Für FreikäuferAm 23. Juni genehmigte die Landesdirektion Sachsen den Leipziger Doppelhaushalt 2017/2018. Mit einem Orakel, das wahrscheinlich ganz ungewollt die Fehlentwicklung der sächsischen Investitionspolitik auf den Punkt brachte. Denn dass Leipzig 2017 noch 231 und 2018 dann 269 Millionen Euro in Investitionen umsetzen könnte, bezweifelte der sächsische Kassenwart.
„Aufgrund der Erfahrungen aus den Vorjahren wird deren vollständige Umsetzung jedoch als unrealistisch eingeschätzt“, konnte man in der Pressemitteilung zur Genehmigung des Haushalts lesen. Im Detail ist es dann noch eine Nummer schärfer und erzählt im Grunde davon, wie die sächsische Regierungspolitik die Kommunen im Land regelrecht entmündigt.
Einer freute sich zumindest, dass der Leipziger Doppelhaushalt nun endlich genehmigt wurde: der SPD-Stadtrat und Vorsitzende des Finanzausschusses Christian Schulze.
„Ich freue mich, dass der Haushalt für dieses und das nächste Jahr von der Landesdirektion genehmigt worden ist. Schade, dass eine solche Prüfung zirka vier Monate dauert, denn das macht die Umsetzung des Haushaltsplanes nicht einfacher. Positiv möchte ich hervorheben, dass dieses Mal der Gesamthaushalt nicht wieder umgehend gesperrt wurde, denn das zeigt, dass das städtische Budget eine solide Grundlage hat.“
Aber einen Wermutstropfen fand er dann allerdings. Denn alle Budgets für Investitionen, sei es bei Verkehrsprojekten oder bei Schul- und Kitabaumaßnahmen, sind gesperrt worden und können nur einzeln durch den Finanzbürgermeister oder die Stadtkämmerei freigegeben werden.
„Ich hoffe, dass hier mit dem notwendigen Augenmaß gehandelt wird, denn wir haben zahlreiche Investitionsprojekte, die realisiert werden müssen. Vor allem auch im Bereich der Schulen und Kitas dürfen wir keine Zeit verlieren“, betont Christian Schulze.
Die Investitionsetats – insbesondere für Schulneubauten – sind übrigens die höchsten seit über zehn Jahren. Zum ersten Mal überhaupt erreicht Leipzig damit die Dimension der Stadt Dresden, die lange Jahre sogar das Doppelte in Kitas und Schulen investieren konnte. Ursache dafür war der lange Jahre viel zu knapp bemessene Stadthaushalt, verbunden mit einer Entschuldungspolitik, die die Schuldenlast der Stadt von 920 auf 620 Millionen Euro gedrückt hat.
Bezahlt hat Leipzig das mit einer rigiden Zurückhaltung bei der Personaleinstellung – und mit einem immer mehr anwachsenden Investitionsstau. Dazu kam dann noch die straffe Zurückhaltung des Landes, was die Fördergelder insbesondere für Schulbau betrifft.
Nicht nur Leipzig leidet darunter, dass der Freistaat immer nur seine eigenen Investitionen als Aktivposten betrachtet und Haushalt um Haushalt so tut, als wären die Kommunen nicht in der Lage, mit den ihnen knauserig zugewiesenen Geldern verantwortungsvoll umzugehen. Lange Jahre beim ÖPNV regelrecht als Trauerspiel gesehen. Erst mit Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) hat sich dort die Lage entspannt. Aber dafür arbeitet der Freistaat bei Kitas, Schulen und sozialem Wohnungsbau noch immer mit einer Krisenmentalität, als wären die aufgestauten Investitionserfordernisse in den Großstädten eine Art Größenwahn und Anmaßung. Statt hier wirklich einmal aus Eigeninteresse massiv zu unterstützen, denn es sind ja nun einmal die Großstädte, die derzeit die Wirtschaftskraft Sachsens stärken.
Aber mit der Verfügung über die Geldströme wird in Sachsen Macht ausgeübt, kann man die Kommunen kurzhalten und immer wieder direkt in ihre Arbeit hineinregieren. Und man kann Konflikte schüren, was eigentlich selbst dem verantwortlichen Finanzminister klar sein müsste.
Denn wenn Kita-Plätze fehlen (weil der Stadt die Gelder zum breiten Investieren fehlen), Schulklassen vollgestopft werden (weil der Schulneubau ausgebremst wird) und auch noch bezahlbare Wohnungen knapp werden (weil die Förderung für sozialen Wohnungsbau nur tröpfelt), dann tobt sich das in der Kommune und vor allem gegen die „unfähige“ Stadtverwaltung aus.
Das könnte alles anders laufen in Sachsen. Aber trotz voller Kassen und vorhandener Spielräume wird so gearbeitet, als stecke das Land tief in der Krise und die akuten Probleme der Kommunen seien nicht so wichtig. Landes- und Kommunalpolitik klaffen auseinander. Und statt das Thema „auskömmliche Finanzierung“ zu diskutieren und überhaupt erst einmal die Dimension des Investitionsstaus in Sachsen zu ermitteln, wird selbst das Minimalprogramm angezweifelt, mit dem Leipzig erst mal einen Teil seiner Zukunftsprobleme angehen kann.
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