Für FreikäuferIm Juni hat das Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule seine Fortschreibung des Schulentwicklungsplans vorgelegt. Nach einem ungewöhnlich kurzen Zeitraum. Denn 2016 hatte es ja schon eine gegeben. Doch seitdem gab es ja eine neue, deftige Bevölkerungsprognose. Und eine Frage drängte sich in den Vordergrund: Kann Leipzig die ganzen neuen Schulen überhaupt bezahlen? Lautet die Antwort vielleicht: nein?
Vorerst auf jeden Fall. Denn für die zusätzlich ins Programm aufgenommenen Schulneubauten und Erweiterungen gibt es noch keine Finanzierungsgrundlage. Die Schulen werden zwar dringend gebraucht. Aber mit 70 Millionen Euro hat Leipzig schon für die beschlossenen Bauprojekte eine (zumindest für Leipzig) neue Rekordsumme aufgelegt.
Wie aber will Leipzig die nun im Schulentwicklungsplan neu aufgelisteten Schulprojekte finanzieren? Das wollte die Freibeuter-Fraktion gern wissen.
„Im Schulentwicklungsplan 2017, den der Stadtrat beschlossen hat, sind verschiedene Maßnahmen als Lösung der Herausforderungen genannt. Hierzu gehört bspw. die Einrichtung einer Grundschule in Thekla (Tauchaer Straße 188). Es ist davon auszugehen, dass mit der Umnutzung des Gebäudes von einer Fachoberschule des BSZ 7 in eine Grundschule Kosten entstehen werden. Ein Bau- und Finanzierungsbeschluss liegt dem Stadtrat bislang nicht vor.
Dies exemplarisch vorausgeschickt fragen wir: Für welche im Schulentwicklungsplan 2017 als Lösungsansätze bereits für das Schuljahr 2018/2019 genannten Maßnahmen ist die Finanzierung im Haushaltsplan der Stadt Leipzig nicht vollständig gesichert? Sofern Frage 1 nicht mit ‚keine‘ beantwortet wird: Warum werden dem Stadtrat Maßnahmen vorgeschlagen, die sich offenbar absehbar finanziell nicht realisieren lassen?“
Wer fragt, bekommt Antwort. Das Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule hat geantwortet. Salomonisch, könnte man sagen. Denn was soll eine Verwaltung antworten, die jetzt erst einmal weiß, was an Schulen noch fehlt – aber kein Goldeselchen bei der Hand hat, um die fehlenden Dukaten zu bekommen?
„Der Schulentwicklungsplan benennt den Zeitpunkt, ab dem an Schulen ein Bedarf für kapazitäre Maßnahmen besteht. Die Maßnahmen selbst können aus verschiedenen Gründen nicht in jedem Fall im selben Jahr umgesetzt werden (u. a. aufgrund offener Grundstücksfragen). Der Bedarf nach zusätzlichen Schulplätzen bzw. Sporthallenkapazitäten kann jedoch in vielen Fällen zunächst durch andere Maßnahmen (z.B. schulorganisatorische Maßnahmen, Interime u. ä.) gedeckt werden. Zum Schuljahresbeginn 2018/19 sollen mehrere Systembauten an bestehenden Schulstandorten umgesetzt werden, um die schulischen Kapazitäten zu erweitern.“
Planungsmittel für diese Maßnahmen wurden – so das Sozialdezernat – mit der Vorlage VI-DS-03932 „Sammelplanungsbeschluss für Schulbauinvestitionen, Planungsmittel im Finanzhaushalt 2017/2018“ beschlossen. Die Finanzierung der Umsetzung werde derzeit noch geprüft. Beschlossen wurden dafür im Frühjahr 7,26 Millionen Euro für die benötigten 24 Neu- und Erweiterungsbauten (mit je einer Sammelposition für Raumsysteme in Grundschul- und Oberschulbereich) sowie Reaktivierung/Umnutzung von Schulgebäuden.
Für die geplante Grundschule Tauchaer Straße 188 in Thekla erklärt das für den Schulbau zuständige Sozialdezernat: „Es ist davon auszugehen, dass mit der Umnutzung des Gebäudes von einer Fachoberschule des BSZ 7 in eine Grundschule Kosten entstehen werden. Für den Grundschulstandort wird die Entwurfsplanung (LP 3) bis 04/2018 erarbeitet. Erst nach der Vorlage der Entwurfsplanung können konkrete Aussagen zu den Projektkosten getroffen werden. Die Vorlage des Bau- und Finanzierungsbeschluss ist spätestens für das dritte Quartal 2018 geplant. Die dafür notwendigen finanziellen Mittel sind im Rahmen eines Sammelplanungsbeschlusses (VI-DS-03932) – 250 TEUR für Planungen in den Haushaltsjahren 2017 und 2018 – sichergestellt. Die Gesamtmaßnahme wird derzeit auf ca. 4.000 TEUR (4 Millionen Euro, d. Red.) geschätzt. Die Umsetzung der Maßnahme ist in Abhängigkeit von der Bereitstellung von Fördermitteln bis 2020 geplant.“
Aber die ganzen Schulanbauten in Systembauweise reichen ja nicht im Ansatz aus, den zusätzlichen Schulbedarf bis 2020 zu sichern. Logisch, dass die Freibeuter da gern wissen wollten, wie die zusätzlichen Neubauten dann überhaupt finanziert werden sollten.
Aber darauf gab es eigentlich keine Antwort.
Das Sozialdezernat dazu: „Für Maßnahmen, die für eine kurzfristige Schaffung von Kapazitäten in Frage kommen, prüft die Stadtverwaltung derzeit Finanzierungsmöglichkeiten, um die im Sammelplanungsbeschluss aufgeführten Erweiterungen in Systembauweise so finanziell zu untersetzen, dass eine teilweise Realisierung bis zum Beginn des Schuljahres 2018/2019 möglich ist.“
Es bleibt also dabei: Vorerst soll Systembauweise helfen, schnell zusätzliche Kapazitäten aus dem Boden zu stampfen. Die tatsächlich notwendigen Neubauten und Wiederinbetriebnahmen müssten ab dem nächsten Doppelhaushalt 2019/2020 auftauchen. Und dann werden 70 Millionen Euro nicht ansatzweise reichen, wird es eher um 100 Millionen Euro pro Jahr gehen. Eine Dimension, die der Fördergeldgeber Freistaat Sachsen noch nicht mal auf dem Schirm hat.
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Es gibt 2 Kommentare
Systembauten sind normierte vorgefertigte Baukörper. Der Planungsprozess wird verkürzt, in dem eine Planung für mehrere Gebäude oder auch nur Gebäudeteile verwendet wird. Im Ausschuß muß man nicht mehr über grüne oder blaue Fenster streiten.
Es ist erstaunlich, was man diesem Stadtrat alles auftischen kann.
Die Bauzeit wird lediglich verkürzt, wenn Trocknungszeiten wegfallen. Wie zum Beispiel beim Holzmassivbau. Mit dem man in Leipzig auch noch die Klimaschutzziele (massive CO2-Einsparung) erreichen, bauphysiologisch wertvoll und vor allem ökologisch und nachhaltig bauen könnte.
Aber nicht bei der Verwaltung und dem Stadtrat. Wenn ein Schlegel solche Gebäude als Bananenkisten bezeichnet, muß man sich über nichts mehr wundern.
Hauptsache die Systembauten werden auch so angelegt, dass man diese später auch für andere Schulformen nutzen kann.
Denn, oh welch Wunder wird mancher in der Verwaltung denken, die Grundschüler von heute und morgen werden auch älter und besuchen dann Oberschulen und Gymnasien.
Nicht dass man in wenigen Jahren dann vielleicht zahlreiche Grundschulen hat, aber die Kapazitäten für die weiterführenden Schulen gar nicht entsprechend geplant und angepasst wurden und das Problem von vorne losgeht.