Nächstes Jahr im Mai hat Karl Marx seinen 200. Geburtstag. Deswegen beantragte die Fraktion „Die Linke“ unter dem Titel „Leipzig bekennt sich zum Kapital“, dass die Stadt Leipzig „einen eigenständigen Beitrag“ zum Jubiläum beiträgt. Drei Ideen liefern sie gleich mit: Gedenktafeln an Leipziger Druckereien, die am Druck seines Hauptwerks „Das Kapital“ und anderer seiner Schriften beteiligt waren. Außerdem die Benennung einer öffentlichen Einrichtung nach Karl Marx unter aktiver Einbeziehung der Bürgerschaft. Und mehr Aufmerksamkeit für das Thema „Karl Marx und Leipzig“ in der städtischen Erinnerungskultur und Außendarstellung.
Ergebnis: Eine weitere Gedenktafel für „Das Kapital“ wird in das Haus- und Gedenktafelprogramm des Dezernates Kultur/Kulturamt für 2018 aufgenommen und realisiert. Allerdings nur im Falle einer vollständigen Finanzierung durch Dritte. Außerdem wird das Thema „Karl Marx und Leipzig“ in den Themenkatalog der Erinnerungskultur der Stadt Leipzig übernommen.
Mit der von der CDU beantragten pikanten Ergänzung, dass „dabei ausdrücklich auch die Folgen der von Marx begründeten Ideologie während der über 40-jährigen SED-Diktatur berücksichtigt“ werden. Die Umbenennung einer Schule oder einer Bibliothek wird aus verwaltungstechnischen Gründen nicht weiter verfolgt.
Die Debatte
Nicht wenig verwunderlich: Wenn eine der Ikonen des linken Flügels zur Verhandlung steht, wird die Debatte spitz.
Marco Götze zum Antrag seiner Fraktion: “Wir begehren mit unserem Antrag nix weniger als was wir mit vielen historischen Jahrestagen und Geburtstagen tun, nämlich anlässlich thematischer Wegmarken Geschichte gewordene Vergangenheit ins Bewusstsein hervorzuheben. Dabei kommt es nicht allzu sehr darauf an, ob wir glühende Fans einer Person oder eines Werkes sind oder eben nicht.”
Dabei ginge es „weder die Umbenennung eines zentralen Platzes, noch des Innenstadtrings oder auch nur einer Straße begehrt wird.“ Wer den Antrag der Fraktion richtig lese, sehe, dass es „auch nicht um eine unkritische Ehrung der Person Marx“ gehe. Anlass ist der 200. Marx-Geburtstag, mit dem sich andere berührte Städte ungleich intensiver auseinandersetzen. Mit der Fassung des Verwaltungsstandpunktes kommen nicht einmal Kosten auf die Stadt zu.”
Ahnend, was wohl von der CDU-Seite folgen würde, fügt Götze hinzu: “Daher muss das heute niemand zum Anlass nehmen, ein Nachbeben des Kalten Krieges zu veranstalten oder die DDR aus der Gruft steigen zu sehen.” Der Antrag und die Begründung suggerierten eine direkte Linie von Marx zur 66 Jahre später gegründeten DDR. „Auch wenn man in der DDR noch und noch Marx vor sich her trug, so muss man sich allein fragen, ob in der DDR die Arbeiterschaft tatsächlich herrschte. Das allein reicht um zu fragen: Diese Zurechnung kann man so nicht aufmachen, die DDR-Ideologie hatte wohl zusätzlich sehr viel mit Lenin zu tun.”, so Götze.
Anschließend lacht die Linksfraktion geschlossen den durchaus eloquenten CDU Vertreter Michael Weickert aus, Oberbürgermeister Burkhard Jung muss die Glocke läuten, um für Ruhe zu sorgen.
Weickert beschreibt den Antrag als „Schlag ins Gesicht derer, die in Leipzig auf die Straßen gegangen sind, um den Kommunismus zu überwinden“. Außerdem bringt er den sich jährenden Todestag von Hanns Martin Schleyer ins Spiel – seine Ermordung durch die RAF erwähnt er, Schleyers SS-Vergangenheit nicht – und erntet dafür laute Zwischenrufe und Gesten des Unverständnisses von den Vertretern der Linksfraktion. Aber: Marx Status als großen Vordenker will dann doch keiner bestreiten. Und kaum ein Redebeitrag kommt ohne das Bekenntnis, „Das Kapital“ gelesen zu haben aus.
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