Für FreikäuferEigentlich haben wir seit November nur darauf gewartet: Wann kommt der erste Vorstoß irgendeiner Partei im Leipziger Stadtrat, der das Geschäft des Werbevermarkters JC Decaux auf die Tagesordnung hebt und im Stadtrat dafür wirbt, die Innenstadt mit Leuchtreklamesäulen zuzupflastern. Der Vorstoß kommt jetzt aus der SPD-Fraktion.
SPD-Fraktionschef Christopher Zenker ist es, der jetzt die geplante Installation der historischen Leuchtreklame am Brühl nach einem gerichtlichen Vergleich zum Anlass nimmt, sich für die Reaktivierung weiterer historischer Leuchtreklamen und neuer digitaler Leuchtwerbung auszusprechen.
„Ich würde es sehr begrüßen, wenn auch weitere historische Leuchtreklamen, die seit Jahrzehnten eng mit dem Erscheinungsbild unserer Stadt verbunden sind, wieder reaktiviert werden. Ein gutes und sehr beliebtes Beispiel ist die ,Löffelfamilie‘. Kaum jemand kann sich die Karl-Liebknecht-Straße seit der Wiederinbetriebnahme ohne sie vorstellen. Zum Beispiel auch in der Prager-, Grünewald und der Windmühlenstraße sind auf und an den Gebäuden noch alte Leuchtreklamen vorhanden, die teilweise vor ein paar Jahren farblich überarbeitet wurden. Es wäre schön, wenn auch sie bald wieder leuchten würden“, erklärt Christopher Zenker.
Was zumindest verständlich ist. Einige dieser alten Leuchtreklamen gehören durchaus zum Flair der Stadt.
Aber darum allein geht es dem Fraktionsvorsitzenden der SPD nicht. Die Art der Werbung verändere sich und mittlerweile seien unter anderem auch in der Petersstraße digitale Werbetafeln zu sehen, stellt er sich naiv. Denn die von der Firma JC Decaux aufgestellten Werbetafeln sind bislang ein Pilotprojekt, das OBM Burkhard Jung (SPD) mit dem Werbeanbieter ausgehandelt hat, um diese Art Werbung in Leipzigs City auszutesten.
Das Testprojekt war Teil der neuen Absprachen mit dem Marketingunternehmen, das bislang auch die Leipziger Haltestellen bespielen durfte. Der Deal wurde im Mai um zwei Jahre verlängert bis 2019, bis Leipzig selbst so weit ist, die Haltestellen zu bestücken. Da wirkte das Angebot, in der City bewegte Leuchtwerbung machen zu dürfen, auch wie ein Trostpflaster für JC Decaux.
Und nun wirft sich auf einmal die SPD-Fraktion in die Bresche, um der Werbeindustrie weitere Umsätze in Leipzigs City zu sichern.
„Digitale Außenwerbung bietet für die Unternehmen, denen sie gehören, natürlich vielfältige Möglichkeiten, denn es kann mehr Werbung gezeigt werden, ohne dass regelmäßig ein Mitarbeiter vorbeikommen muss, um Plakate auszutauschen. Aber auch für die Stadtverwaltung und die Bürger würden diese Werbeanlagen neue Möglichkeiten bieten“, meint Zenker.
So gebe es die Möglichkeit, dass neben Werbung auch Nachrichten oder – für die Stadtverwaltung attraktiv – wichtige Meldungen wie Unwetterwarnungen oder andere sicherheitsrelevante Themen eingeblendet werden können.
Was dann der nächste Schritt wäre, die Leipziger davon zu überzeugen, dass öffentliche Räume weiter privatisiert und mit Werbung zugepackt werden.
„Die Stadtverwaltung muss vor diesem Hintergrund ihr Verhältnis zu digitaler Außenwerbung klären und sich mit den Betreibern der Anlagen abstimmen“, erklärt Christopher Zenker weiter und erinnert dann an ein Projekt, das nach heftiger Kritik kassiert werden musste: „Vor einigen Jahren gab es den Plan, auch an der Fassade der Höfe am Brühl eine große digitale Leinwand zu installieren, auf der Werbung und Nachrichten angezeigt werden sollten. Mit dem Hinweis auf die Verkehrssicherheit an der Kreuzung Gerberstraße/Tröndlinring hatte die Verwaltung diese Anlage nicht genehmigt. Ich halte diese Entscheidung für falsch, zumal jahrelang auf der gegenüberliegenden Seite, am mittlerweile abgerissenen Robotron-Gebäude, eine digitale Werbefläche installiert war. Es muss nur klar geregelt werden, welche Leuchtstärke die Leinwand haben und welche Art von Werbung, Standbilder oder Clips dort gezeigt werden darf. Hier sollte die Verwaltung einen konkreten Vorschlag unterbreiten.“
Nur hat diese Werbung nicht direkt an der Kreuzung gehangen.
Aber es verblüfft schon, mit welcher Forschheit Leipzigs SPD die Lobbyarbeit für die Außenwerbeindustrie macht und bereit ist, ihr die öffentlichen Räume zu überlassen.
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“Und nun wirft sich auf einmal die SPD-Fraktion in die Bresche, um der Werbeindustrie weitere Umsätze in Leipzigs City zu sichern.”
Wie wärs denn mit vorgeschalteter Werbung bei Notrufen? So in der Art “Kunden, die diese Nummer wählten, interessierten sich auch für Särge und Blumen”. Je länger der Werbetext, umso erfolgreicher das Ergebnis.^^