38.000 Wohnungen bis zum Jahr 2026 als neues Eigentรผmerziel fรผr die LWB waren im Vorfeld des 12. April 2017 und der Abstimmung im Stadtrat bereits Konsens zwischen den Fraktionen, so die CDU. Von einem derzeitigen Bestand von rund 35.000 Wohneinheiten ausgehend sollte es also in den nรคchsten acht Jahren 3.000 neue Wohnungen in Leipzig vonseiten der LWB geben. In der Ratsversammlung jedoch gingen die Zahlen nochmals deutlich nach oben. Nun sollen es 5.000 mehr im gleichen Zeitraum auf einen Gesamtbestand von 40.000 Wohnungen bei der LWB bis 2026 sein. Es kรถnnte ein gordischer Knoten werden.

Kaum waren die neuen Richtlinien und Vorgaben fรผr die kommunale Wohnungsgesellschaft beschlossen, gab es deutliche Worte im Ratssaal. Mit Naomi-Pia Witte (Linke) und Sabine Heymann (CDU) meldeten sich jedenfalls direkt nach dem Beschluss zwei LWB-Aufsichtsratsmitglieder zu Wort und begrรผndeten kurz, warum sie gegen die Gesamtvorlage der neuen Eigentรผmerziele gestimmt hatten. Zwar sagten beide ihre konstruktive Mitarbeit in den kommenden Jahren zu โ€“ doch glรผcklich sahen sie dabei wirklich nicht aus.

DrauรŸen in der Wandelhalle kochten die Emotionen hoch. LWB-Sprecherin Samira Sachse bat nach dem Ratsbeschluss um etwas Geduld mit einer Einschรคtzung seitens der Wohnungsgesellschaft. Soeben hatte der Stadtrat die neuen Eigentรผmerziele fรผr die LWB beschlossen und ein Brocken saรŸ irgendwie quer im Hals. โ€žWir mรผssen das jetzt erst einmal sehr genau prรผfenโ€œ, was da soeben beschlossen worden war, so Sachse.

Zu Wort melden wird man sich wohl dennoch mรผssen und ganz neu rechnen wohl auch โ€“ alle bisherigen Planungen aus den Ausschusssitzungen und den Vorbereitungsrunden sind mit dem Beschluss vom 12. April รผberholt, wenn nicht hinfรคllig. Achim Haas (CDU) zeigte sich vor dem Ratssaal in lautstarker Form regelrecht konsterniert: der Stadtrat habe โ€žden Tanker LWBโ€œ regelrecht โ€žleck geschossenโ€œ, nachdem dieser erstmals wieder Gewinn gemacht hatte.

Denn der auf den ersten Blick positiven Nachricht fรผr potentielle Mieter in der bestรคndig weiterwachsenden Stadt Leipzig stehen natรผrlich auch Kosten gegenรผber. Und alles, was die LWB nicht aus eigenen Umsรคtzen finanzieren kann, wird sie entweder durch Mietsteigerungen ausgleichen mรผssen, mit erneuten Verlusten bezahlen oder letztlich versuchen, bei der Stadt Leipzig um Geld anzuklopfen.

Denn Wunder sind eher selten auf Baustellen.

โ€ž2.000 Euro braucht man etwa derzeit fรผr einen Quadratmeter im Neubauโ€œ, so Haas gegenรผber der L-IZ.de. 300 Millionen Euro waren seitens der LWB fรผr 3.000 Wohnungen bislang einkalkuliert โ€“ nun kรถnnten es 500 Millionen im gleichen Zeitraum werden. Natรผrlich alles noch irgendwie inoffiziell und doch ausrechenbar. Und so richtig sozial muss es auch nicht unbedingt werden โ€“ auch wenn die Hoffnung auf steigende Lรถhne und Gehรคlter bleibt. Oder ein rasch wachsendes Wohnungsangebot die Mieten wieder drรผckt โ€“ dann allerdings auch bei der LWB โ€“ zulasten von Altmietern, des Stadtsรคckels oder des Betriebsergebnisses der LWB.

Die Pro-Stimmen aus Linksfraktion, den Grรผnen und SPD kamen unter anderem wegen des bekannten Drucks auf dem Wohnungsmarkt, aber auch vor dem Hintergrund eben dieser ausgereichten Fรถrdermittel seitens des Landes Sachsen zustande. Auch sind derzeit Kredite vergleichsweise billig zu haben. Dennoch gilt aufgrund der Baukosten eine Quadratmetermiete kalt von etwa 7,50 Euro in Leipziger Neubauten als realistisch โ€“ trotz der Fรถrderungen vom Land Sachsen. Und die Investitionen fรผr diese neu zu schaffenden Wohnflรคchen liegen nach dem Beschluss nun bei der LWB.

Was also bei 3.000 noch schaffbar schien, ist nun bei 5.000 neuen Wohneinheiten gelandet. Oder eben 625 Mehrfamilienhรคuser mit je acht Wohnungen in acht Jahren. Das sind rund 78 Hรคuser und schรคtzungsweise 62,5 Millionen Euro im Jahr. โ€žIm schlimmsten Fall wird am Ende der Stadtrat der LWB damit Geld geben mรผssenโ€œ, begrรผndete Stadtrat Achim Haas seine hรถrbare Erregung nach dem Beschluss. Damit sei auch der Grundsatz gebrochen, dass โ€ždie Wirtschaftlichkeit des Unternehmens LWB nicht gefรคhrdet werden darfโ€œ, so Haas weiter.

Wo soll die Flรคche herkommen?

Aufgrund der bisherigen Liegenschaftspolitik der Stadt Leipzig fehlen momentan auch stรคdtische Baugrundstรผcke. Angesichts der geringen รถffentlichen Bevorratung von Baugrund taucht hier also gleich ein weiteres Problem fรผr die LWB bei der Schaffung des Wohnraumes auf. War es bereits bei 3.000 Wohnungen ziemlich sicher, dass die LWB selbst eventuell Grundstรผcke dazukaufen mรผsste, ist es bei den beschlossenen 5.000 klar.

Oder das Liegenschaftsamt der Stadt Leipzig sieht sich in der Pflicht, nun Abhilfe zu schaffen. Auch hier wird man nach dem Beschluss vom 12. April 2017 nochmals grรผndlich in die eigenen Liegenschaften schauen dรผrfen, ob sich noch das eine oder andere โ€“ und auch mal lukrative โ€“ Fleckchen mehr findet. Ob dann alles letztlich an der Peripherie vonstatten geht, wird sich zeigen, ist jedoch wahrscheinlich. Und diese heiรŸt nun mal Grรผnau und Paunsdorf, es sei denn, es tauchen weitere Flรคchen auf.

Und um die Kosten noch einigermaรŸen zumindest kurzfristig im Griff zu behalten, kรถnnte damit auch die gute alte Platte ein echtes Comeback feiern. Ob dies jedoch eine nachhaltige Lรถsung wรคre, bleibt offen. Man wรผrde dann zwar etwas preiswerter bauen kรถnnen, doch die Lebensdauer eines Plattenbaus ist etwa halb so lang wie beim traditionellen Hausbau. Von einem durchmischten Wohnungsbau kann somit auch keine Rede mehr sein.

Abseits aller Spekulationen dรผrfte eines jedoch sicher sein: In wenigen Wochen dรผrfte nun die LWB-Geschรคftsfรผhrung mit neuen Szenarien und Berechnungen auf die Stadtverwaltung zutreten. Und spรคtestens dann geht die Debatte weiter. Mindestestens รผber die Passage, was denn eigentlich die โ€žfinanzielle Leistungs- und Investitionsfรคhigkeit der Gesellschaftโ€œ LWB ist. Denn alles in allem hat man โ€“ rechnet man es rein marktwirtschaftlich โ€“ mit der Entscheidung vom 12. April eine Verschuldung des Unternehmens gefordert.

Hier die entscheidende Passage des Beschlusses auf Antrag der SPD-Fraktion

โ€žSeitens LWB ist ein Marktanteil i.H.v. 10,5 %, mindestens jedoch bis 2026 ein Wohnungsbestand von 40.000 Wohneinheiten anzustreben, sofern dies mit der finanziellen Leistungs- und Investitionsfรคhigkeit der Gesellschaft vereinbar ist. Bei der Haltung und Erweiterung des Wohnungsbestandes ist darauf zu achten, dass die Bestรคnde mรถglichst breit รผber das gesamte Stadtgebiet verteilt sind. Die Stadtverwaltung prรผft zudem Mittel und Wege, wie das Unternehmen in die Lage versetzt werden kann, das Ziel von 40.000 Wohneinheiten bis 2026 zu erreichen.โ€œ

Das Audio zur Debatte (im Ratssaal) zum Nachhรถren

Audio-Player

 

Das Video zur Debatte vom 12.04.2017 zu Fรถrderungen & Eigentรผmerzielen LWB

Die Unterlagen zur Debatte

Der Beschlussvorschlag 20.8 (erster Teil der Debatte) & Beschlussvorschlag (Hauptvorschlag) 20.9 im Allris (Stadt Leipzig)

Der ร„nderungsantrag der SPD zu 20.9 im Allris (Stadt Leipzig)

Zum vollstรคndigen Mitschnitt der Ratsversammlung (Video) auf L-IZ.de

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https://www.l-iz.de/bildung/medien/2017/04/in-eigener-sache-wir-knacken-gemeinsam-die-250-kaufen-den-melder-frei-154108

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