüber informiert, dass er Partei und Fraktion verlassen wird. Wir bedauern diesen für uns überraschenden Schritt außerordentlich. Die Gründe, die ihn zu seinem Entschluss geführt haben, waren bundes- und europapolitischer Natur, wie er uns mitgeteilt hat.“
Aber Weber wechselt augenscheinlich direkt in die Linksfraktion. Und das scheint eher wenig mit Bundes- und Europapolitik zu tun zu haben, dafür eine Menge mit der Leipziger Stadtpolitik und der oft sehr oszillierenden Politik der SPD im Stadtrat. Gerade Kenner der Materie haben Weber als durchaus streitbaren Stadtrat in Sachen Mobilität und ÖPNV kennengelernt und sich zunehmend darüber gewundert, wie still es um ihn geworden war.
Augenscheinlich wuchs die Entfremdung in der SPD-Fraktion schon seit Monaten spürbar. Bis hinein in die Wohnungspolitik, die ihm ebenfalls am Herzen liegt.
Die Linksfraktion freilich freut sich nun, dass sie ihre Position als zweitstärkste Fraktion stärken kann. Und auch die Partei hat Weber, der in seiner bisherigen Fraktion sieben Jahre Erfahrungen in der Leipziger Kommunalpolitik sammelte, gewechselt. In der Linken möchte er sich künftig, sowohl in der Partei als auch in der Stadtratsfraktion, aktiv einbringen.
Dazu erklärt Adam Bednarsky, Kreisvorsitzender der Leipziger Linken und Stadtrat: “Wir begrüßen Mathias Weber als Neumitglied in unserem Leipziger Stadtverband. Eine der zentralen Aufgaben in unserer Stadt sind die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum und die Erhaltung von (sub-)kulturellen Freiräumen in den Stadtteilen. Mit seiner Expertise kann er mit dazu beitragen, dass wir als Partei passende Antworten von links für diese Aufgaben der Zukunft formulieren.”
Sören Pellmann, Vorsitzender der Linksfraktion und seit kurzem auch Leipziger Bundestagsabgeordneter, ergänzt: “Mathias Weber ist ein langjähriger und geachteter Stadtrat. Als profilierter Fachpolitiker in der Wohnungspolitik wird er seinen Platz in unserer Fraktion finden.”
Und Mathias Weber selbst betont, dass der Wechsel auch eine Menge mit seinem Verständnis von Familien-und Sozialpolitik zu tun hat: „Ich freue mich auf das neue Umfeld und werde mich künftig, sowohl in der Partei Die Linke als auch in der Stadtratsfraktion, für eine kooperative und solidarische Gesellschaft auf kommunaler Ebene einsetzten.“
Er sei mit verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen gut vernetzt und unter anderem Mitglied beim Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Leipzig.
Es gibt 4 Kommentare
#Christoph: Wir haben es geändert. Vielen Dank für den Hinweis.
Liebe LIZ,
Mathias Weber ist nicht Mitglied des Vorstands des ADFC Leipzig. Bitte korrigieren Sie den Artikel diesbezüglich.
Das „bundes- und europapolitische Gründe“ für die Leipziger SPD anscheinend leichter zu verkraften sind, sagt eigentlich schon alles über diese Partei.
Ich glaube, die “bundes- und europapolitischen Gründe” sind nur vorgeschoben, aber in bei der Linkspartei wird er trotzdem besser aufgehoben sein.
Dort kann er wohl auch mehr bewirken, als es in der SPD der Fall war.
Die SPD in Leipzig ist in meinen Augen eine zwischen Königstreue (OBM) und Stadtpolitik für die Bürger hin- und hergerissene (und wahrscheinlich auch innerliche zerissene) Partei.